Mobbing & Co.: Hinschauen statt wegsehen: Handlungsmöglichkeiten für Führungskräfte
Sabine KittelKonflikte am Arbeitsplatz sind normal. Sie entstehen, wenn unterschiedliche Meinungen, Werte oder Interessen aufeinandertreffen. In vielen Fällen lassen sich diese Spannungen durch Kommunikation, Mediation oder klare Regeln auflösen. Doch was, wenn sich Konflikte in eine toxische Dynamik verwandeln? Was, wenn einzelne Personen nicht nur diskutieren, sondern gezielt andere ausgrenzen, manipulieren oder unter Druck setzen?
Während Konflikte ein natürlicher Bestandteil jeder Zusammenarbeit sind, können toxische Mitarbeiter das Teamklima systematisch vergiften. Noch gefährlicher wird es, wenn sich diese Muster zu Mobbing auswachsen. Mobbing ist keine bloße Meinungsverschiedenheit oder ein schwieriges Arbeitsverhältnis – es ist eine anhaltende, destruktive Strategie, die einzelne Personen oder Gruppen psychisch und emotional belastet. Der entscheidende Unterschied liegt in der Dauer, Intensität und Absicht hinter dem Verhalten.
Doch wann beginnt Mobbing, und wie kann es frühzeitig erkannt und gestoppt werden? Welche Verantwortung haben Führungskräfte, und welche Maßnahmen sind wirklich wirksam?
Von Konflikten zu toxischem Verhalten – wo ist die Grenze?
Konflikte entstehen in jedem Team und sind nicht per se negativ. Sie können Missstände aufdecken und zu besseren Lösungen führen, wenn sie konstruktiv gelöst werden. Allerdings eskalieren Konflikte oft dann, wenn Kommunikationsprobleme, unklare Hierarchien oder hoher Druck hinzukommen. Besonders in Zahnarztpraxen, wo der Arbeitsalltag oft stressig und zeitlich eng getaktet ist, besteht die Gefahr, dass Konflikte nicht offen angesprochen werden und stattdessen unterschwellig schwelen.
Toxische Mitarbeiter oder Kollegen verstärken diese Spannungen zusätzlich. Sie verfolgen meist eine persönliche Agenda, die darauf abzielt, sich selbst in eine bessere Position zu bringen – oft auf Kosten anderer. Dazu nutzen sie Techniken wie Manipulation, Intrigen oder gezieltes Spalten des Teams. Wer diese Verhaltensweisen ignoriert, schafft ungewollt den perfekten Nährboden für Mobbing.
Mobbing beginnt, wenn eine Person über einen längeren Zeitraum hinweg gezielt ausgegrenzt, schikaniert oder benachteiligt wird. Während Konflikte meist eine gegenseitige Konfrontation beinhalten, ist Mobbing einseitig – das Opfer kann sich kaum wehren, weil es in eine systematische Abwärtsspirale gedrängt wird
Aspekt | Beschreibung | Beispiel | |
1 | Psychische & körperliche Folgen |
| Eine ZFA wird von den Kollegen ignoriert, fühlt sich ausgegrenzt und leidet unter Stress. |
2 | Schlechtes Praxisklima & Produktivitätsverlust |
| Wenig Informationsaustausch, meiden von Meetings, hohe Fehlerquote |
3 | Erhöhte Krankheitsfälle & Fluktuation |
| Langjährige Mitarbeiter kündigen aufgrund ständiger Abwertung |
4 | Rechtliche & finanzielle Konsequenzen |
| Praxisleitung wird verklagt, weil trotz Beschwerden keine Maßnahmen ergriffen wurden. |
Entstehung von Mobbing und die zerstörende Wirkung auf das Teamklima
Mobbing entwickelt sich oft schleichend. Anfangs sind es kleine Sticheleien oder scheinbar harmlose Scherze, doch mit der Zeit werden sie systematischer und destruktiver. Wenn Führungskräfte nicht frühzeitig eingreifen, kann sich eine regelrechte „Mobbing-Kultur“ etablieren, in der solches Verhalten toleriert oder sogar unterstützt wird.
