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Geldanlage
 
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Stephan Witt, FiNUM.Private Finance AG

Herr Witt, ETFs sind eine Erfolgsgeschichte. Welche Risiken müssen Anleger trotzdem berücksichtigen?

Stephan Witt: ETFs bilden einen Index passiv nach. Verliert der Index, verliert auch der ETF entsprechend. Dazu kommt beispielsweise das Währungsrisiko, vor allem wenn man stark im Dollarraum investiert sind. Verliert der US-Dollar an Wert, dann nimmt auch der Wert in Euro gerechnet ab. Das ist besonders für Anleger relevant, die in den MSCI World investieren, weil dieser zu rund 73 Prozent aus US-Titeln besteht.

Ebenfalls aufpassen muss man bei synthetischen ETFs, die nicht physisch die Aktien enthalten, sondern die Wertentwicklung des Index über einen Swap abbilden. Hier besteht ein Kontrahentenrisiko. Und schließlich darf man das Klumpenrisiko nicht vergessen.

Was ist darunter zu verstehen?

Witt: Wenn Sie in den vergangenen Jahren im MSCI World, im S&P 500 und im Nasdaq 100 investiert waren, haben Sie zwar eine tolle Wertentwicklung, inzwischen allerdings auch eine starke Übergewichtung bei den großen US-Technologiewerten. Fallen deren Kurse, sowie zuletzt, dann kann es schnell zu starken Verlusten kommen.

Was können Anleger dagegen tun?

Witt: Statt in den MSCI World zu investieren, könnte man sich selbst ein Portfolio aus ETFs auf den US- und den europäischen Markt bauen und dann Europa höher gewichten, um den Anteil der US-Technologiekonzerne zu begrenzen. Auch sollte man nicht auch noch Microsoft oder Google als Einzelaktien halten. Jedoch darf man auch nicht vergessen, dass man mit dem MSCI World oder dem S&P 500 Index immer noch überwiegend breit investiert ist.

Inwieweit können aktive ETFs, deren Beliebtheit gerade wächst, eine Lösung bieten?

Witt: Dahinter steht die Idee, dass man nicht blind dem Index und seinen – möglicherweise vorhandenen – Schwächen folgen möchte, sondern die Indextitel aktiv nach bestimmten Kriterien auswählt. Man bietet also in der Hülle des ETF aktives Management an, um damit besser abzuschneiden als der Index. Damit könnten sich zum Beispiel Klumpenrisiken herausnehmen lassen.

Aber es gibt auch eine Vielzahl anderer Kriterien – wie bestimmte Fundamentaldaten – nach denen die Titelauswahl funktionieren kann. Für Anleger kann das interessant sein, weil aktive ETFs in der Regel günstiger sind als aktiv gemanagte Fonds und täglich handelbar sind. Allerdings sollte man auch verstehen, nach welchen Kriterien ein solcher ETF investiert.

Welche Neuerungen gibt es noch?

Witt: Was wir zunehmend sehen, sind ETFs, die bestimmte Titel oder einzelne Länder oder Branchen ausschließen. Zum Beispiel ein Schwellenländer-ETF ohne China oder ein ETF ohne den Energiebereich. Und wir sehen umgekehrt Produkte, die nur die zehn oder 20 größten Firmen aus einem Index nehmen. Auch das kann für Anleger sinnvoll sein, weil man das nutzen kann, um sein Portfolio granularer aufzubauen. Solche Produkte sind aber eher Satelliten-Investments, die man – wenn es der eigenen Meinung oder dem eigenen Wunsch entspricht – in kleinem Umfang beimischen kann.

Wie wird sich der ETF-Markt entwickeln?

Witt: Ich bin mir sehr sicher, dass der Markt weiter wachsen wird. Viele Anleger hierzulande sind noch gar nicht im ETF-Thema drin und außerdem entsteht allein durch die Menge an Sparplänen, die abgeschlossen worden sind und aktuell laufen, eine enorme Marktdynamik.

Beispielrechnung: Warum die Kosten bei der Geldanlage entscheidend sind

Immer wieder werden die Kosten als Argument angeführt, warum ETFs gegenüber aktiv gemanagten Fonds im Vorteil sind. Doch ist es wirklich entscheidend, ob ein Finanzprodukt zwischen 0,1 und 0,5 Prozent laufende Kosten hat oder 1,2 bis 1,5 Prozent?

Experte Stephan Witt von der FiNUM.Private Finance AG hat nachgerechnet. Um die Auswirkungen zu verdeutlichen, hat er als Ausgangslage zwei Anleger verglichen, die 30 Jahre lang jeweils 10.000 Euro investieren, wobei beide im Durchschnitt eine Rendite von sieben Prozent pro Jahr vor Kosten erzielen. Anleger A investiert in einen aktiven Fonds mit 1,5 Prozent jährlichen Kosten, Anleger B wählt einen ETF mit 0,3 Prozent Kosten pro Jahr.

Laufzeit

ETF (0,3 % Kosten)

Aktiver Fonds (1,5 % Kosten)

10

18.900 €

17.200 €

20

35.600 €

30.600 €

30

67.600 €

52.400 €

„Aufgrund der niedrigeren Gebühr hat der ETF-Anleger nach 30 Jahren fast 15.000 Euro mehr, obwohl beide die gleiche Bruttorendite über diesen Zeitraum erwirtschaften“, erklärt Witt. „Das Beispiel zeigt, dass die Kosten einer der größten Renditekiller bei der Geldanlage sind.“ Mit anderen Worten: Es lohnt sich, bei der Geldanlage auf die anfallenden Gebühren zu achten.

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