Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Recht & Steuern
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Es mag Arbeitnehmer geben, die bleiben schon aufgrund eines Schnupfens zu Hause. Es gibt aber auch sehr viele Angestellte, die sich sogar mit Krankschreibung vom Arzt noch ins Büro schleppen. Das geht jedenfalls aus dem Fehlzeiten-Report 2021 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK hervor.

Darin gaben immerhin 13,2 Prozent der Befragten an, schon mal krank zur Arbeit gegangen zu sein, obwohl der Arzt ihnen davon abgeraten hatte. Doch auch wenn ein solches Pflichtbewusstsein grundsätzlich für eine gute Arbeitsmoral des Kollegen – es birgt auch Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Krankschreibung: Grundlegendes Verständnis

Eine Krankschreibung bedeutet, dass ein Arzt eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat. Dies dient in erster Linie dem Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers und der Genesung. Dennoch gibt es Situationen, in denen Arbeiten trotz Krankschreibung erlaubt sein kann.

Dürfen Arbeitnehmer überhaupt arbeiten, obwohl sie krankgeschrieben sind?

Grundsätzlich ist die rechtliche Lage tatsächlich so, dass Arbeitnehmer auch mit einer ärztlichen Krankschreibung zur Arbeit antreten dürfen. Denn anders als vielfach angenommen ist diese Krankschreibung kein Arbeitsverbot, sondern nur eine ärztliche Bestätigung bzw. eine Empfehlung. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) stellt also lediglich fest, dass der ausstellende Mediziner den betroffenen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht für arbeitsfähig hält. Diese ärztliche Bescheinigung dient zudem als Prognose, wie lange dieser Zustand voraussichtlich andauern wird.

Unter welchen Voraussetzungen darf man trotz Krankschreibung wieder arbeiten gehen?

  • Wenn die ausgeführte Tätigkeit der Gesundheit nicht schadet oder sogar förderlich ist. Beispielsweise könnte ein Bürojob weniger belastend sein als eine körperliche Tätigkeit, selbst wenn der Arbeitnehmer krankgeschrieben ist.

  • Der Arbeitgeber muss darüber informiert sein und der Arbeitsaufnahme zustimmen. Ohne seine Einwilligung könnte dies als Vertragsverletzung angesehen werden.

Selbständigkeit: Arbeiten trotz Krankschreibung erlaubt?

Selbständige haben mehr Freiheit, da sie ihre eigene Arbeitsfähigkeit einschätzen müssen.

Darf ich einem Nebenjob nachgehen, wenn ich krankgeschrieben bin?

Das hängt von der Art der Erkrankung und der Tätigkeit ab. Der Hauptarbeitgeber muss informiert und einverstanden sein.

Welche Fürsorgepflicht hat der Arbeitgeber im Krankheitsfall?

Wenn ein allzu pflichtbewusster Arbeitnehmer allerdings noch stark niesend und hustend im Betrieb auftaucht, ist damit niemandem gedient. Der Arbeitgeber muss in so einem Fall direkt reagieren, insbesondere, wenn es sich um eine ansteckende Krankheit handelt. Das liegt zum einen an der sogenannten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Sie besteht nämlich nicht nur gegenüber dem noch angeschlagenen Mitarbeiter, sondern auch gegenüber den anderen Kollegen, die sich sonst am Arbeitsplatz anstecken könnten. Ist also nicht ausgeschlossen, dass ein arbeitswilliger Mitarbeiter noch unter seiner Erkrankung leidet und eventuell sogar infektiös ist, muss ihn - mit oder ohne AU - der Chef wieder nach Hause schicken. Gleiches gilt, wenn es sich um eine anstrengende Arbeit handelt und der Arbeitnehmer durch einen verfrühten Einsatz eventuell sogar andere Kollegen gefährden könnte.

Ist man versichert, wenn man krankgeschrieben zur Arbeit geht?

Der Mythos, dass Beschäftigte den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung verlieren, wenn sie trotz Krankschreibung im Unternehmen erscheinen gehen, hält sich hartnäckig. Er gehört aber ins Reich der Rechtsirrtümer, denn der Versicherungsschutz ist nicht gefährdet.

