Praxisverkauf: Welchen Wert hat Ihre Zahnarztpraxis?
Eva NeuthingerPraxis-Inhaber wollen für ihr Lebenswerk in der Regel einen möglichst hohen Preis erzielen. Die Käufer haben die gegenteilige Vorstellung, weil sie ihre finanzielle Belastung und ihr Risiko minimieren wollen. Wie sich der tatsächliche Wert der Praxis ermitteln und ein realistischer Preis erzielen lässt.
Kein Einzelfall: Zwei Zahnärzte haben jahrelang erfolgreich in der Praxis zusammengearbeitet. Es war lange klar, dass der angestellte junge Zahnarzt einmal übernehmen sollte. Als es soweit war, ließ die Senior-Zahnärztin ein Gutachten zum Wert der Praxis erstellen. Genauso gab der Junior ein solches in Auftrag. Am Ende lagen zwei sehr unterschiedliche Bewertungen auf dem Tisch. Man konnte sich trotz zäher Verhandlungen nicht einigen – die Übernahme scheiterte.
Wert versus Kaufpreis einer Zahnarztpraxis
Die Geschichte zeigt: Der Wert einer Praxis entspricht nur selten dem Kaufpreis. Viele Käufer wie auch Verkäufer geben vor einer Nachfolge eine Unternehmensbewertung in Auftrag, um eine objektive Basis für die Vertragsverhandlungen zu haben. Das ist gut und richtig. Schließlich will der Verkäufer für sein Lebenswerk einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen. Der Interessent kalkuliert in erster Linie sein Risiko. Professionelle Analysen liefern in der Regel seriöse Ergebnisse. Einige Praxisinhaber rechnen zwar mit pauschalen Methoden wie etwa Umsatz multipliziert mit einem bestimmten Faktor. Das reicht nicht. Damit erhält man allenfalls einen groben Anhaltspunkt.
Professionelle Bewertung des Praxiswerts ist wichtig
Externe Berater durchleuchten die Praxis und pauschalieren ungern. Die Gutachter benötigen die betriebswirtschaftlichen Auswertungen der vergangenen fünf Jahre, die Summen- und Saldenlisten, Inventarverzeichnis, Arbeitsverträge sowie sonstige Verträge wie etwa Leasing. Sie wenden in der Regel finanzmathematisch komplizierte Verfahren an. Die Gutachter arbeiten mit unterschiedlichen Methoden, sie setzen insbesondere bei der Bewertung der Zukunftsfähigkeit der Praxis verschiedene Schwerpunkte. Man muss wissen: Die eine und richtige Bewertung gibt es nicht.
Getestet wird die Zukunftsfähigkeit der Zahnarztpraxis
In der Regel arbeiten Bewerter mit dem so genannten Ertragswertverfahren, das von den künftig erzielbaren Gewinnen ausgeht. Die Methode wird zur Unternehmensbewertung regelmäßig angewandt. Sie zielt auf die Zukunftsfähigkeit der Praxis ab.
Hintergrund ist: Der Verkäufer benötigt eine Verzinsung seines eingesetzten Kapitals, die ausreicht, um Zins und Tilgung für die Finanzierung der Übernahme zu stemmen. Als Basis nehmen Berater jeden Zins, den ein Investor am Markt auf jeden Fall erhalten sollte. Dazu kommt ein Risikozuschlag, der wie ein Hebel wirkt. Je höher er ausfällt, desto weniger wert ist die Praxis. Die Höhe des Kapitalisierungszinsfußes variiert je nach individueller Einschätzung des Bewerters und der Perspektive.
Modifiziertes Ertragswertverfahren berücksichtigt Besonderheiten der Praxis
Das modifizierte Ertragswertverfahren berücksichtigt die Besonderheiten einer Zahnarztpraxis. Zuerst analysiert der Bewerter die Ergebnisse der vergangenen drei bis fünf Jahre. Diese werden gegebenenfalls bereinigt, etwa falls die Räumlichkeiten dem Senior gehören und nicht übernommen werden. Das modifizierte Ertragswertverfahren berücksichtigt, dass der Erfolg auch wesentlich an der Person des jeweiligen Zahnarztes abhängt. Hintergrund ist, dass Patienten nach dem Ausscheiden des Seniors abwandern könnten. Nach einer Übergangszeit entscheidet die Leistung des neuen Inhabers über das Ergebnis. Deshalb rechnen Experten nur über einen Zeitraum von maximal drei bis fünf Jahren in die Zukunft. Es fließen immaterielle Faktoren mit ein wie die Struktur der Patienten oder die Entwicklung der Neupatienten.
Substanz und ideeller Wert einer Zahnarztpraxis
Unterm Strich bemisst sich der Wert einer Praxis ansonsten aus dem Substanzwert und dem ideellen Wert – dem so genannten Goodwill. Der Substanzwert basiert auf dem betriebsnotwendigen Anlage- und Umlaufvermögen wie etwa Einrichtung, Installationen oder Umbauten, medizinische Geräte und Vorräte. Der ideelle Wert hängt etwa von Standortfaktoren, der Patientenstruktur, dem Patientenstamm, dem Personal (Altersstruktur, Ausbildung) ab. Letzteres gewinnt in Folge des Fachkräftemangels zunehmend an Bedeutung.