Parodontis-Behandlung: RKI plädiert für fachübergreifende Kooperationen
Judith MeisterEtwa zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland leiden an Diabetes und diversen Folgeerkrankungen wie Parodontitis. Umgekehrt gilt, dass Zahnbetterkrankungen die Blutzuckerwerte negativ beeinflussen können. Ein Teufelskreis. Um ihn zu brechen, fordern Experten mehr interdisziplinäre Anstrengungen für eine bessere Mundgesundheit.
Wenn der Blutzucker dauerhaft erhöht ist, sind die Folgen für den gesamten Organismus immens. Entsprechend geht Diabetes mit einem hohen Risiko für diverse Folgeerkrankungen einher. Unter anderem haben Diabetikern im Vergleich zu gesunden Menschen ein bis zu 3,5-mal höheres Risiko, an einer Parodontitis zu erkranken. Nach einer Befragung des Robert-Koch-Instituts (RKI) schätzten Menschen mit Diabetes ihre Mundgesundheit auch deutlich häufiger als mittelmäßig bis sehr schlecht ein (41,2 Prozent) als Menschen ohne Diabetes (27,5 Prozent).
Diabetes und Parodontitis beeinflussen sich wechselseitig
Diese Einschätzung wird durch zahlreiche Studien bekräftigt: Längst steht fest, dass erhöhte Blutzuckerwerte Zahnfleischentzündungen begünstigen. Umgekehrt gilt, dass eine unbehandelte Parodontitis durch die Entzündungsherde im Mund die Insulinresistenz der Zellen verstärken und damit die Blutzuckerwerte negativ beeinflussen kann.
Da Diabetes und mangelnde Mundgesundheit zudem gemeinsame Risikofaktoren haben, machen sich die Wissenschaftler des RKI für interdisziplinäre Bemühungen stark, um beiden Problemen entgegenzuwirken. Evident sei etwa der Zusammenhang zwischen einem hohen Tabakkonsum und einem schweren Parodontitis-Verlauf. Tabak schwächt die Abwehrkräfte; der Rauch greift das Zahnfleisch an. Damit liegt bei Rauchern die Wahrscheinlichkeit, an Parodontitis zu erkranken, bis zu siebenmal höher als bei Nichtrauchern. Zugleich begünstigt der Tabakkonsum auch die Entstehung von Diabetes-Typ-2, und wirkt sich ungünstig auf ein bereits bestehendes Diabetes aus.
Zahnmedizin als integraler Bestandteil des Diabetesmanagements
Angesichts dieser fatalen Wechselwirkungen wirbt das RKI für eine stärkere fachgruppenübergreifende Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und Arztgruppen, die Menschen mit Diabetes behandeln. Dies gilt umso mehr, als sich erste Anzeichen einer Zuckerkrankheit vielfach beim Zahnarzt offenbaren. Die zahnmedizinische Diagnostik habe daher mit Blick auf die Screenings von medizinischen Erkrankungen eine herausragende Bedeutung.
Auch die Bundeszahnärztekammer empfiehlt seit Langem, im Rahmen der zahnärztlichen Anamneseerhebung bei Diabetikern z.B. die derzeitige Therapie sowie die Blutzuckereinstellung (HbA1c-Wert) zu erfragen, da all diese Faktoren die Wahrscheinlichkeit einer Parodontitis sowie deren Verlauf und Schwere beeinflussen können.