Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Kolumne „Bitte lächeln!“

Mein Gründungsberater mahnte während der Planungsphase für meine kieferorthopädische Praxis in Starnberg: „Nach der Praxisgründung darfst du die ersten zwei Jahre nicht schwanger werden!“ Zwei Jahre hat mein Berater gesagt: Danach war der Schwangerschaftstest positiv.

Seit der Nachwuchs auf der Welt ist, ist auch in der Praxis nichts mehr, wie es vorher war. Schlagartig lebe ich das Leben einer working mum. Zwischen den Behandlungen schnell einmal zum Wickeln verschwinden? Klappt super! Das Kind im Backoffice in die Wiege legen? Klappt so lala!

Fast jede Frau stellt sich mit der Gründung oder Übernahme einer Praxis stellt an einem bestimmten Punkt im Leben die Frage: Was ist, wenn ich als Praxisinhaberin schwanger werde oder gar schon bin. Gelingt eine Praxisgründung ohne Weiteres? Welche Hürden kommen auf mich zu? Schaffe ich das auch allein?

Gibt es einen Mutterschutz für Selbstständige?

Anders als im angestellten Verhältnis gibt es bis zur Geburt des Kindes als Selbstständige keinen Anspruch auf eine Tätigkeitsunterbrechung vor und nach der Geburt, denn das Mutterschutzgesetz (MuSchG) gilt nur für Angestellte. Es bedarf also einer guten Vorbereitung und Vertretungssuche für den selbstgeplanten Zeitraum. Die Patientenversorgung muss in Eigenregie abgesichert werden.

Bekomme ich finanzielle Unterstützung?

Als Selbstständige muss man sich über die Krankenversicherung selbst absichern und Rücklagen bilden. Ein Krankentagegeld muss extra versichert werden und kann in diesem Fall in Anspruch genommen werden. Es gibt zum Teil auch die Möglichkeit, beim Versorgungswerk (Rentenzahlungen) oder manchen Versicherungen Zahlungen auszusetzen, um die finanzielle Belastung ohne reguläre Einnahmen in dieser Zeit zu minimieren.

Woher bekomme ich eine Vertretung?

Man kann sich auf der Seite der Zahnärztekammer oder auch über Kollegen nach einer Schwangerschaftsvertretung umschauen/umhören. Wenn man zeitlich gut plant, dann ist dies in jedem Fall erfolgreich.

Würdest du sagen, dass der Weg steinig war – bereust du etwas Juliane?

Im Nachhinein sieht alles immer leicht aus. Aber sicher war es steiniger als eine Schwangerschaft im Angestelltenverhältnis. Es ist wichtig, dass man sich ein gutes Netzwerk aufbaut. Und viel liest und sich informiert, wer einem helfen kann und wo man Entlastung findet. Dazu zählen zum Beispiel das familiäre Umfeld und die Zahnärztekammer. Aber auch der Kontakt zu Kolleginnen, die in der gleichen Situation stecken, ist wichtig, um einen stetigen Austausch zu haben.

Wenn man am Ende die Bürokratie außen vor lässt und resümiert, dass man alle Hürden genommen hat, beginnt die einmalige Zeit mit Kind. Man kann das eigene Kind, anders als im angestellten Verhältnis, mit in die Praxis nehmen. Man kann in die Sprechstunde Stillzeiten einpflegen, ein Zimmer einrichten, wo das Kind schlafen kann oder sogar Helferinnen als Unterstützter einsetzen, die mit der Betreuung helfen. Die Freiheit, dies alles selbst zu organisieren und trotzdem eine optimale Patientenbetreuung zu gewährleisten, gibt es nur in der Selbstständigkeit.

Als Fazit können wir also sagen: Mädels traut euch! Auch wenn man beim Blick auf den positiven Schwangerschaftstest vielleicht als Erstes denkt: „Oh Gott, was mache ich mit der Praxis und meinen Patienten“. Und ja, auch wenn die Schwangerschaft und die täglichen Hürden im Alltag eine Achterbahnfahrt sein können… es lohnt sich! So viel Zuspruch und Unterstützung von den Mitarbeitern und auch von den Patienten bekommt man selten wieder. Und hey, wäre doch auch mal witzig, wenn das erste Wort des Kindes: „Engstand” oder „Füllung“ ist.

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Unsere Kolumnistinnen: Dr. Juliane Becker ist Zahnärztin und hat 2018 eine Bestandspraxis in Dießen am Ammersee übernommen.

Dr. Schamiem Stumpfe ist Kieferorthopädin und hat seit Dezember 2019 ihre kieferorthopädische Praxis in Starnberg.

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