Die Folgen für die Betroffenen sind gravierend: Viele leiden unter psychischen Belastungen, Schlafstörungen und Selbstzweifeln. Die Angst vor der Arbeit führt zu Demotivation, häufigen Krankmeldungen oder sogar Kündigungen. Doch nicht nur das Opfer leidet – auch das Team wird in Mitleidenschaft gezogen. Häufig entstehen Gruppierungen, die entweder den Täter unterstützen oder versuchen, sich herauszuhalten. Das Vertrauen im Team schwindet, und die Arbeitsatmosphäre wird von Unsicherheit und Misstrauen geprägt.
Auch wirtschaftlich sind die Folgen erheblich. Studien zeigen, dass Mobbing zu hohen Kosten durch Fehlzeiten, Fluktuation und Produktivitätsverlust führt. Jeder Fehltag kostet ein Unternehmen zwischen 100 und 400 Euro. Die durchschnittlichen Kosten pro Mobbingfall belaufen sich auf 25.000 bis 50.000 Euro – unter anderem durch Ausfälle und Neubesetzungen.
Wie erkennen Führungskräfte Mobbing – und wo müssen sie handeln?
Viele Führungskräfte erkennen Mobbing erst, wenn es bereits zu spät ist. Doch es gibt klare Warnsignale, die frühzeitig auf problematische Dynamiken hinweisen.
Soziale Isolation: Ein Mitarbeiter wird konsequent ausgeschlossen oder nicht in Gespräche eingebunden.
Arbeitsbehinderungen: Wichtige Informationen werden vorenthalten, Aufgaben entzogen oder bewusst erschwert.
Verbreitung von Gerüchten: Das Opfer wird durch gezielte Lügen oder abwertende Kommentare in ein schlechtes Licht gerückt.
Unangemessene Kritik: Wiederholte, destruktive Kritik, die sich nicht auf die Leistung, sondern auf die Person bezieht.
Psychischer Druck: Unfaire Behandlung, Drohungen oder ständige Abwertung.
Die größte Gefahr für Führungskräfte ist es, solche Muster zu übersehen oder als „zwischenmenschliches Problem“ abzutun. Mobbing löst sich nicht von selbst – es eskaliert!
Merkmal | Mobbing | Konflikt | Kritik |
Häufigkeit | wiederholt über längere Zeit | einmalig oder kurzfristig | situativ |
Absicht | jemanden gezielt kleinhalten | unterschiedliche Standpunkte klären | Verbesserung ermöglichen |
Kommunikation | abwertend, manipulativ | emotional, aber lösbar | sachlich und respektvoll |
Lösung möglich? | kaum, ohne externe Hilfe | ja, durch Kommunikation | ja, durch Umsetzung der Rückmeldung |
Wege der Lösung: Klare Kommunikation, Konsequenzen und Teamstärkung
Der wichtigste Schritt im Umgang mit Mobbing ist es, nicht wegzusehen, sondern konsequent zu handeln. Führungskräfte müssen eine Unternehmenskultur schaffen, in der Respekt und Offenheit selbstverständlich sind.
