Fluorid oder nicht Fluorid? Pillen oder Paste? Lange gab es bei dieser Frage keine einheitliche Linie. Nun haben Kinder- und Zahnärzte erstmalig einheitliche Empfehlungen gegeben. Für die Kariesprophylaxe bei Kindern zwischen null und sechs Jahren sind das gute Nachrichten.
Es ist ein Meilenstein. Vertreter verschiedener Fachgesellschaften haben sich erstmals auf evidenzbasierte gemeinsame Handlungsempfehlungen zur Kariesprophylaxe bei (Klein)-Kindern geeinigt. Dabei berücksichtigen die Experten auch die Umsetzbarkeit und Erreichbarkeit von Familien mit erhöhtem Kariesrisiko.
Diese Empfehlungen sind jetzt der Goldstandard
Von der Geburt bis zum Durchbruch des ersten Milchzahns: In dieser Phase sollten Säuglinge täglich ein Supplement mit 400 bis 500 IE Vitamin D und 0,25 mg Fluorid in Tablettenform erhalten.
Vom Zahndurchbruch bis Ende des zweiten Lebensjahres: Nach dem Zahndurchbruch sollten Eltern ihre Sprösslinge behutsam und allmählich ans Zähneputzen heranführen.
In dieser Phase haben sie zwei Möglichkeiten zur weitergehenden Supplementierung:
- Variante eins: Sie verabreichen ihrem Kind einmal pro Tag eine Tablette mit 400 bis 500 IE Vitamin D und 0,25 mg Fluorid. Diese Gabe erfolgt begleitend zum Zähneputzen ohne Zahnpasta oder mit geringer Menge fluoridfreier Zahnpasta.
- Variante zwei: Eltern geben ihrem Kind täglich eine Tablette mit 400 bis 500 I.E. Vitamin D. Zudem putzen sie ihm bis zu zweimal täglich die Zähne. Dabei verwenden sie jeweils bis zu 0,125 g Zahnpasta mit 1000 ppm Fluorid. Das entspricht einer reiskorngroßen Menge.
Wichtig: Weder Über- noch Unterdosierungen sind gesund. Um sie zu vermeiden, sollten Eltern beim Kauf der Zahnpaste und etwaiger Supplemente genau auf den Fluoridgehalt achten. Auch Produkte für Milchzähne haben zum Teil unterschiedliche Fluorid-Gehalte. Fluoridhaltige Zahnpasta und Fluoridtabletten sollten daher nicht kombiniert werden.
Zwischen zwei und sechs Jahren
Ab dem zweiten Geburtstag bis etwa zur Einschulung sollten die Kinder zweimal täglich Zähneputzen. Dabei sollten sie jeweils 0,25 g Zahnpasta mit 1000 ppm Fluorid verwenden. Das entspricht nun nicht mehr einer reiskorn-, sondern einer erbsengroßer Menge. Falls die Kinder in der Kita noch mal Zähne putzen, sollte ebenfalls eine erbsengroße Menge Zahnpasta mit 1000 ppm Fluorid zum Einsatz kommen. Dabei sollte die Jungen und Mädchen die Zahnpasta nicht selbst auftragen. Diese Aufgabe sollten die Betreuer übernehmen.
Überdosierungen vermeiden
Fluorid spielt eine wichtige Rolle in der Kariesprävention. Überdosierungen können jedoch zu Fluorosen in den bleibenden Zähnen führen. Diese wiederum stören die Produktion des Zahnschmelzes. Da sich die empfohlenen Zahnpaste-Mengen mit den derzeit üblichen Tuben nicht exakt abmessen lassen, sollten Eltern Produkte mit möglichst kleinen Öffnungen bevorzugen, um Überdosierungen möglichst zu vermeiden.
Quelle: Berg, B., Cremer, M., Flothkötter, M. et al. Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter. Monatsschrift Kinderheilkunde 169, 550–558 (2021).
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