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Hinter diesem Nein steht, je nach Marktphase, eine von zwei Ängsten. Diese wechseln sich im Laufe der Jahre sehr zuverlässig ab und warnen überzeugend vor der Geldanlage in Aktien:

Die Angst, zu früh oder zu spät zu sein

Die eine innere Stimme warnt: „Wir befinden uns ganz sicher in einer starken Abwärtsphase. Der endgültige Crash ist nur eine Frage der Zeit. Jetzt ist der falsche Zeitpunkt, Aktien zu kaufen. Warte, bis erkennbar ist, dass der Trend wieder spürbar aufwärts dreht. Im Moment fehlen dafür noch überzeugende Belege.“ Die andere Stimme erzeugt im Gegenteil die Angst, zu spät einzusteigen, und warnt: „Die Aktien sind nach allem, was ich höre, gerade sehr teuer. Das kann nicht richtig sein. Sicherlich kommt es bald zu einem Crash. Das ist viel zu heiß. Warte lieber, bis die Märkte wieder billiger sind, und steige erst dann ein.“

Hinter beiden Ängsten verbirgt sich mangelndes Verständnis dafür, wie Märkte historisch funktionieren. Und sie offenbaren ein mangelhaftes Verständnis von Risiko. Daraus entsteht der Irrtum vom „Market Timing“. Market Timing bedeutet nichts anderes als der Versuch, den besten Zeitpunkt für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren zu finden.

Gibt es den richtigen Zeitpunkt für Geldanlagen überhaupt?

Es gibt eine ganze Reihe von Theorien darüber, wie dieser beste Zeitpunkt zu finden sei. Es werden verschiedene historische Erfahrungen herangezogen und Indexberechnungen durchgeführt. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es jedoch keinen überzeugenden Beweis dafür, dass der Versuch, irgendeine der vielen Market-Timing-Techniken anzuwenden, tatsächlich auf Dauer funktioniert.

Im Gegenteil: Es liegen sehr viele Erkenntnisse darüber vor, dass Market Timing Schaden verursachen kann. Das zeigt etwa das Beispiel in der folgenden Grafik über die Entwicklung des amerikanischen Index S&P 500, der die Wertentwicklung der 500 größten US-amerikanischen Unternehmen wiedergibt. Der Index hat in den Jahren 1990 bis 2021 durchschnittlich 10,76 Prozent jährlich an Wert zugelegt. Wenn Sie in dieser Zeitspanne nur die 25 besten Tage am Aktienmarkt verpasst hätten, dann wäre Ihre durchschnittliche Jahresrendite auf gerade einmal die Hälfte gesunken. Und das nur, weil Sie vielleicht versucht haben, den richtigen Zeitpunkt zu finden, ein- und wieder auszusteigen.

 

Balkendiagramm zeigt an einem Beispiel, welche Verluste entstehen wenn man den richtigen Zeitpunkt für die Geldanlage abwartet

Quelle: Davor Horvat

Die Erfahrung zeigt, dass es in der Regel bei Anlegern, die Market Timing betreiben, nicht bei 25 verpassten Tagen bleibt. Das ist einer der Hauptgründe dafür, dass die wenigsten Investoren die mögliche Rendite erreichen, die ihnen der Aktienmarkt bietet.

Die schöne Erzählung vom Market Timing

Die Lehre, die wir daraus ziehen, heißt: Market Timing funktioniert nicht, auch wenn Fondsmanager und Vermögensverwalter suggerieren, sie seien dazu in der Lage. Schlimmer noch: Market Timing kostet nicht nur das Geld der Anleger, sondern belastet diese zudem auch noch emotional.

Wenn also Market Timing nicht funktioniert, ist jeder Zeitpunkt so gut wie der nächste. Denn ob der Zeitpunkt gut oder schlecht war, zeigt sich erst im Nachhinein. Hierfür spricht, dass die Kapitalmärkte nicht zu prognostizieren sind und Bewegungen sehr konzentriert auftreten.

Lieber das Portfolio-Risiko für die Geldanlage selbst konstruieren

Somit bleibt als Handlungsempfehlung nur, das Vermögen entsprechend der persönlichen Risikoneigung zu investieren: Also ein Portfolio-Risiko zu konstruieren, welches Sie auch in schwierigen Marktphasen noch ruhig schlafen lässt. Mit anderen Worten: Das richtige Portfolio ist entscheidend und bestimmt den Anlageerfolg, nicht der richtige Einstiegszeitpunkt. Anleger sollten sich von dem Gedanken lösen, etwas kontrollieren zu wollen, was sie nicht kontrollieren können. Sie sollten stattdessen ihre Energie lieber in die Zusammenstellung eines optimalen Portfolios stecken. Denn das können sie beeinflussen.

Alternative: Diejenigen, die mit dieser Einstiegsstrategie gar nicht zurechtkommen, können den Betrag, den sie anlegen möchten, auf mehrere Zeitpunkte verteilen. Eine solche zeitliche Diversifikation, über mehrere Monate oder Jahre verteilt, hat das Ziel, Spitzen zu nivellieren, um einen attraktiven mittleren Kurs zu erhalten.

Diese Strategie bedeutet aber nicht nur, die Risiken fallender Kurse zu kompensieren, sondern kann ebenso bedeuten, bei steigenden Kursen teurer einzukaufen. Zudem wird der Betrag, der noch nicht investiert wurde, niedrig verzinst auf dem Konto liegen. Meist entstehen zudem auch noch zusätzliche Anlagekosten. Ob diese Strategie erfolgreicher ist, ist am Ende wiederum eine Frage des Zufalls.

Ob Kosten von Geldanlagen ein Qualitätskriterium oder ein Renditekiller sind, erklärt Davor Horvat in diesem Artikel.
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(c) Davor Horvat

Unser Autor:
* Davor Horvat
 ist Gründer und Vorstand der Honorarfinanz AG. Als Finanzfachwirt (FH) ist er seit 1995 in der Finanzbranche tätig und berät Kunden als unabhängiger Honorarberater. Er ist Autor des Buches „Finanzprophylaxe – Finanzstrategie für Zahnärzte“. www.honorarfinanz-ag.de