Müssen sich Arbeitnehmer gesund schreiben lassen?

Gleiches gilt für die Aussage, Arbeitnehmer müssten sich „gesundschreiben“ lassen, wenn sie vor dem auf der AU genannten Enddatum wieder im Büro erscheinen wollen. „Aus rechtlicher Sicht ist es nicht erforderlich, die eigene Genesung per Attest bestätigen zu lassen“, sagt Randhir K. Dindoyal, Rechtsanwalt in München. Um keine Gesundheitsrisiken einzugehen, kann es aber im eigenen Interesse liegen, vor der Rückkehr in die Praxis nochmal zum Arzt zu gehen und sich den Ablauf der Arbeitsunfähigkeit nochmal bestätigen zu lassen.

Wann kann es Probleme geben, wenn man trotz Krankschreibung arbeiten geht?

Das Arbeiten trotz Krankschreibung ist in Deutschland rechtlich nicht ausdrücklich verboten, kann jedoch Konsequenzen nach sich ziehen, wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind:

  • Bei einem Unfall während der Arbeit trotz Krankschreibung kann der Versicherungsschutz beeinträchtigt sein. Es ist wichtig, dass der Arbeitgeber und die Krankenkasse informiert sind.

  • Wenn der Arbeitgeber nicht einverstanden war oder die Arbeit die Genesung gefährdet, könnte dies zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen, einschließlich einer Kündigung, führen. Besondere Vorsicht ist hier insbesondere bei psychischen Erkrankungen geboten. Hier sollte die Wiederaufnahme der Arbeit trotz Krankschreibung nur in Absprache mit einem Facharzt erfolgen.

  • Bestimmte Branchen wie das Gesundheitswesen oder der Transportsektor haben striktere Regelungen und Sicherheitsvorschriften, die bei einer Krankschreibung besonders zu beachten sind. Deshalb sollte man die Arbeit während der AU nicht ohne Absprache wieder aufnehmen.

Wie lange bekommt man trotz Krankschreibung noch ein volles Gehalt?

Nach Paragraf 3 des Entgeltfortzahlungsgesetz müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern bis zu sechs Wochen lang das volle Gehalt bezahlen, wenn diese wegen einer Krankheit nicht arbeiten können.

Was darf man keinesfalls tun, wenn man krankgeschrieben ist?

Die Krankschreibung geht grundsätzlich mit der Pflicht einher, alles zu vermeiden, was die eigene Genesung gefährden oder verzögern kann. Vielmehr soll der Arbeitnehmer alles tun, um sich von der Krankheit zu kurieren. Krankgeschriebene Arbeitnehmer müssen aber weder dauerhaft das Bett hütten noch ist es ihnen vorgeschrieben, ununterbrochen zu Hause zu bleiben. Sie dürfen beispielsweise trotz Arbeitsunfähigkeit Dinge für den täglichen Bedarf einkaufen gehen. Auch ein gemächlicher Spaziergang an der frischen Luft ist erlaubt. Welches Verhalten bei der jeweiligen Erkrankung erlaubt und angemessen ist, sollte man am besten mit seinem Arzt besprechen.

Kündigung wegen unerlaubter Arbeit in der Krankschreibung

Wer sich allerdings genesungswidrig verhält, etwa, weil er trotz AU schwere körperliche Arbeiten verrichtet oder gar einem bezahlten Nebenjob nachgeht, riskiert seinen Job. So billigte zum Beispiel das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers wegen genesungswidrigen Verhaltens. Der Mann, der wegen des Verdachts auf koronare Herzerkrankung krankgeschrieben war, hatte sich dabei erwischen lassen, wie er in dieser Zeit das Haus seiner Tochter renovierte (Az. 10 Sa 100/13).

Rechtliche Beratung

Wer nicht sicher ist, was er in seiner individuellen Situation tatsächlich tun darf und was nicht, kann sich nicht nur an seinen Arzt wenden, sondern auch rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Gewerkschaften und Betriebsräte können hierbei wertvolle Unterstützung bieten.

Welche Rolle spielt das „Hamburger Modell“ bei der Wiedereingliederung?

Es unterstützt Arbeitnehmer beim schrittweisen Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag und wird von der Krankenkasse gefördert.