Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Versicherungsrecht

Ein Zahnarzt, eine angestellte Zahnärztin und eine Vorbereitungsassistentin. Reicht diese Personaldecke, um eine Praxis als „Praxiszentrum“ zu qualifizieren? Diese Frage musste vor Kurzem das Landgericht (LG) Braunschweig klären und gleichzeitig entscheiden, ob der Inhaber des vermeintlichen Zentrums mit „kostenlosen Implantat-Sprechstunden“ werben durfte.

Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale, nachdem sie den Zahnarzt vergeblich dazu aufgefordert hatte, die besagte Werbung zu unterlassen – zu Recht, wie das LG Braunschweig befand (Az. 22 O 582/20). Der Zahnarzt verstoße mit seinen Aussagen gegen die Vorgaben des Paragraf 7 des Heilmittelwerbegesetzes.

Die Regelung verbietet Ärzten und Zahnärzten das Ankündigen und die Gewährung einer Zuwendung, also einer geldwerten Vergünstigung, für die kein oder nur ein symbolisches Entgelt verlangt wird. Genau eine solche Zuwendung stelle der Praxisinhaber den Adressaten seiner Werbung aber in Aussicht, so das Gericht. Aus deren Sicht nämlich sei eine  „kostenlose Implantat-Sprechstunde“ bei einem Zahnarzt keine reine Informationsveranstaltung. Vielmehr erwarteten die Interessenten auch eine individuelle fachliche Beratung. Die aber sei beim Zahnarzt nur gegen Entgelt zu erhalten.

Praxiszentrum: Der allgemeine Sprachgebrauch ist ausschlaggebend

Anstoß nahm das Gericht zudem an der Bezeichnung „Praxiszentrum“. Der Begriff sei aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ebenfalls zu beanstanden. Im geläufigen Sprachgebrauch stehe er für eine größere Einrichtung , in der mehrere Zahnarzt- beziehungsweise Arztpraxen ansässig oder in der viele Mediziner unterschiedlicher Fachrichtungen tätig seien, nicht jedoch für eine kleine Einheit, in der sich neben dem Inhaber nur eine angestellte Zahnärztin und eine Vorbereitungsassistentin verdingen.

An dieser Einschätzung ändere auch die Tatsache nichts, dass sich noch ein zahnärztliches Labor und ein Seminarraum im Gebäude befinden und viele Parkplätze für Patienten vorhanden sind.

Mit Augenmaß agieren

Wichtig: Die Bezeichnung von medizinischen Praxen als „Zentrum“ hat die Rechtsprechung schon häufiger beschäftigt. Die Gerichte betonen dabei, dass der Begriff einem gewissen Bedeutungswandel unterliegt. Im Jahr 2012 hat selbst das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung (Az. 1 BvR 1209/11) festgestellt, dass auch regionale Besonderheiten einen Einfluss darauf haben können, ob der Begriff irreführend ist oder nicht. Die aktuelle Entscheidung des LG Braunschweig zeigt jedoch, dass Praxisinhaber mit wohlklingenden Alternativ-Bezeichnungen zur handelsüblichen Praxis vorsichtig sein sollten.

Auch interessant:
Praxisbezeichnung im Werberecht: Was ist zulässig?