Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Recht & Steuern

Die erste Art von vertragszahnärztlichen Gutachten dient dazu, Krankenkassen verlässliche Entscheidungsgrundlagen zu liefern, ob eine beantragte vertragszahnärztliche Behandlung dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit entspricht und auch ansonsten mit gesetzlichen Anforderungen des SGB V übereinstimmt. Neben diesen sogenannten Planungsgutachten geben Krankenkassen Mängelgutachten im Auftrag, wenn über angebliche oder tatsächliche Behandlungsfehler von Vertragszahnärzten entschieden werden muss.

Die zweite Art von Gutachten auf dem Gebiet der Zahnmedizin dient anderen Zwecken: Machen Patienten Ansprüche gegen Zahnärzte vor Gericht geltend, kann eine gerichtliche Entscheidung in aller Regel nur gefällt werden, wenn die geltend gemachten Ansprüche in einem gerichtlichen zahnmedizinischen Gutachten im Rahmen der zivilprozessualer Beweismittel dahingehend geprüft werden, ob dem behandelnden Zahnarzt als Beklagtem tatsächlich Fehler vorgeworfen werden können, welche die Ansprüche des Klägers bzw. Patienten rechtfertigen.

In diesem Beitrag beschränken wir uns auf Planungsgutachten von Krankenkassen, da für gerichtliche zahnmedizinische Gutachten besondere Bestimmungen, insbesondere der Zivilprozessordnung, gelten. Für Mängelgutachten können ebenfalls Sonderregelungen greifen, die in diesem Beitrag nicht diskutiert werden können.

1. Grundsätzliches zu Planungsgutachten der Krankenkassen

Krankenkassen können vertragszahnärztliche Gutachten nicht nach Belieben einholen. Erst wenn eine vertragliche oder eine gesetzliche Rechtsgrundlage die Einholung eines solchen Gutachtens erlaubt, können Krankenkassen ein Gutachterverfahren eröffnen. In der vertragszahnärztlichen Versorgung wird das Gutachterwesen im Bundesmantelvertrag Zahnärzte (BMV-Z) geregelt. Nach § 4 Abs. 1 BMV-Z können auf dem Gebiet der vertragszahnärztlichen Versorgung folgende Gutachten eingeholt werden:

  • bei Behandlung von Kiefergelenkserkrankungen (Anlage 1 Nummer 4 BMV-Z),
  • bei kieferorthopädischen Maßnahmen (Anlage 4 BMV-Z),
  • bei systematischer Behandlung von Parodontitis und anderen Erkrankungen (Anlage 5 BMV-Z),
  • bei Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Anlage 6 BMV-Z),
  • bei implantologischen Maßnahmen im Fall von Ausnahmeindikationen nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V, wobei das Einholen eines Gutachtens hier obligatorisch ist.

2. Gutachten bei kieferorthopädischen Behandlungen

Geplante kieferorthopädische Behandlungen und darüber hinaus auch Therapieänderungen und eine Verlängerung von kieferorthopädischen Behandlungen können Prüfungsgegenstand eines vertragszahnärztlichen Gutachtens sein. Nach § 2 Abs. 1 Anlage 4 BMV-Z muss der Versicherte über die Einholung eines vertragszahnärztlichen Gutachtens von der Krankenkasse unterrichtet werden, wobei die Krankenkasse innerhalb von sechs Wochen ab Antragstellung entscheiden muss, ob sie die Kosten der geplanten Behandlung übernimmt. Ist die Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nicht möglich, muss die Krankenkasse den Versicherten darüber unterrichten und die Verzögerung schriftlich begründen.

So läuft das Gutachterverfahren ab

Neben dem Versicherten muss auch der behandelnde Zahnarzt nach § 2 Abs. 2 Anlage 4 BMV-Z von der Krankenkasse über die Einleitung des Gutachterverfahrens informiert werden. Hierzu sendet die Krankenkasse den Behandlungsplan an den Zahnarzt zurück. Diesen sendet der Zahnarzt in zweifacher Ausfertigung zusammen mit Befundunterlagen und Auswertungen an den von der Krankenkasse benannten Gutachter. Bestehen zwischen einem Vertragszahnarzt und der Krankenkasse über die Zuordnung einer geplanten kieferorthopädischen Maßnahme (KIG-Einstufung) Differenzen, kann der betreffende Vertragszahnarzt die Einleitung des Gutachterverfahrens verlangen. In diesem Fall ist die Krankenkasse nach § 2 Abs. 5 Anlage 4 BMV-Z verpflichtet, das betreffende Gutachterverfahren einzuleiten.

Ist ein Gutachterverfahren eingeleitet, muss der Gutachter die an ihn gesendeten Behandlungs- und Befundunterlagen innerhalb von vier Wochen bearbeiten, wobei eine Verlängerung dieser Bearbeitungsfrist nach § 3 Abs. 2 Anlage 4 BMV-Z nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt und vom Gutachter gegenüber der Krankenkasse vor Ablauf der Vierwochenfrist schriftlich besonders begründet werden muss. Ist das Gutachterverfahren abgeschlossen, muss der Gutachter die Behandlungs- und Befundunterlagen an den behandelnden Vertragszahnarzt zurücksenden. Gegen die Stellungnahme des Gutachters können der Vertragszahnarzt oder die Krankenkasse innerhalb eines Monats nach Zugang des Gutachtens bei der KZBV einen schriftlichen und begründeten Einspruch erheben und die Einholung eines Obergutachtens beantragen.

