Steuer: Gehören Organisation und Akquise zur freiberuflichen zahnärztlichen Tätigkeit?
Judith MeisterKann eine strikte Arbeitsteilung innerhalb einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft bewirken, dass die gesamte Praxis Gewerbesteuer zahlen muss? Der Bundesfinanzhof hat dazu ein wegweisendes Urteil gesprochen.
Es ist ein wesentlicher Vorteil freiberuflicher Arbeit, dass die daraus erzielten Einnahmen nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Die Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit ist daher für Zusammenschlüsse mehrerer Zahnärztinnen und Zahnärzte zu Personengesellschaften elementar.
Wie immer, wenn es um viel Geld geht, sind Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt (fast) an der Tagesordnung. So auch in einem Fall, den vor Kurzem der Bundesfinanzhof (BFH) in München zu entscheiden hatte.
Konkret ging es um die Frage, ob die freiberufliche Qualifikation einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft gefährdet ist, wenn einer der Seniorpartner überwiegend organisatorische Aufgaben übernimmt, aber kaum noch Patienten behandelt.
Gewerbliche Abfärbung qua Arbeitsteilung
Die Frage hat grundsätzliche Bedeutung. Denn in solchen Fällen einer strikten Arbeitsteilung unter Berufsträgern kommt es regelmäßig darauf an, ob die Rollenverteilung noch mit dem Leitbild einer freiberuflichen Berufsausübungsgemeinschaft im Einklang steht – oder ob die Tätigkeit des „Management-Arztes“ die Partnergesellschaft gewerblich infiziert. Der Hintergrund: Wenn ein Gesellschafter seine Leistungen nur teilweise freiberuflich, teilweise aber auch gewerblich erbringt, ist die Tätigkeit gesamten Gesellschaft als gewerblich einzustufen. Im Fachjargon nennt sich dieser Vorgang gewerbliche Abfärbung bzw. Infizierung.
Liegt eine solche Abfärbung vor, wird die Praxis zum Gewerbebetrieb umqualifiziert. Alle Einnahmen der Gesellschaft unterliegen dann der Gewerbesteuer.
Zahnärzte müssen nicht nur Patienten behandeln
Für den konkreten Fall haben die Münchner Richter diese Frage eindeutig beantwortet und eine gewerbliche Infizierung verneint. Damit hat der BFH nicht nur für Zahnärzte und Ärzte, sondern auch für andere Freiberufler Rechtsklarheit geschaffen (BFH, Az. VIII R 4/22).
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine Freiberuflergesellschaft zwar nicht schon dann vorliege, weil alle Gesellschafter der aufgeführten Berufsgruppe (hier: Zahnärzte) angehören. Jeder Gesellschafter müsse vielmehr die wesentlichen Merkmale eines freien Berufs in seiner Person erfüllen: Dazu gehöre die persönliche Berufsqualifikation ebenso wie deren aktive Verwirklichung auf dem Markt. Die freiberufliche Tätigkeit eines Mitunternehmers könne sich aber auch durch eine Mit- und Zusammenarbeit im Rahmen der beruflichen Tätigkeit manifestieren. Das Gesetz lege keinen Mindestumfang für die nach außen gerichtete qualifizierte Tätigkeit fest.
Berufsbild des Zahnarztes umfasst auch administrative Aufgaben
Das Berufsbild des (Zahn-)Arztes werde in besonderem Maße durch die persönliche Betreuung der Patientinnen und Patienten bestimmt. Diese Betrachtungsweise schließe jedoch nicht aus, dass eine freiberufliche Tätigkeit auch dann vorliege, wenn ein als Zahnarzt zugelassener Mitunternehmer innerhalb eines größeren Zusammenschlusses von Berufsträgern überwiegend administrative und organisatorische Aufgaben für den Praxisbetrieb übernehme. Auch diese Tätigkeiten seien dem Berufsbild des Zahnarztes zuzurechnen, da die kaufmännische Leitung und Organisation die Grundlage für die Erbringung der berufstypischen zahnärztlichen Leistungen am Markt bildeten.
Der BFH trägt damit der Tatsache Rechnung, dass technische Neuerungen und sich wandelnde rechtliche Vorgaben auch die Praxisstrukturen – und damit die Einsatzbereiche freiberuflicher Zahnärzte – verändern.