Bitcoin: Wildes Teufelszeug oder inflationssichere Rendite-Rakete?
Jürgen LutzPhänomenale Gewinne und horrende Verluste sowie eine revolutionäre Technologie: Das lässt den Bitcoin aus allen anderen Anlageklassen hervorstechen. Doch was macht den Bitcoin im Vergleich zu Aktien oder Gold besonders?
Trotz heftiger Abschwünge hat die Kryptowährung seit Anfang 2015 im Wert um fast das 600-Fache zugelegt. Kein Wunder, dass immer mehr institutionelle Investoren darauf aufmerksam werden.
Das Licht der Welt erblickten die ersten 50 Bitcoins im Januar 2009, als der erste Block der sogenannten Blockchain erstellt wurde (siehe „Fünf wichtige Begriffe“). Im Jahr zuvor hatte eine Person oder Gruppe namens Satoshi Nakamoto das Konzept, wie der Bitcoin funktioniert, in einem Whitepaper präsentiert. Wenn auch unklar bleibt, wer der tatsächliche Urheber ist, so steht doch eines fest: Mit dem Bitcoin ist es das erste Mal gelungen, digitales Geld ohne eine zentrale Kontrollinstanz zu erstellen und am Markt zu etablieren.
Nach 21 Millionen Bitcoins ist definitiv Schluss
Geschaffen wurde der Bitcoin aus Skepsis am derzeitigen Geldsystem (Fiat Money). Im White Paper von Nakamoto heißt es: „Der Zentralbank muss vertraut werden, dass sie die Währung nicht entwertet, doch die Geschichte des Fiat Money ist voller Verrat an diesem Vertrauen. Banken muss vertraut werden, dass sie unser Geld aufbewahren und es elektronisch transferieren, doch sie verleihen es in Wellen von Kreditblasen mit einem kleinen Bruchteil an Deckung.“ Dieses Grundproblem schafften die Bitcoin-Erfinder mit einem effizienten technologischen Mechanismus aus dem Weg: „Die Maximalmenge, die durch Computer- Mining erzeugt werden können, ist auf 21 Millionen Stück begrenzt. Der letzte Bitcoin wird vermutlich im Jahr 2140 geschürft – dann ist Schluss“, sagt Anton Vetter von der BV&P Vermögensverwaltung mit Sitz in Kempten.
Ultimativer Schutz gegen Inflation?
Diese Tatsache macht den Bitcoin besonders, denn nirgends gibt es ein im Vorhinein begrenztes Angebot. So können Firmen weitere Aktien ausgeben – ein Vorgang, der als „Verwässern“ bezeichnet wird und eine Inflationierung für Alt-Aktionäre darstellt. Auch Staaten können neue Anleihen emittieren, was meist die Zinsen steigen lässt und die Kurse ausgegebener Anleihen unter Druck bringt. Auch hier schädigt die Mengenausweitung diejenigen, die bereits investiert haben. „Beim Bitcoin aber wird es irgendwann kein weiteres Angebot mehr geben – das ist der womöglich beste Schutz gegen Inflation“, sagt Petra Ahrens von Maiestas Vermögensmanagement mit Hauptsitz in Köln.
Halving macht den Bitcoin potenziell wertvoller
Ein letzter wichtiger Begriff in den Bitcoin-Besonderheiten, den Privatanleger kennen sollten, ist das sogenannte Halving. Etwa alle vier Jahre – genauer: alle 210.000 Bitcoin-Blocks – wird die Belohnung für alle, die virtuell Bitcoins schürfen und sie an die Blockchain anfügen, um die Hälfte reduziert. So bekamen Bitcoin-Schürfer vor dem letzten Halving noch 6,25 Bitcoins, seit dem Jahr 2024 sind es 3,125 Bitcoins. Von vermutlich 2028 bis 2032 werden es dann nur noch 1,5625 Bitcoins sein usw.
Der Effekt: „Der Halving-Mechanismus verringert das Tempo, in dem neue Bitcoins in Umlauf gebracht werden, erheblich. Steigt die Nachfrage stärker als das zusätzliche Angebot, wird der Bitcoin tendenziell weiter im Preis steigen“, erklärt Vermögensverwalter Anton Vetter.
