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Recht & Steuern

Viele Arbeitgeber sind unsicher, wie sie rechtlich und steuerlich korrekt mit Abfindungszahlungen umgehen sollen. Daher fassen wir im Folgenden die wichtigsten Informationen für Sie zusammen.

Hat jeder Arbeitnehmer ein Recht auf eine Abfindung?

Wird das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber beendet, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen allgemeinen Anspruch auf eine Abfindung. Das bedeutet: Arbeitgeber sind nicht automatisch verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen.

Es gibt allerdings Ausnahmen: Zum Beispiel kann der Arbeitsvertrag eine Regelung zur Abfindungszahlung enthalten, die dem Arbeitnehmer einen Anspruch zugesteht. Ebenso kann der geltende Tarifvertrag des Arbeitnehmers eine entsprechende Regelung vorsehen. Das Gleiche gilt für Aufhebungsverträge.

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung findet sich in § 1a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Diese Regelung gilt nur für betriebsbedingte Kündigungen. Wenn der Arbeitgeber aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse kündigt und der Arbeitnehmer keine fristgerechte Kündigungsschutzklage erhebt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung nach Ablauf der Kündigungsfrist.

Exkurs: Seit dem 01.08.2022 geltenden Nachweisgesetz muss der Hinweis auf die Möglichkeit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage (mit der dreiwöchigen Frist!) im Arbeitsvertrag genannt sein.

Der Anspruch setzt voraus, dass der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung darauf hinweist, dass sich die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse stützt und dass der Arbeitnehmer bei Versäumung der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage die Abfindung beanspruchen kann.

Abfindung versteuern: Lohnsteuer ja – Sozialversicherungsbeiträge nein

Diese Zahlung ist zunächst einmal regulär als Einkommen zu versteuern. Allerdings besteht mit der sogenannten Fünftel-Regelung (§§ 34,24 EstG) die Möglichkeit einer Begünstigung.

Der Arbeitgeber ist für die Abführung der Lohnsteuer verantwortlich. Abfindungszahlungen unterliegen der Einkommensteuer bzw. Lohnsteuer. Sozialversicherungsbeiträge, wie Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, müssen allerdings nicht entrichtet werden.

Achtung Stolperfalle: Netto- oder Bruttozahlung der Abfindung?

Arbeitgeber sollten keine Netto-Abfindungen vereinbaren, sondern Brutto-Abfindungen. Andernfalls riskieren sie mögliche Nachzahlungen von Lohnsteuer.

Absicherung gegen Steuernachzahlungen bei Abfindungen

Wenn Arbeitgeber unsicher sind, wie Abfindungszahlungen steuerlich einzustufen sind, kann das Gesetz mit der sogenannten Anrufungsauskunft nach § 42e EstG helfen. Danach gilt:

„Das Betriebsstättenfinanzamt hat auf Anfrage eines Beteiligten darüber Auskunft zu geben, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. Sind für einen Arbeitgeber mehrere Betriebsstättenfinanzämter zuständig, so erteilt das Finanzamt die Auskunft, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung (§ 10 der Abgabenordnung) des Arbeitgebers im Inland befindet. Ist dieses Finanzamt kein Betriebsstättenfinanzamt, so ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte mit den meisten Arbeitnehmern befindet. In den Fällen der Sätze 2 und 3 hat der Arbeitgeber sämtliche Betriebsstättenfinanzämter, das Finanzamt der Geschäftsleitung und erforderlichenfalls die Betriebsstätte mit den meisten Arbeitnehmern anzugeben sowie zu erklären, für welche Betriebsstätten die Auskunft von Bedeutung ist.“

Arbeitgeber können sich bei dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt nach der korrekten lohnsteuerrechtlichen Einordnung erkundigen. Die Anfrage ist kostenfrei und verbindlich für das Lohnsteuerabzugsverfahren, was unangenehme Überraschungen vermeiden kann.

Fazit: Bei der Vereinbarung von Abfindungszahlungen ist eine umfassende rechtliche und steuerliche Beratung und Begleitung wichtig, um vor Steuernachzahlungen geschützt zu sein. Wir stehen Ihnen gerne zur Seite.

(c) Lyck+Pätzold
(c) Erbacher, Lyck+Pätzold

Unsere Autoren
*Christian Erbacher LL.M. ist Fachanwalt für Medizinrecht und Partner der Kanzlei Lyck+Pätzold.healthcare.recht. Er hält einen Master im Medizinrecht und ist Lehrbeauftragter an der Frankfurt University of Applied Sciences und der SRH Fernhochschule The Mobile University. Er berät v.a. niedergelassene Ärzte/Zahnärzte, Krankenhäuser, Healthcare-Unternehmen und Start-ups.

*Wirtschaftsprüfer Felix Roth MSc ist Geschäftsführer der Erbacher, Lyck + Pätzold Steuerberatungsgesellschaft mbH. Er hält einen Master in Auditing der Frankfurt School of Finance & Management. Mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Wirtschaftsprüfung unterstützt er Mandanten der Healthcare-Branche in steuerlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen.

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