Energieverbrauch in Praxis und Klinik
Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin – eine kritische BetrachtungD&W RedaktionWenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht, krankt es im Gesundheitswesen. Warum es wichtig ist, das zu ändern, erklärt Dr. Dr. Markus Tröltzsch, Co-Founder & Managing-Director bei greenviu*.
Wenn wir an den Gesundheitssektordenken, fallen uns sofort Ärzte, Zahnärzte, Krankenschwestern, ärztliche und zahnärztliche Fachangestellte, Apotheker, Hebammen, Zahntechniker und all die vielen anderen Akteure der Gesundheitsberufe ein. Wir denken an Unternehmen, die medizinische Produkte herstellen. Und wir stellen uns medizinische Fortschritte vor, die das Leben verbessern. Es gibt jedoch einen unsichtbaren Aspekt der Gesundheitsversorgung, der unsere Aufmerksamkeit verdient: seine Auswirkungen auf die Umwelt. Die Branche hinterlässt einen erheblichen Fußabdruck.
Die moderne Medizin nutzt eine Vielzahl von technologischen und physischen Prozessen, die zur Behandlung von Patienten erforderlich sind. Von der Verwendung von Einwegmaterialien und medizinischen Geräten bis hin zur hochreinen Umgebung und der Verwendung energieintensiver medizinischer Geräte ist ein beträchtlicher Ressourcen- und Energieaufwand erforderlich. Darüber hinaus erfordert die medizinische Versorgung oft Reiseaktivitäten, sei es für Patienten, Ärzte oder medizinisches Personal. Diese Faktoren tragen zur Umweltbelastung bei.
Der ökologische Fußabdruck der Gesundheitsbranche
Werfen wir einen genaueren Blick auf die Zahlen und untersuchen, wie die Gesundheitsversorgung zu einem gesünderen Planeten beitragen kann. Laut dem im September 2019 veröffentlichten ARUP-Bericht „Healthcare‘s Climate Footprintwith Healthcare without Harm“ sind die Vereinigten Staaten, China und die EU zusammen für über 56% des weltweiten Fußabdrucks im Gesundheitswesen verantwortlich. Diese Statistik unterstreicht die große Verantwortung, die diese Länder bei der Gestaltung der Umweltauswirkungen der Gesundheitsversorgung tragen.Im Jahr 2014 wurde der Klima-Fußabdruck des Gesundheitswesens auf etwa 4,4% der weltweiten Nettoemissionen geschätzt. Andere Studien sehen den Fußabdruck der Medizin bei deutlich über 5%.
Alarmierende Trends im Gesundheitswesen
Um das ins richtige Licht zu rücken: Wenn das Gesundheitswesen ein Land wäre,wäre es der fünftgrößte Emittent der Welt und würde die Emissionen von Japan und Brasilien übertreffen.Eine Studie von Eckelman et al. in Health-Affairs, veröffentlicht im Dezember 2020,beleuchtet die alarmierenden Trends beiden Treibhausgasemissionen im US-amerikanischen Gesundheitssystem. Die Untersuchung zeigt einen erheblichen Anstieg der Treibhausgasemissionen im Gesundheitswesen in den USA, der von 2010 bis 2018 um 6% anstieg.
Der Fußabdruck der Medizin ist also nicht nur groß, sondern er steigt auch kontinuierlich an. Eine umfassende Untersuchung aus Großbritannien (Carbon modelling with indentistry; Public Health England 2018)zeigte auf, dass in zahnärztlichen Praxen ca. 60% des Fußabdrucks durch die Mobilität von Mitarbeitern und Patienten verursacht wird, wohingegen Abfall nur bei etwa 1% steht. Die einzelnen Behandlungen können sowohl absolut als auch prozentual aufgeschlüsselt werden. Prozentual ist die Basisuntersuchung mit über 25% der stärkste Treiber des Fußabdrucks. Absolut gesehen liegt die Belastung für dieses Procedere am geringsten bei 5,5 kg CO2, wobei eine Totalprothese bei 71 kg CO2 liegt.