Ein Jahr vor dem Halving kommt das Bitcoin-Tief
Aus Sicht der Anleger besonders interessant ist, dass dieser Halving-Prozess deutliche Folgen für den Kursverlauf des Bitcoins hat – und dass diese Auswirkungen im bestimmten Umfang im Voraus absehbar sind. So bildete der Bitcoin rund ein Jahr vor dem Halving in den Jahren 2012, 2016 und 2020 einen markanten Tiefpunkt aus. Von dort ging es in teils schwindelerregendem Tempo nach oben, was Anleger mit Bitcoin-Produkten im Depot erfreute. „Auch vor dem letzten Halving 2024 im April 2024 hielt sich der Bitcoin an das Drehbuch: Sein jüngstes markantes Tief erreichte er mit rund 20.000 Dollar im Winter 2022/2023. Bis Anfang 2025 hat sich der Preis etwa verfünffacht“, gibt Vermögensverwalterin Petra Ahrens zu bedenken.
Abstürze von 75 Prozent sind die Regel
Somit hat der Bitcoin in vier von vier Fällen ein Jahr vor dem Halving ein markantes Tief gebildet. Im Nachhinein stellte sich das als idealer Kaufzeitpunkt heraus. Auch nach dem Halving ging es eine Weile steil bergauf, was bedeuten könnte, dass es aktuell (in der Zeit nach Februar 2025) noch einige Zugewinne geben könnte, bevor ein neuer Bärenmarkt kommt. Bleibt das Muster erhalten, dürfte der nächste Abschwung nicht vor Herbst 2025 beginnen.
Dass diese Abwärtsfahrten nicht zu unterschätzen sind, zeigt sich beim Blick in die vergangenen Jahre: Nach den Hochpunkten im Dezember 2017 und Oktober 2021 ging es jeweils um 70 bis 75 Prozent nach unten. Anleger könnten daher gut beraten sein, sich bei Bitcoin-Investments an erfahrene Vermögensprofis zu wenden. Vetter und Ahrens empfehlen aus mehreren Gründen, auf börsennotierte und besicherte Bitcoin-Zertifikate zu setzen.
Fünf wichtige Begriffe rund um Blockchain, Wallet & Co.
Blockchain:
Das Datenbanksystem der Blockchain bewahrt Informationen in einer Weise auf, die es sehr erschwert, dieses System zu ändern oder zu hacken. Dabei werden die getätigten Transaktionen mit einer unveränderlichen kryptografischen Signatur (Hash) aufgezeichnet. Die Blockchain speichert diese Transaktionen so auf, wie sie zeitlich erfolgt sind und schafft so eine nachprüfbare Historie. Dadurch wird die nachträgliche Manipulation von Daten verhindert.Coins und Tokens:
Coins wie auch Tokens ermöglichen Zahlungen und können getauscht werden. Coins sind jedoch eigenständige Kryptowährungen, die keine zusätzliche Plattform benötigen, weil sie über eine eigene Blockchain verfügen – so wie etwa Bitcoin oder Ethereum. Tokens setzen auf einer bereits bestehenden Blockchain auf und nutzen deren Technologie für die eigenen Anwendungen.Mining:
Bei Kryptowährungen, die auf dem sogenannten Proof-of-Work-Mechanismus basieren, werden neue Transaktionen mit Hilfe eines Konsensmechanismus bestätigt, der sehr viel Rechenleistung benötigt. Dieser Prozess ist als „Mining“ (Schürfen) bekannt. Neue Coins werden geschürft, indem die am Mining beteiligten Computer Rechenaufgaben lösen. Um das richtige Ergebnis zu finden, braucht es in aller Regel etliche Runden des Ratens und Überprüfens. Als Belohnung für gelöste Aufgaben werden neue Coins der jeweiligen Kryptowährung ausgegeben.Smart Contracts:
Smart Contracts sind digitale Programmcodes, die auf einer Blockchain ausgeführt werden. Sie automatisieren Transaktionen oder komplexe Vereinbarungen derart, dass sie die rechtsgültige Ausfertigung eines Vertrags technisch garantiert. Eine menschliche Vermittlerpartei wird in diesem Fall nicht mehr benötigt. Smart Contracts stoßen auch Arbeitsabläufe (Workflows) an, die weitere Aktionen nach dem Schema „Wenn …, dann …“ auslösen.Wallet:
Wer Bitcoin & Co. direkt verwalten möchte, braucht eine Wallet. Dabei handelt es sich um einen Speicherort für Adressen sowie Öffentliche oder Private Schlüssel. Die Wallet enthält also die Zugangsdaten für den Zugriff auf die Coins bzw. Tokens, die auf der Blockchain liegen. Ein Wallet-Typ sind „Hot Wallets“, bei denen die Zugangsdaten online gespeichert werden. Dadurch ist die Wallet stets mit dem Internet verbunden, was sie zum Ziel für Cyber-Kriminelle machen kann. „Cold Wallets“ sind Speichermedien wie USB-Sticks oder Festplatten, die nicht mit dem Web verbunden ist. Geht eine Wallet ohne Back-up verloren, sind die Coins bzw. Tokens verloren.