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Zahnmedizin

Erwachsene an Parodontitis leiden, übertragen die Bakterien, die die Zahnfleischentzündungen auslösen, auf ihre Kinder. Die Erreger bleiben dauerhaft in ihrer Mundhöhle, selbst wenn der Nachwuchs sich verschiedenen Behandlungen unterzieht. Dies ist die wichtigste Schlussfolgerung einer Studie, die Wissenschaftler an der Universität von Campinas (UNICAMP) im brasilianischen Bundesstaat São Paulo durchgeführt und in der Zeitschrift Scientific Reports veröffentlicht haben. Die Leitung der Studie oblag Renato Corrêa Viana Casarin und Mabelle de Freitas Monteiro.

„Das orale Mikrobiom der Eltern ist ein entscheidender Faktor für die subgingivale mikrobielle Besiedlung ihrer Kinder“, schreiben Studienautoren.  Das „Erben“ des Problems bedeutet allerdings nicht, dass ein Kind die Krankheit im Erwachsenenalter entwickeln wird. Jedoch sei es wichtig, auf die kleinsten Anzeichen zu achten und fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eltern sollten daher bereits im Säuglingsalter beginnen, sich um die Gesundheit des Zahnfleischs ihrer Kinder zu kümmern.

Schwieriges Erbe

Für die Untersuchung entnahmen die Wissenschaftler Proben des subgingivalen Biofilms und der Plaque von 18 Erwachsenen, die an generalisierter aggressiver Parodontitis (Grad C) litten. Auch deren Kindern im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren wurden beprobt, ebenso 18 Erwachsene ohne Zahnfleischprobleme.

Es folgte eine klinische Analyse der Proben.  Zudem nahmen Forscher der Ohio State University in den USA eine mikrobiologischen Analyse vor und unterzogen sie einer genetischen Sequenzierung.

Das Ergebnis: Kinder von Eltern mit Parodontitis waren bevorzugt mit Filifactor alocis, Porphyromonas gingivalis, Aggregatibacter actinomycetemcomitans, Streptococcus parasanguinis, Fusobacterium nucleatum und mehreren Arten der Gattung Selenomonas besiedelt.
Die Kinder von Eltern mit Zahnfleischentzündungen hatten zudem trotz bakterieller Plaque-Kontrolle und kräftigem Zähneputzen meist mehr Bakterien im Mund als die Nachfahren gesunder Probanden. Bei Letzteren erwiesen sich Zahnhygiene und Prophylaxe zudem als deutlich wirksamer.

Wie die Mutter, so da Kind

„Kinder übernehmen die Erreger von ihren Eltern und tragen die bakterielle Information in ihr Erwachsenenleben“, fasst Studienleiter Casarin die Erkenntnisse zusammen.  Die Analyse der bakteriellen Besiedlung deute allerdings darauf hin, dass die Übertragung durch die Mutter stattfinde. Die Forschungsgruppe wolle daher nun mit schwangeren Frauen arbeiten, um diesen Kreislauf zu durchbrechen. „Wir werden Mütter während der Schwangerschaft behandeln, bevor die Babys geboren werden, und versuchen, herauszufinden, ob es möglich ist, die bakterielle Besiedlung zu verhindern“, so der Wissenschaftler.

Monteiro, M.F., Altabtbaei, K., Kumar, P.S. et al. Parents with periodontitis impact the subgingival colonization of their offspring. Sci Rep 11, 1357 (2021). https://doi.org/10.1038/s41598-020-80372-4