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Abrechnung

Mit einer sorgfältigen Lektüre der GOZ-Abrechnungstatbestände sowie mit einem juristischen Grundverständnis lassen sich manche Gebührenpositionen jedoch gut in den Griff bekommen. Auf einige problematische GOZ-Abrechnungstatbestände geht dieser Beitrag ein.

Analoge Abrechnungen

Die GOZ kann nicht alle zahnärztlichen Leistungen regeln und bleibt insbesondere aufgrund des wissenschaftlichen Fortschritts stets hinter dem Stand der modernen Zahnmedizin. Diese Diskrepanz ist auch dem Verordnungsgeber der GOZ bewusst. Nach § 6 Abs. 1 GOZ erlaubt es die GOZ deshalb, zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, unter bestimmten Voraussetzungen abzurechnen: eine analog abzurechnende zahnärztliche Leistung muss selbstständig und einer in GOZ geregelten Leistung nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertig sein. Hier sind es in erster Linie die unbestimmten Rechtsbegriffe Selbstständigkeit und Gleichwertigkeit einer analogen Leistung, die Probleme bereiten.

Eine selbstständige ärztliche Leistung im Sinne § 6 Abs. 1 GOZ ist nur anzunehmen, wenn sie nicht in einer anderen GOZ-Gebührenabrechnungsposition geregelt und auch nicht in einer anderen bereits abgerechneten Position mit enthalten ist. Es ist allerdings nicht möglich, alle zahnärztlichen Leistungen für Zwecke der Abrechnung in klar abgrenzbare Einzelleistungen zu zerlegen. Auch manche GOZ-Abrechnungstatbestände (z. B. Nr. 2220, 2270, 5060, 5230, 5310) setzen ersichtlich mehrere Einzelleistungen zu nur einem Abrechnungstatbestand zusammen. Bei der Beurteilung, ob eine zahnärztliche Leistung tatsächlich selbstständig ist, muss deshalb einerseits auf die konkrete analoge Leistung abgestellt und andererseits die betreffende Leistung stets im Zusammenhang mit den anderen in der GOZ geregelten Leistungen gesehen werden.

Die analoge Leistung muss einer in der GOZ geregelten Leistung entsprechen

Die Gleichwertigkeit einer analogen Leistung wird angenommen, wenn diese nach Art, Kosten- und Zeitaufwand einer in der GOZ geregelten Leistung entspricht. Die Gleichwertigkeit ist qualitativ etwas anderes als Gleichartigkeit, d. h. es ist nach § 6 Abs. 1 GOZ auf den Inhalt der abzurechnenden analogen Leistung und den hierdurch verursachten Kosten und Zeitaufwand abzustellen. Der Inhalt oder die Art der Leistung meint einerseits die Behandlungstechnik und andererseits das Behandlungsziel der betreffenden Leistung, beides muss einer in der GOZ geregelten Leistung entsprechen.

Bei dem Kostenaufwand ist vom Katalog des § 4 Abs. 3 GOZ auszugehen: danach sind „die Praxiskosten einschließlich der Kosten für Füllungsmaterial, für den Sprechstundenbedarf, für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten sowie für Lagerhaltung“ gemeint, diese Kosten müssen sich bei der analogen und der geregelten Leistung entsprechen. Ferner muss der Zeitaufwand, der für beide Leistungen erforderlich ist, in etwa gleich sein.

Wie die beiden drei vorgegeben Kriterien (Art, Kosten- und Zeitaufwand) zu gewichten sind, kann nur anhand eines konkreten Falles bestimmt werden. Die Rechtsprechung verlangt nicht, dass alle diese drei Kriterien bei einer analogen Leistung im gleichen Maße ausgeprägt sein müssen. Der BGH räumt keinem der betreffenden Kriterien gegenüber den anderen zwei einen generellen Vorrang ein.