Mit welchen Maßnahmen der ökologische Fußabdruck der Gesundheitsbranche schrumpfen würde
In medizinischen Einrichtungen kann der ökologische Fußabdruck durch Maßnahmen zur Energieeinsparung, Wassereinsparung und Wärmeeinsparung reduziert werden. Es ist wichtig, die Hauptenergieverbraucher in der Praxis oder Klinik zu identifizieren, um gezielt Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs ergreifen zu können. Zu den typischen Hauptverbrauchern gehören EDV und Kommunikationsgeräte, Klimaanlagen und Heizungsanlagen, Beleuchtung, Röntgeneinheiten, Sterilisationseinheiten, Operationseinheiten sowie Geräte in Küchen und Sozialräumen. Gerade in Kliniken beträgt der Energieverbrauch der Operationssäle bis zu einem Drittel des gesamten Energieverbrauchs (Asafw et al.).
Es sollte selbstverständlich sein, dass alle Strom und Wasser verbrauchenden Geräte nur bei Notwendigkeit aktiviert werden und sofort nach Ende der Nutzung auch ausgeschaltet werden. Eine Sensibilisierung der Mitarbeiter durch passende Schulungen sind notwendig und stehen unter anderen unter greenviu® zur Verfügung.
Energieverbrauch analysieren
Um den Energieverbrauch zu analysieren, kann der mittlere Energieverbrauch über ein Jahr hinweg ermittelt werden. Hierbei kann die Abrechnung des Energieversorgers helfen. Zudem können Stromzähler vor den Geräten installiert werden, um den individuellen Verbrauch über einen bestimmten Zeitraum zu messen. Kühlgeräte in Sozialräumen, Wasserkocher, Fernsehgeräte in Wartebereichen, Spülmaschinen, ältere Computer, Drucker und Monitore sind typische große Verbraucher. Eine Möglichkeit zur Reduzierung des Energieverbrauchs besteht in der Optimierung der Beleuchtung. Dabei ist es empfehlenswert, einen Spezialisten für die Analyse und Planung der Beleuchtung hinzuzuziehen.
Fazit: Energieverbrauch in Praxis und Klinik
Zusammenfassend kann man sagen, dass die moderne Medizin hohe Energie- und Ressourcenaufwände erfordert, die zur Umweltbelastung beitragen. Maßnahmen wie Energie-, Wasser- und Wärmeeinsparung sowie die Optimierung von Hauptverbrauchern, wie Klimaanlagen oder Operationssälen, können den ökologischen Fußabdruck reduzieren. Schulungen und gezielte Analysen helfen dabei, Einsparpotenziale zu erkennen und umzusetzen.
Foto: Tröltzsch
Dr. Dr. Markus Tröltzsch ist Co-Founder & Managing Director bei greenviu.
Fünf Tipps zu mehr Nachhaltigkeit in Ihrer Praxis
Carmen Bornfleth
Durch die Umsetzung verschiedener Maßnahmen können Zahnarztpraxen nicht nur ihre Ökobilanz verbessern, sondern auch bei Patienten ein positives Image als umweltbewusste Praxis aufbauen.
1. Energieeffizienz: Der Umstieg auf Ökostrom und der Einsatz von LEDs und Bewegungsmeldern können den Energieverbrauch deutlich senken. Auch der Einsatz von energiesparenden Geräten und Zeitschaltuhren für Heizungen trägt dazu bei, den ökologischen Fuß-abdruck zu verkleinern
2. Wasser sparen: Sensoramaturen und wassersparende Toiletten können den Wasserverbrauch reduzieren. Bei Neubauten kann auch die Verwendung von Regenwasser sinnvoll sein.
3. Digitalisierung: Durch die Digitalisierung von Prozessen wie Anamnese-bögen und Patientenakten kann der Papierverbrauch deutlich reduziert werden. Auch digitale Kommunikationsmittel wie Praxis-Apps minimieren den Einsatz von Papier.
4. Abfallvermeidung und Recycling: Einwegprodukte wie Plastikbecher können durch nachhaltige Alternativen wie Bambus- oder Metallbecher ersetzt werden. Auch die Verwendung von Nachfüllpackungen und biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln trägt zur Müllreduktion bei.
5. Nachhaltige Materialien: Beim Zahnersatz und in der Füllungstherapie können biokompatible Materialien bevorzugt werden, die umweltfreundlicher sind als herkömmliche Alternativen.