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Zahnmedizin

Der aktuelle Barmer Zahnreport 2021 beschäftigt sich mit der Molaren Inzisiven Hypomineralisation (MIH), der Störung der Schmelzbildung bei Kindern. Neben Karies stellt MIH, umgangssprachlich auch als Kreidezähne bezeichnet, eine der schwerwiegendsten Zahnerkrankungen bei Heranwachsenden dar.

Wie viele Kinder betroffen sind, ist nicht ganz klar. Die Schätzungen reichen je nach Quelle von 8 bis 30 Prozent. Auch bei Erwachsenen tritt sie vereinzelt auf, dann sind meist Backenzähne und Schneidezähne betroffen.

Typische Symptome beim Kreidezahn

Die Milchzähne bzw. Zähne der betroffenen Kinder zeigen weiß-gelbliche oder gelb-braune Verfärbungen an den Kauflächen oder Zahnhöckern. Eine gründliche Zahnpflege lässt keine Verbesserung des Problems erkennen. In schweren Fällen splittert der Zahnschmelz sogar ab. Die Zähne der betroffenen Kinder reagieren zudem sensibel auf Hitze, Kälte und Zähneputzen, Betroffene klagen häufig über Schmerzen.

Die Ursachen von Kreidezähnen

Kreidezähne entstehen, weil die Mineralisation des Zahnschmelzes gestört ist. Wie es dazu kommt, ist nicht endgültig erforscht. Lange Zeit wurden Probleme beim Zähneputzen oder in der Ernährung als Grund für das Entstehen der MIH vermutet. Auch die Chemikalie BPA, die in vielen Verpackungen und Plastik steckt, steht unter Verdacht, Schäden am Zahn zu verursachen.

Die Barmer stellt in ihrem Report jetzt auch einen Zusammenhang zwischen der Zahnerkrankung und der Verordnung von Antibiotika dar. Vor allem die frühkindliche Einnahme von Antibiotika soll demnach zu einer mangelnden Bildung von Zahnschmelz führen. „Die Verordnung von Antibiotika steht in einem erkennbaren Zusammenhang mit dem Auftreten von Kreidezähnen“, sagte Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer, bei der Vorstellung des Reports.

Nur eine Möglichkeit von vielen

Inzwischen hat auch die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) eine Stellungnahme abgegeben. Grundsätzlich begrüßt man dort die Tatsache, dass die Barmer das wichtige Thema aufgegriffen hat. Allerdings seien die im Report dargestellten möglichen Zusammenhänge zwischen der Einnahme von Antibiotika und dem Entstehen der Erkrankung in der wissenschaftlichen Forschung nicht neu. Sie stellten zudem nur eine Möglichkeit von vielen dar. Die genauen Ursachen der MIH seien immer noch nicht abschließend geklärt.

Auch Barmer-Chef Straub räumte ein, dass noch unklar sei, wie das Zusammenwirken aus Antibiotika-Gabe und mangelnder Schmelzbildung genau funktioniere. Hierzu seien weitere Untersuchungen erforderlich.

Zahnärzte können nur Symptome behandeln

Prinzipiell kommen in Sachen MIH mehrere Ursachen in Betracht. Ein Einfluss pränataler Faktoren scheint ebenso denkbar wie geburtliche oder postnatale Ursachen. Da sich die betroffenen Zähne jedoch größtenteils postnatal bilden, misst die Wissenschaft den frühkindlichen Einflüssen inzwischen die größte Bedeutung zu.

Antibiotika als auslösende Faktoren werden ebenso diskutiert wie Infektionen in den ersten drei Lebensjahren oder chronische Erkrankungen der Atemwege des Kindes. Ebenfalls denkbar ist es, dass Umwelttoxine, insbesondere Kunststoffbestandteile in Form des Bisphenol A oder ein Vitamin-D-Mangel Kreidezähne verursachen. Ein einzelner kausaler Faktor mit einem hohen Evidenzgehalt ist jedoch noch nicht belegt.

Fazit: Auch wenn es vielfältige Erklärungsansätze zur Entstehung von MIH gibt, sind die auslösenden Faktoren noch immer unbekannt. Zahnärzte müssen sich daher bis auf Weiteres damit bescheiden, erkrankte Kinder möglichst frühzeitig zu erfassen und sich auf die Behandlung der Symptome konzentrieren. Wichtig ist es zudem, die Eltern bestmöglich einzubinden. Bei schweren MIH-Formen kann sich zudem ein Recall-Intervall von zwei bis drei Monaten empfehlen.

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