Frühzeitig eingreifen und ansprechen
Viele Betroffene schweigen aus Angst oder Scham. Führungskräfte sollten regelmäßige Gespräche im Team führen und eine offene Feedback-Kultur fördern, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen.Deeskalierende Kommunikation nutzen
Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall Rosenberg kann helfen, Konflikte sachlich und ohne Schuldzuweisungen zu lösen. Eine Gesprächsstruktur könnte so aussehen:Beobachtung: „Ich habe bemerkt, dass Frau X häufig übergangen wird.“
Gefühl: „Das macht mich besorgt, weil mir ein respektvoller Umgang wichtig ist.“
Bedürfnis: „Ein gutes Teamklima ist essenziell für unsere Zusammenarbeit.“
Bitte: „Lasst uns gemeinsam überlegen, wie wir das verbessern können.“
Konsequenzen aufzeigen und durchsetzen
Wenn Mobbing gezielt und wiederholt auftritt, reicht ein Gespräch nicht aus. Klare Konsequenzen sind erforderlich, um die Teamkultur zu schützen. Je nach Schwere des Falls können Abmahnungen oder arbeitsrechtliche Schritte notwendig sein.Externe Unterstützung in Anspruch nehmen
In vielen Fällen hilft eine neutrale Mediation oder ein Coaching, um verhärtete Fronten aufzulösen. Externe Experten können Führungskräfte und Teams gezielt dabei unterstützen, wieder in eine konstruktive Zusammenarbeit zu finden.
Verantwortung übernehmen – statt zuschauen
Mobbing zerstört Teams und Karrieren. Führungskräfte haben die Verantwortung, nicht nur Konflikte zu lösen, sondern auch ein Umfeld zu schaffen, in dem sich jeder sicher und wertgeschätzt fühlt.
frühzeitig handeln, bevor toxische Muster entstehen
klare Kommunikation und deeskalierende Gesprächsführung nutzen
Grenzen setzen und konsequent durchgreifen
externe Unterstützung einholen, um nachhaltige Lösungen zu schaffen.
Ein starkes, wertschätzendes Team entsteht nicht von selbst – es braucht klare Strukturen, offene Kommunikation und eine Führung, die Konflikte frühzeitig erkennt und gezielt löst. Mobbing und toxisches Verhalten dürfen keinen Platz in Ihrer Praxis haben.
Als Führungskräftetrainerin unterstütze ich dabei, eine gesunde Teamkultur zu schaffen, in der sich alle sicher, respektiert und motiviert fühlen. Gemeinsam entwickeln wir praxisnahe Strategien, um Konflikte professionell zu managen und eine nachhaltige, positive Zusammenarbeit zu fördern. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen – für eine starke, resiliente und erfolgreiche Praxis!
Quellen:Bundesministerium des Innern (2020) – Psychosoziale Risiken in der Arbeitswelt – Diese Hintergrundstudie untersucht die psychischen Belastungen durch Konflikte, toxische Strukturen und Mobbing am Arbeitsplatz.
Gallup Engagement Index Deutschland 2022 – Studie zur Mitarbeiterzufriedenheit und deren Auswirkungen auf Produktivität und Arbeitsklima. Zeigt, wie schlechte Führung, ungelöste Konflikte und mangelnde Wertschätzung zur inneren Kündigung führen.
Hans-Böckler-Stiftung: Mobbing am Arbeitsplatz – Detaillierte Untersuchung über die Ursachen, Folgen und Lösungsansätze für Mobbing in Unternehmen und Organisationen.
Statista Fehlzeiten-Report Deutschland 2022 – Erfassung von Krankmeldungen und Ausfällen durch Stress, Mobbing und toxische Arbeitsbedingungen in deutschen Unternehmen.
DGB-Index „Gute Arbeit“ 2021 – Untersuchung zur Arbeitsqualität in Deutschland mit Fokus auf zwischenmenschliche Konflikte, Stress und psychosoziale Belastungen.
Kienbaum-Studie „Konflikte am Arbeitsplatz“ (2021) – Diese Studie zeigt, dass ungelöste Konflikte in Unternehmen im Schnitt 15 % der Arbeitszeit binden und jährlich Kosten in Milliardenhöhe verursachen.
Hernstein Institut: Die Kosten von Konflikten in Unternehmen (2022) – Diese Studie zeigt, dass Führungskräfte bis zu 50 % ihrer Zeit mit der Bewältigung von Konflikten verbringen und welche Auswirkungen ungelöste Spannungen auf die Teamleistung haben.
Sabine Kittel
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