Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht
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Was wird bei einer Praxisübernahme eigentlich aus dem Personal

35 Jahre lang arbeitete Emil S. als Zahnarzt in einer Kleinstadt im Norden Hessens. In dieser Zeit hat er ein eingeschworenes Team von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgebaut. Seit der ersten Stunde dabei war auch seine „rechte Hand“, Frau G. Sie arbeitete halbtags im Sekretariat, kümmerte sich aber auch schon einmal um private Termine für den Chef, schrieb die Dienstpläne und war sowohl „Mädchen für alles“ als auch die gute Seele der Praxis.

Nicht jeder Zahnarzt benötigt das gleiche Personal

Als Emil S. den Kittel an den Nagel hängen und die Praxis verkaufen wollte, zeigte sich jedoch, dass ausgerechnet diese langjährige Mitarbeiterin ein Problem darstellte. Kaum ein Interessent war bereit, das großzügige Gehalt für Frau G. weiter zu bezahlen. Der Verkauf der Praxis drohte an einer Personalfrage zu scheitern.

Eine Kündigung der verdienten Mitarbeiterin schien plötzlich der einzige Weg, um den Praxisverkauf zu retten – wenn auch zu einem hohen Preis. Nicht nur endete damit eine über Jahrzehnte gewachsene, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Frau G. klagte gegen die Kündigung und erstritt vor Gericht - nicht zuletzt wegen ihres üppigen Gehalts und der langen Betriebszugehörigkeit - erfolgreich eine horrend hohe Abfindung.

Rechte und Pflichten beim Praxisübergang

Schuld daran ist Paragraf 613a Absatz 1 BGB. Er regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Betriebsübergang möglich ist – und welche Einschränkungen der Vertragsfreiheit zu beachten sind.

So muss der Erwerber einer Zahnarztpraxis in sämtliche Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen seines Vorgängers mit der Belegschaft eintreten. Entsprechend sind Kündigungen aufgrund der Praxisübernahme sowohl durch den alten als auch durch den neuen Chef unwirksam (Paragraf 613 Absatz 4 BGB).

WerMitarbeitern dennoch aufgrund der geplanten Praxisübernahme kündigt, muss damit rechnen, dass er, wie Emil S., vor dem Arbeitsgericht verklagt wird und dem betreffenden Mitarbeiter entweder seinen Job gegen eine Abfindung abkaufen muss – oder das Platzen der Praxisübernahme riskiert.

Praxisverkauf: Langfristige Planung schützt vor bösen Überraschungen

Die Kündigung nur anders zu begründen, bringt in der Regel wenig. Gerichte sehen Kündigungen, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Praxisübernahme stehen, besonders kritisch. Verkäufer und Käufer einer Zahnarztpraxis sollten daher vorausschauend agieren.

Erstere zum Beispiel tun gut daran, bereits Jahre vor dem geplanten Verkauf die bestehenden Arbeitsverhältnisse zu überprüfen und sich gebebenenfalls frühzeitig zu trennen. Käufer, die mit den übernommenen Mitarbeitern nicht zurechtkommen, sollten wiederum peinlich darauf achten, dass etwaige Kündigungen nicht mit der Übernahme in Zusammenhang gebracht werden. Idealweise sollten sich Zahnärzte, die auf absehbare Zeit ihre Praxis verkaufen wollen, von Anfang an (auch) von einem Arbeitsrechtler beraten lassen.

Gespräche mit dem Personal vor dem Praxisverkauf suchen

Eine weitere Variante ist es, frühzeitig das Gespräch mit dem Personal zu suchen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es für Mitarbeiter in der Regel recht einfach, sich eine neue Stelle zu suchen. Werden sie frühzeitig über den geplanten Verkauf und die Umstrukturierungen informiert, können sie selbst einen entsprechenden Arbeitsplatzwechsel planen.