Steigerung des Gebührensatzes

Nach § 5 Abs. 2 GOZ sind Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens des § 5 Abs. 1 GOZ (1,0fache bis 3,5fache Gebühr) „unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen“. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 GOZ bildet der 2,3fache Gebührensatz eine durchschnittliche Leistung ab. Hiervon abweichend können Leistungen, die nach ihrer Schwierigkeit, dem Zeitaufwand und den Umständen ihrer Ausführung überdurchschnittlich sind, mit einem höheren als dem 2,3fachen bis einschließlich 3,5fachen Gebührensatz abgerechnet werden. Höhere als 3,5fache Gebührensätze können nach § 2 GOZ nur aufgrund einer wirksamen individuellen Gebührenvereinbarung mit dem Patienten abgerechnet werden.

Ein Kernpunkt für die Bemessung des Gebührensatzes ist die Schwierigkeit der abzurechnenden Leistung. Nach der Rechtsprechung ist bei der Schwierigkeit einer Leistung nicht nur auf Umstände abzustellen, die in der Person des Patienten begründet sind, sondern auch auf das Verfahren, das bei der Behandlung des Patienten zum Einsatz gekommen ist.

Die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2 GOZ, dass die Schwierigkeit einer Leistung auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein kann, bedeutet nach der Rechtsprechung nicht, dass die Schwierigkeit des Einzelfalles ausschließlich patientenbezogen zu beurteilen ist, vielmehr stellt § 5 Abs. 2 Satz 2 GOZ nur ein exemplarisches Beispiel für die Beurteilung der Schwierigkeit eines Falles dar. Die anderen Faktoren, wie der konkrete Befund, der Verlauf, die Technik der konkreten Behandlung, die Beanspruchung des Zahnarztes, Vorerkrankungen und der Gesundheitszustand des behandelten Patienten etc. sind hier ebenfalls miteinzubeziehen.

Zeitaufwand der Leistung muss berücksichtigt werden

Neben der Schwierigkeit der einzelnen Leistung muss auch der Zeitaufwand für diese Leistung berücksichtigt werden. Schließlich müssen auch die Umstände der Leistungsausführung in die Höhe des Gebührensatzes einfliessen. Solche Umstände lassen sich nicht abschließend festlegen, sondern sind stets einzelfallbezogen zu sehen: so kann der erhöhte Behandlungsaufwand bei einem sehr schmerzempfindlichen oder unruhigen Patienten, wie auch die Zeit und der Ort der Behandlung, als Umstände im Sinne § 5 Abs. 1 GOZ aufzufassen sein, die einen höheren Steigerungssatz rechtfertigen können.

Zu beachten ist ferner, dass der Gebührensatz nicht anhand pauschaler Kriterien, sondern in jedem Einzelfall nach dem „billigen Ermessen“ des behandelnden Zahnarztes zu bestimmen ist. Vom billigen Ermessen spricht das Gesetz insbesondere dann, wenn eine abstrakte Bestimmung oder Bewertung einer Leistung bzw. einer Gegenleistung nicht möglich oder nicht gewünscht ist.

Der Sinn und Zweck des billigen Ermessens besteht darin, für beide Parteien einen fairen und einzelfallgerechten Leistungsaustausch zu ermöglichen. Zu beachten ist, dass das billige Ermessen des Zahnarztes nur dann angreifbar ist, wenn der betreffende Zahnarzt die Grenzen des Ermessens im konkreten Fall überschritten hat. Bleibt das ausgeübte Ermessen noch innerhalb des angemessenen Rahmens, ist es für den Patienten bindend.

Heil- und Kostenplan

Gesetzlich versicherte Patienten haben nach § 87 Abs. 1a Satz 1 SGB V gegen Vertragszahnärzte einen Anspruch auf die Erstellung eines kostenfreien Heil- und Kostenplans. Eine entsprechende Regelung fehlt in GOZ. Allerdings sieht § 9 Abs. 2 Satz 2 GOZ vor, dass ein obligatorischer Kostenvoranschlag erstellt werden muss, wenn Behandlungen aufgrund eines Heil- und Kostenplans mit einem geplanten Behandlungszeitraum von mehr als 12 Monaten bereits innerhalb der ersten 6 Monate Kosten von mehr als EUR 1.000 verursachen. Sofern eine Überschreitung der im Kostenvoranschlag angeführten Kosten um mehr als 15% zu erwarten ist, muss der behandelnde Zahnarzt den Patienten hierauf in Textform unterrichten.

