Die Zahnarztpraxis steuerfrei schenken? Das könnte sich bald ändern
Eva NeuthingerViele Zahnärzte können die Praxis steuerfrei ihrem Nachfolger schenken. Doch das Bundesverfassungsgericht entscheidet, ob die geltenden Regeln auch für sehr hohe Vermögen korrekt sind. Wie das Verfahren zu bewerten ist.
Die Regeln zur Praxisübergabe innerhalb der Familie sind günstig. „Jetzt ist aber möglicherweise noch in diesem Jahr ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu erwarten, inwieweit die Steuerfreiheit mit dem Grundgesetz vereinbar ist“, erklärt Steuerexperte Michael Krumwiede, Partner der Kanzlei Theopark in Nürnberg.
Für Zahnärzte, die per Schenkung auf ihren Nachfolger übertragen wollen, stellt sich daher die Frage, ob sie gegebenenfalls Vorsorge treffen müssen. Wie das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvF 1/23) entscheidet, ist natürlich offen. „Wir schließen es nicht aus, dass es neue Regeln geben muss, die schlechter als die bisherigen sein werden“, so der Experte. Für diesen Fall sollte man lieber früher als später übertragen, „weil Änderungen nur für die Zukunft, nicht aber rückwirkend geltend können“, so Krumwiede.
Speziell Großerben könnten betroffen sein. „Für sie wird die derzeit extrem günstige Besteuerung eventuell langfristig keinen Bestand haben“, befürchtet der Experte. Damit meint er jene, die ein Vermögen von mindestens 26 Millionen Euro haben. Mit Blick auf diese hohen Werte prüft das Verfassungsgericht die geltenden Regeln.
Risiko für Zahnärzte mit nicht selbst genutzten Immobilien in Betriebsvermögen
Aber es kann auch bei weniger Vermögenden dennoch gute Gründe geben, die Staffelübergabe frühzeitig sorgfältig zu planen. Zum einen weiß man nicht, ob möglicherweise an einzelnen Regeln nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gedreht wird.
So kann Handlungsbedarf bestehen, wenn Zahnärzte zum Beispiel Immobilien in ihrem Betriebsvermögen halten, die sie nicht selbst nutzen. Die 10 Prozent-Grenze beim Verwaltungsvermögen ist schnell überschritten. „Unternehmer können diese Objekte gegebenenfalls vor der Nachfolge in ihr Privatvermögen oder in ein anderes Betriebsvermögen transferieren“, erklärt Krumwiede. Zur Erinnerung: Zum Verwaltungsvermögen zählen nicht notwendige Finanzmittel genauso wie von der Praxis nicht selbst genutzte Immobilien, Aktien und Beteiligungen oder Kunstgegenstände. „Das Finanzamt rechnet hier nach einem recht komplizierten Verfahren. Wie viel Verwaltungsvermögen genau steuerfrei übertragen werden kann, entscheidet der Einzelfall“, so Krumwiede.
Gehen Sie das Thema Praxisübergabe früh genug an
Es gibt bei jedem Praxisübergang eine ganze Reihe Fallstricke, die man bei einer ordentlichen und langfristigen Vorbereitung vermeiden kann. Man muss zum Beispiel bedenken, dass der Nachfolger vielleicht eine eigene Kassenzulassung haben will. Diese lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren.
„Wenn Unternehmer das Thema mit 70 Jahren angehen, ist es zu spät. Je jünger der Unternehmer ist, desto mehr Gestaltungsoptionen hat man“, kommentiert Krumwiede. Auch hierzu ein Beispiel: Soweit der Senior eine Immobilie überträgt und sich Nießbrauch an den Gewinnen sichert, mindert dies den Wert des weitergegebenen Vermögens. „Je jünger der Schenker dabei ist, desto mehr“, so Krumwiede. Außerdem lassen sich Freibeträge bei der Erbschaftssteuer alle zehn Jahre neu ausnutzen.
Jeder Zahnarzt sollte sich rechtzeitig über die individuell beste Regelung der Nachfolge beraten lassen. Erster Ansprechpartner kann der eigene Steuerberater sein. Aber auch einen Fachanwalt für Erbrecht sollten Zahnärzte mit ins Boot holen. Ganz wichtig: Alle Beteiligten – also auch der Ehepartner wie auch jedes Kind – sollten über die Vereinbarungen rund um die Nachfolge informiert sein. Das ist wichtig, damit es später nicht zu Streit oder sogar gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt, die einen reibungslosen Praxisübergang gefährden.