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Angstpatienten stellen Zahnmediziner oft vor besondere Herausforderungen. Teils sogar vor und nach Abschluss der Behandlung. So auch im Fall eines Oralchirurgen, bei dem sich im Jahr 2022 eine solche Patientin vorstellte. Sie klagte über Schmerzen und bat um die Entfernung mehrerer Zähne. Zudem legte sie bei diesem Termin –  nach eigener Aussage –ein psychologisches Attest vor, wonach sie bei Spritzen Panikattacken bekomme. Daher solle der Eingriff in Vollnarkose durchgeführt werden. Dazu kam es jedoch nicht. Die Frau wurde unverrichteter Dinge nach Hause geschickt.

Zahnarzt geht gegen negative Bewertung vor

Dieses Vorgehen erboste die abgewiesene Patientin offenbar so sehr, dass sie ihren Fall auf der Plattform „Local Reviews“ einstellte und den Arzt negativ bewertete.

Wörtlich führte sie dort aus:

Ich hatte gestern, am 17.Dezember 2020, einen OP-Termin, wo mir 2 oder 3 Zähne entfernt werden sollten, und wollte das eigentlich selber bezahlen (das Geld hatte ich auch dabei). Aber da ich eine Bescheinigung meiner Psychologin hatte, da ich eine panische Angst vor Spritzen hatte, und das alles in Vollnarkose stattfinden musste und das vorzeigte, wurde meine Behandlung abgelehnt. Weil die davon ausgingen, das ich psychische Probleme habe, das ist aber nicht der Fall. In der Bescheinigung stand nur, dass bei mir Panikattacken und Ängste so stark ausgeprägt sind, das der Eingriff unter Anästie durchgeführt werden soll. Die Behandlung wurde mir gestern, 17.Dezember, verweigert. Sehr schlecht von dieser Kieferchirugie.

Später ergänzte sie ihren Eintrag um die folgende Passage:

Update: Am 22.Dezember 2020 um 19.41 Uhr rief mich Herr M. an, und drohte mir mit seinem Anwalt, sollte ich die negative Bewertung nicht entfernen. Nichts gegen Herr M., doch wenn der gute Mann seinen Narkosearzt nicht im Griff hat, kann ich leider nichts dafür. Der Termin am 17.Dezember stand fest, doch sein Narkosearzt hat mich leider mit Schmerzen stehen lassen. Dann muss der das mit dem Narkosearzt klären. Ich kann keine positive Bewertung geben, wenn nichts positives ist.

PS: Der M. hat eine Anzeige auf der Polizei gemacht, wegen Verleumdung. Wegen einer Bewertung mit der die Person nicht umgehen kann. Also da frag ich mich, ob der minderbemittelt ist. Ganz normal ist der nicht.

Suchmaschinenbetreiber muss negative Bewertungen prüfen

Der Eintrag wurde bei einer Suchanfrage über eine bekannte Suchmaschine als Ergebnis gelistet. Dies wiederum erboste den Oralchirurgen. Er beanstandete die Bewertung bei dem Suchmaschinenbetreiber. Dabei gab er an, zum fraglichen Eintrag gebe es „nach Prüfung der Kundenvorgänge keinen korrelierenden Kundenvorgang“. Auch nach Sichtung aller zurückliegenden Vorgänge und Befragung der Mitarbeiter sei eine Zuordnung nicht möglich.

Der Suchmaschinenbetreiber erbat daraufhin auch eine Stellungnahme der Patientin, die die näheren Umstände des von ihr bewerteten Vorfalls erläuterte. Auf Basis dieser Ausführungen wies der Suchmaschinenbetreiber das Löschungsbegehren des Oralchirurgen zurück. Der allerdings ließ nicht locker und behauptete weiter, dass ihm die Verfasserin der Bewertung nicht bekannt sei. Zudem habe der Portalbetreiber die Pflicht, auf die erhobene Beanstandung hin ein Prüfverfahren einzuleiten.  Der Suchmaschinenbetreiber teilte diese Rechtsauffassung nicht, der Beitrag der Patientin blieb online.

Klage gegen Löschung einer Patientenbewertung

Um die Löschung dennoch zu erzwingen, erhob der Oralchirurg daraufhin Klage. Doch weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden zu seinen Gunsten. Vielmehr kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass Anbieter von Internetdiensten, die fremde Informationen für einen Nutzer speichern, nicht verpflichtet seien, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Erst, wenn sie Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangen, müssten sie den gesamten Sachverhalt ermitteln und bewerten. Dabei sei auch eine Stellungnahme des Nutzers, der den Beitrag verfasst habe, einzuholen und zu bewerten.

Hingegen sei der Provider im Rahmen der Prüfung nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären, wenn ihm unterschiedliche Schilderungen des Arztes und des Patienten über den Verlauf des Behandlungstermins vorliegen und keine objektiven Anhaltspunkte für die Richtigkeit der einen oder der anderen Schilderung sprechen. Beanstandungen, die, (wie hier) auf einen (bewusst) falschen Tatsachenvortrag gestützt werden, können von vorneherein keine Prüfungspflichten des Hostproviders auslösen. Insoweit habe der Suchmaschinenbetreiber vorliegend bereits überobligatorisch geprüft und die Kritik der Patientin zu Recht im Netz stehen lassen (OLG Saarbrücken, Az.: 5 U 117/21).

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