Die Kosten des Gutachterverfahrens trägt nach § 5 Satz 1 Anlage 4 BMV-Z die Krankenkasse. Dies gilt grundsätzlich auch für die Kosten des Obergutachtens, allerdings mit einer wichtigen Ausnahme: hat nicht die Krankenkasse, sondern der Vertragszahnarzt den Einspruch gegen das Gutachten erhoben und bleibt dieser Einspruch erfolglos, trägt der betreffende Vertragszahnarzt nach § 5 Satz 2, 3 Anlage 4 BMV-Z die Kosten des Obergutachtens in voller Höhe oder anteilig. Die Quotelung der Kosten wird insbesondere dann in Frage kommen, wenn der Einspruch des Vertragszahnarztes nur zum Teil Erfolg hatte.

3. Gutachten bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen

Auch bei Zahnersatz und Zahnkronen sind Krankenkasse berechtigt jedoch nicht verpflichtet, ein Gutachterverfahren in Auftrag zu geben, auch wenn in einem konkreten Fall Leistungen der gleichartigen Versorgung geplant sind. Wie bei anderen Gutachterverfahren ist eine Krankenkasse nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Anlage 6 BMV-Z verpflichtet, innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden, ob sie die Kosten der geplanten Maßnahme übernimmt. Sollte die Frist von sechs Wochen nicht eingehalten werden können, ist die Krankenkasse verpflichtet, den Versicherten über die Verzögerung schriftlich zu informieren und die Verzögerung zu begründen.

Bei bereits ausgeführten prothetischen Leistungen kann eine Krankenkasse nur in begründeten Einzelfällen gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 Anlage 6 BMV-Z diese prothetischen Leistungen in einem Gutachten überprüfen lassen, wenn Planungs- und Ausführungsmängel vermutet werden. Auch in diesem Fall muss der betreffende Vertragszahnarzt über das Gutachterverfahren informiert werden. Nach Ablauf von 24 Monaten kann eine Krankenkasse aus auftretenden Mängeln nach § 2 Abs. 3 Satz 4 Anlage 6 BMV-Z keine Ansprüche mehr herleiten lassen.

Fristen und Kosten bei Gutachten für Zahnersatz

Auch bei Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen kann ein Gutachter das Gutachten grundsätzlich nur innerhalb von vier Wochen erstatten lassen. Eine Fristverlängerung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht und muss gegenüber der Krankenkasse gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 Anlage 6 BMV-Z vor Ablauf von vier Wochen angezeigt und schriftlich begründet werden. Der Gutachter hat bei Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen insbesondere zu prüfen, ob die beantragten Festzuschüsse angesetzt werden können und die geplante Versorgung dem Stand der aktuellen medizinischen Ergebnisse und dem medizinischen Fortschritt entspricht.

Sind der Vertragszahnarzt oder die Krankenkasse mit den Ergebnissen des erstatteten Gutachtens nicht einverstanden, kann entweder der Vertragszahnarzt oder die Krankenkasse innerhalb eines Monats nach Zugang des Gutachtens nach § 5 Satz 1 Anlage 6 BMV-Z die Einholung eines Obergutachtens oder gem. § 5a Satz 1 Anlage 6 BMV-Z eine Einigung vor dem Prothetik-Einigungsausschuss beantragen. In beiden Fällen muss der Einspruch hinreichend schriftlich begründet werden. Wie im Falle eines Gutachtens über geplante kieferorthopädische Behandlungen trägt die Krankenkasse die Kosten für das Gutachten und grundsätzlich auch für das Obergutachten. Nur im Falle des Misserfolgs des Einspruchs trägt der Vertragsarzt gem. § 6a Abs. 2 Anlage 6 BMV-Z die Kosten des Obergutachtens. Im Falle eines Einigungsverfahrens vor dem Prothetik-Einigungsausschuss entscheidet der betreffende Ausschuss nach § 6b Abs. 1 Anlage 6 BMV-Z über die Kostentragung, wobei auch hier die Kosten regelmäßig dem Maß des Obsiegens und des Unterliegens folgen.

4. Gutachten bei der Behandlung von Parodontitis und anderen parodontalen Erkrankungen

Das Gutachterverfahren bei der geplanten Behandlung von Parodontitis und anderen parodontalen Erkrankungen verläuft ähnlich wie das Gutachterverfahren bei Zahnersatz und Zahnkronen bzw. bei geplanten kieferorthopädischen Behandlungen. Auch hier muss das Gutachten grundsätzlich innerhalb von vier Wochen erstattet werden und sowohl der behandelnde Vertragszahnarzt als auch die Krankenkasse haben nach § 4 Abs. 1 Anlage 5 BMV-Z die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Gutachters ein Obergutachten anzustrengen. Das Gleiche gilt für die Kostentragung für das Gutachterverfahren: Die Krankenkasse trägt die Kosten des Gutachtens und des Obergutachtens. Nur im Falle des Obergutachtens trägt der Zahnarzt die Kosten in voller Höhe oder zu einem Teil, wenn sein Einspruch gegen das Gutachten vollständig oder teilweise erfolglos geblieben ist.

5. Gutachten bei implantologischen Maßnahmen mit Ausnahmeindikationen

Im Fall von implantologischen Maßnahmen mit Ausnahmeindikationen nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V ist die Krankenkasse nach Lit. A Abs. 2 Satz 1 Anlage 7 BMV-Z verpflichtet, Behandlungspläne für implantologische Leistungen einschließlich der prothetischen Versorgung begutachten zu lassen. Im Übrigen ist das betreffende Gutachtenverfahren vergleichbar mit dem Gutachtenverfahren bei Parodontitis und anderen parodontalen Erkrankungen. Auch hier besteht die Möglichkeit für den behandelnden Vertragszahnarzt oder die Krankenkasse, ein Obergutachten einholen zu lassen. Auch die Kostentragung ist für das Gutachten und Obergutachten ähnlich ausgestaltet.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und KapitalmarktrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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