Vollnarkose für zahnmedizinische Behandlung: Finanzierung reicht nicht für die, die sie brauchen

Für zeitaufwendige zahnerhaltende und prothetische Maßnahmen benötigen Patienten aus vulnerablen Gruppen oft eine Vollnarkose. Aufgrund finanzieller Engpässe findet eine solche adäquate Behandlung häufig nicht statt. Die DGMKG beklagt diese Versorgungssituation und stellt Forderungen an Politik und Kostenträger.
Eine zahnmedizinische Versorgung in Vollnarkose ist nur im Krankenhaus möglich. „Als vulnerabel gelten Patienten, die nicht ambulant auf dem Zahnarztstuhl in einer zahnärztlichen Praxis in örtlicher Betäubung oder unter Nutzung von Sedierungsverfahren behandelt werden können, sondern eine Allgemeinanästhesie unter stationären Bedingungen benötigen“, erklärt Dr. Jörg-Ulf Wiegner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG), in einer Pressemitteilung.
Bei Kindern und Erwachsenen mit gesteigerter Behandlungsangst, schwer Pflegebedürftigen oder Patienten mit geistigen und körperlichen Einschränkungen werden orale Erkrankungen wie Zahnkaries und Parodontitis im Rahmen einer Vollnarkose behandelt, da diese Erkrankungen heftige Schmerzzustände auslösen können.
Da konservierend-prothetische Behandlungen in Narkose bei vulnerablen Patienten deutlich längere Behandlungszeiten bedingen und bei weitem nicht ausreichend vergütet werden, entstehen bei den Kliniken, die diese Versorgungen anbieten, hohe Defizite.
Schlechte Vergütung führt zu Minderversorgung
Bei Kapazitätsengpässen kann es vorkommen, dass diesen Patienten eher ein Zahn gezogen wird, statt diesen mit entsprechenden Maßnahmen zu erhalten. Der Verlust eigener Zähne verringert jedoch die Kaufähigkeit der Betroffenen und schränkt ihre Lebensqualität deutlich ein, zudem bringt er gesundheitliche Risiken mit sich, da diese Patienten durch Umstellung auf weiche oder Breikost eine deutlich schlechtere Ernährung haben. Eingeschränkte Kaufähigkeit bedingt zudem kognitive Einschränkungen, wie neuere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Für die betroffenen vulnerablen Patientengruppen bedeutet all dies im Vergleich zu „regulären“ Patienten eine deutliche Minderversorgung.
„Keine Komfortnarkose, sondern dringende Notwendigkeit“
Die DGMKG beklagt eine eindeutige Versorgungslücke in Deutschland. „Da es sich bei der Behandlung von vulnerablen Gruppen nicht um Komfortnarkosen handelt, sondern um eine dringende medizinische Notwendigkeit, fordert die DGMKG Politik und Kostenträger auf, die Kosten für zahnmedizinische Leistungen – unter anderem auch den Zahnerhalt durch Prophylaxe und restaurative Therapiemaßnahmen – bei vulnerablen Gruppen in Narkose adäquat zu vergüten“, hält Professorin Dr. med. dent. Diana Wolff, Präsidentin der VHZMK und Ärztliche Direktorin der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde am Universitätsklinikum Heidelberg, in der DGMKG-Mitteilung fest. Auch Netzwerkstrukturen, in denen niedergelassene Kollegen Hand in Hand mit Schwerpunktpraxen arbeiten, seien von großer Relevanz.
Quelle: DGMKG
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