Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
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Wann haftet eine Zahnärztin für fehlerhaften Zahnersatz, den sie nicht selbst hergestellt hat? Diese Frage musste unlängst das Landgericht Köln beantworten.  Im konkreten Fall hatte eine Zahnärztin bei ihrem Patienten fünf Teleskopkronen im Oberkiefer geplant. Der Zahntechniker, mit dem die Praxis kooperierte, fertigte die Innenteleskope aus Polyetheretherketon (PEEK) und das Gerüst aus einer Nichtedelmetalllegierung.

Das Ergebnis war alles andere als zufriedenstellend. Trotz mehrfacher Nachbesserung fielen die Teleskopkronen immer wieder ab. Zudem sagte die Oberkiefer-Mittellinie dem Patienten nicht zu. Es kam zu einem Austausch und der Rezementierung der abgefallenen Kronen.

Unsymmetrische Prothese gilt als fehlgeschlagene Behandlung

Trotz mehrere Nachbesserungstermine blieb die Prothese unsymmetrisch. Die obere Zahnreihe war nach rechts verschoben. Zudem hatte der Patient Druckschmerzen und monierte, dass die Innenteleskope jedes Mal herausfallen würden, wenn er die Prothese entferne.

Er klagte auf Schmerzensgeld sowie Ersatz der Nachbehandlungskosten: Die Prothese sei mit massiven und nicht behebbaren Mängeln behaftet. Zudem habe die Zahnärztin lediglich einen Heilversuch durchgeführt, da sie ein neues und noch nicht erprobtes Verfahren angewendet habe. Auch sei er nicht über die Verwendung des – ohnehin ungeeigneten – Materials PEEK informiert worden. Seine Behandlerin sei auch nicht mit der Verwendung dieses Kunststoffes vertraut gewesen und habe sich nicht an die Zementierungsvorgaben des Herstellers gehalten.

Nach Anhörung eines Sachverständigen entschied das Landgericht Köln zugunsten des Patienten (Az. 3 O 6/20).

Anwendung von Glasionomerzement (KETAC) ist kein Standard

Da die Innenteleskope der Prothese aus PEEK und das Gerüst aus einer Nichtedelmetalllegierung gefertigt seien, stelle diese keine wissenschaftlich etablierte und bewährte Versorgung dar. Entgegen der Empfehlung des Herstellers habe die Zahnärztin die Teleskope zudem nur mit einem Glasionomerzement (KETAC) zementiert. Empfohlen werde aber eine Befestigung mit einer adhäsiven Verbindung.

Der Sitz der Prothese sei aufgrund der verloren gegangenen Innenteile nicht stabil. Zudem monierte der Gutachter, dass bei der Verwendung von PEEK eine höhere Plaque-Affinität bestehe.

Zahnärztin haftet für fehlerhafte Prothese

Einen Behandlungsfehler durch die Zahnärztin selbst konnte der Sachverständige zwar nicht feststellen, da der Zahntechniker die Prothetik gefertigt und die Zahnärztin die Verwendung von PEEK nicht in Auftrag gegeben habe. Ebenfalls sei es ihr nicht vorzuwerfen, dass sie den Werkstoff nicht erkannt habe. PEEK sei ein sehr exotisches Material, das nicht einmal Teil der zahnmedizinischen Ausbildung sei. Überdies sei kein Unterschied erkennbar, wenn die Prothetik frisch aus dem Labor komme und noch keine Gebrauchsspuren aufweise.

Dennoch muss sich die Behandlerin das Fehlverhalten des Zahntechnikers zurechnen lassen, da sie mit ihm kooperierte, um ihre Verpflichtungen gegenüber dem Patienten zu erfüllen. Zudem stellte sie die von dem Zahntechniker abgerechneten Kosten in ihre eigene Rechnung gegenüber dem Patienten ein. Daher hat sie für das Verschulden des Technikers ebenso geradezustehen, wie für einen eigenen Behandlungsfehler.