Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Haftungsrecht
Inhaltsverzeichnis

Darlegungs- und Beweislast: Grundsatz

Unter der Darlegungs- und Beweislast versteht das Zivilrecht den Grundsatz, dass die Partei die Tatsachen behaupten und beweisen muss, aus denen sie einen Anspruch herleitet – sofern die Gegenseite widerspricht. Erhebt ein Patient den Vorwurf eines Behandlungsfehlers, muss er den behaupteten Fehler hinreichend konkret bezeichnen. Bestreitet die in Anspruch genommene Zahnärztin bzw. der Zahnarzt den Vorwurf, muss der Patient den behaupteten Fehler mit zulässigen Beweismitteln beweisen.

Dieser Grundsatz der Darlegungs- und Beweislast gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Das Gesetz und die Rechtsprechung haben zahlreiche Tatbestände bzw. Fallgruppen herausgearbeitet, nach denen zugunsten eines Patienten bestimmte Beweiserleichterungen oder sogar eine Beweislastumkehr gelten.

Beweislastumkehr: gesetzliche und richterrechtliche Fallgruppen

Regelt das Gesetz in bestimmten Tatbeständen eine Beweislastumkehr, oder nimmt die Rechtsprechung diese in bestimmten Fallkonstellationen an, muss nicht etwa der Patient beweisen, dass der in Anspruch genommenen Zahnärztin bzw. dem in Anspruch genommenen Zahnarzt ein bestimmter Fehler unterlaufen ist, sondern die betreffenden Berufsträger müssen beweisen, dass der konkrete Fehler keine Schädigung des Patienten verursacht hat.

Gemäß § 630h Abs. 1 BGB kommt es zu einer Beweislastumkehr, wenn sich eine Schädigung des Patienten in einem Bereich verwirklicht hat, in dem die in Anspruch genommene Zahnärztin bzw. der in Anspruch genommene Zahnarzt das Risiko voll beherrscht. Ein typisches Beispiel für solche Fehler ist ein Verstoß gegen zwingende Hygieneerfordernisse und eine daraus resultierende Gesundheitsschädigung eines Patienten. Das Gleiche gilt, wenn eine Gesundheitsschädigung eines Patienten durch den Einsatz eines defekten Geräts resultiert, oder wenn ein Gerät fehlerhaft bedient wird.

Nach § 630h Abs. 5 BGB führen grobe Behandlungsfehler zu einer Beweislastumkehr zulasten der in Anspruch genommenen Berufsträger. Ein grober Behandlungsfehler liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn gegen zahnärztliche Sorgfaltspflichten so schwerwiegend verstoßen worden ist, dass der betreffende Verstoß objektiv unverständlich erscheint. Die Beweislastumkehr greift bei groben Behandlungsfehlern allerdings erst ein, wenn der Patient bewiesen hat, dass ein grober Behandlungsfehler in einem konkreten Fall tatsächlich vorliegt.

Eine weitere Fallgruppe der Beweislastumkehr, die durch die Rechtsprechung herausgebildet wurde, sind Befunderhebungsfehler. Auch hier muss der Anspruch erhebende Patient zunächst beweisen, dass in dem konkreten Fall ein Befunderhebungsfehler vorliegt. Nach der Rechtsprechung kommt es zu einer Beweislastumkehr, wenn eine gebotene Erhebung der konkreten Symptome zu einem Befund führen würde, dessen Verkennung seitens der Behandelnden einen groben Fehler darstellt und dieser abstrakt Fehler geeignet ist, den tatsächlich entstandenen Gesundheitsschaden herbeizuführen.

Bei Dokumentationsfehlern geht die Rechtsprechung davon aus, dass solche Fehler nicht per se zu einer Beweislastumkehr zugunsten eines Patienten führen. Wurde allerdings eine bestimmte Maßnahme, die hätte dokumentiert werden müssen, in einem konkreten Fall nicht dokumentiert, so dass notwendige Befunde nicht erhoben und nicht gesichert wurden, kann dies zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Patienten führen. In solchen Fällen geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine dokumentationspflichtige Maßnahme nicht durchgeführt wurde, wenn sie nicht dokumentiert worden ist.

Beweismittel bei Zahnarzthaftung

Zu den Beweismitteln in der Zahnarzthaftung gehören neben dem Sachverständigenbeweis insbesondere der Zeugenbeweis, der Augenschein und die Behandlungsdokumentation.

Sachverständigenbeweis

Dem Sachverständigenbeweis kommt eine zentrale Bedeutung bei einem Nachweis zahnärztlicher Behandlungsfehler zu. Zu unterscheiden sind private Sachverständigengutachten, die von Parteien regelmäßig im Vorfeld eines Rechtsstreits in Auftrag gegeben werden, und Sachverständige, die von einem Gericht in einem Gerichtsverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt werden. Während privatrechtlich beauftragte Gutachter vertraglich zur Erstellung eines Gutachtens verpflichtet sind, ergibt sich eine solche Verpflichtung für gerichtlich beauftragte Sachverständige unmittelbar aus dem Gesetz.

Zu beachten ist, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch ein Gericht als solche von einer Partei nicht angefochten werden kann, da es sich um eine originäre verfahrensrechtliche Kompetenz des Gerichts handelt. Die Bestellung eines konkreten Sachverständigen kann allerdings sehr wohl angefochten werden, sofern eine Partei gegenüber dem gerichtlich bestellten Sachverständigen nachweisbare Bedenken wegen Besorgnis der Befangenheit geltend machen kann.

Weitere Beweismittel

Weiteren Beweismitteln kommt in einem Fall der Zahnarzthaftung nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Bei einem Zeugenbeweis handelt es sich häufig um Behandlungsvorgänge oder Behandlungsgespräche, deren konkreter Inhalt und bzw. oder der Verlauf zwischen dem Patienten und dem Behandelnden streitig ist.

Bei dem Augenschein werden bestimmte beweiserhebliche Gegenstände, wie Röntgenaufnahmen, IT-Dokumentation etc., vom Gericht oder den Parteien visuell untersucht. Die Behandlungsdokumentation kann in einem Gerichtsverfahren der Gegenstand sowohl eines Sachverständigengutachtens als auch eines Augenscheins sein. Zu beachten ist, dass die Vorlage einer Behandlungsdokumentation vom Gericht angeordnet werden kann.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen
Dr. jur. Alex Janzen ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht in Düsseldorf. Er berät Unternehmen im Steuerrecht, Kapitalmarktrecht sowie im Medizinrecht, insbesondere in Fragen der Steueroptimierung, Besteuerung von Ärzten und Praxisgemeinschaften, Vertretung in Einspruchs- und Klageverfahren, in Fragen der Praxisfinanzierung sowie im ärztlichen und zahnärztlichen Honorarrecht.

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