Darüber hinaus hat der Zahnarzt nach § 9 Abs. 2 Satz 1 GOZ dem Zahlungspflichtigen vor Beginn der Behandlung einen schriftlichen Kostenvoranschlag über die voraussichtlichen Kosten für die geplante zahntechnische Behandlung vorzulegen, wenn die voraussichtlichen Kosten der Behandlung EUR 1.000 übersteigen. Der betreffende Kostenvoranschlag muss nach § 9 Abs. 2 Satz 3 GOZ in Bezug auf die geplanten zahntechnischen Leistungen und zu verwendeten Materialien obligatorisch zumindest die voraussichtlichen Gesamtkosten angeben. Auf Verlangen des Patienten muss der Zahnarzt gemäß § 9 Abs. 2 Satz 4 GOZ diesem „Art, Umfang und Ausführung der einzelnen Leistungen, Berechnungsgrundlage und Herstellungsort der zahntechnischen Leistungen näher erläutern“.

Viele Krankenkassen verlangen eine Vorlage eines Heil- und Kostenplanes

Die Unterschiede zwischen den gesetzlichen und privatversicherten Patienten relativieren sich noch mehr, da viele Krankenkassen vor Behandlungsbeginn die Vorlage eines Heil- und Kostenplans bzw. eines Kostenvoranschlags vertraglich in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen vorsehen. Selbst wenn eine Krankenkasse weder die Vorlage eines Heil- und Kostenplans noch eines Kostenvoranschlags vorsieht, wird ein Patient in aller Regel vor Beginn der Behandlung vom Zahnarzt einen mehr oder weniger detaillierten Kostenvoranschlag verlangen, um die Erstattung von Kosten durch seine Krankenversicherung im Vorfeld zu klären.

Nach § 4 Abs. 7 der Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung 2009 (MB/KK 2009), die regelmäßig den Versicherungsbedingungen von privaten Krankenversicherungen zugrunde liegen, kann ein Versicherter von seiner Versicherung nämlich eine Auskunft über den Umfang des Versicherungsschutzes für die beabsichtigte Heilbehandlung verlangen, wenn die geplanten Kosten der Heilbehandlung EUR 2.000 übersteigen. Die Grundlage für die Beurteilung des Umfangs des Versicherungsschutzes durch die Krankenversicherung bei einer solchen Auskunft stellen der Kostenvoranschlag und die begleitenden Unterlagen dar.

Abrechnung von Leistungen an geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer

Zahnärztliche Leistungen an Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit Februar 2022 vom Krieg nach Deutschland geflüchtet sind, unterliegen seit dem 01.06.2022 dem gesetzlichen Krankenversicherungsrecht, sofern die Betroffenen hilfebedürftig sind und in Deutschland deshalb Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II oder XII (SGB II, XII) beziehen. Zahnärztliche Leistungen im Umfang der gesetzlichen Krankenversicherung werden in diesen Fällen von den Trägern der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder von den Trägern der Sozialhilfe übernommen.

In bestimmten Härtefällen ist auch eine Übernahme der kompletten Kosten der zahnärztlichen Leistungen über den Umfang der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus möglich. Für Geflüchtete, denen noch keine Leistungen nach SGB II oder XII bewilligt worden sind, existieren Übergangsregelungen.

Sind die Geflüchteten nicht hilfebedürftig, können sie nach § 417 SGB V innerhalb von 6 Monaten nach der Aufenthaltnahme im Inland der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland freiwillig beitreten. Hierzu müssen die Betroffenen nach § 417 Abs. 1 SGB V seit dem 01.06.2022 entweder erkennungsdienstlich behandelt worden sein und eine Aufenthaltserlaubnis oder eine sog. Fiktionsbescheinigung erhalten haben.

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Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und KapitalmarktrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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