Drei Fragen an... Turhan Kurt
Carmen BornflethWir stellen jeden Monat drei kurze Fragen an Persönlichkeiten aus der Dentalbranche. Diesmal im Interview: Turhan Kurt, Finanzökonom (ebs) und unabhängiger Experte für die Beratung von ZahnärztInnen seit mehr als 20 Jahren.
Herr Kurt, warum tun sich viele ZahnärztInnen so schwer mit betriebswirtschaftlicher Praxisführung und welche Rolle spielen hierbei Kennzahlen?
Im Studium der Zahnmedizin spielt Betriebswirtschaft keine Rolle – dabei ist jede Zahnarztpraxis zugleich auch ein Unternehmen. Sie sollte daher geführt werden wie jedes andere Unternehmen auch: auf Basis valider Kennzahlen. Zwar erstellt die Steuerkanzlei eine BWA, doch diese enthält in erster Linie steuerlich geprägte Daten – praxisrelevante Kennzahlen wie die Zuzahlungsquote oder den Umsatz pro Patienten sucht man dort vergeblich. Hinzu kommt, dass die Steuerkanzlei am Ende der Informationskette steht: erst wird die Behandlung in der PVS erfasst, dann fließen die Honorare aufs Konto, und zuletzt erscheinen sie in der BWA. Zwischen diesen drei Schritten können sechs Monate liegen. Das bedeutet: PVS, Bank und Steuerkanzlei liefern ihre Daten zeitlich versetzt und in jeweils unterschiedlicher Aufbereitung.
Zwischen diesen Systemen bestehen keine Schnittstellen, die eine aussagekräftige Kennzahlenbildung ermöglichen würden. ZahnärztInnen haben es daher äußerst schwer, rechtzeitig verlässliche Kennzahlen zu gewinnen – und ohne diese ist eine zielgerichtete Steuerung nicht möglich.
Wie schätzen Sie den aktuellen Wissensstand über betriebswirtschaftliche Kennzahlen in den Praxen ein und wie unterstützen Sie ZahnärztInnen dabei, Effizienz und Wirtschaftlichkeit nachhaltig zu steigern?
Viele Praxen werden nach wie vor auf Basis von Erfahrungswerten, oft lückenhaften Informationen und Bauchgefühl geführt. Das hat lange gut funktioniert. Doch seit Corona sind die Personal-, Material- und Fremdlaborkosten um mehr als 30 % gestiegen – und die Gewinne gesunken. Viele Praxen finden hierzu keine Rezepte, um gegenzusteuern. Ein wesentlicher Grund ist das fehlende Kennzahlenwissen. Unser QuickCheck mit zwölf Fragen macht den Wissensstand messbar – im Schnitt erreichen ZahnärztInnen weniger als 50 %.
Mit unserer über 20-jährigen Beratungserfahrung unterstützen wir in dieser Situation mit unserem PraxisScore®. Hier führen wir Daten aus verschiedenen Quellen der Praxis zusammen, bereiten sie verständlich auf und identifizieren die Kennzahlen mit dem größten Wirkungsgrad. Auf dieser Basis setzen wir gezielte Maßnahmen um und verbessern so die Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Dank einer quartalsweisen Aktualisierung wirken die Verbesserungen nachhaltig und rechtzeitig – und verpuffen nicht im Praxisalltag.
Die Vereinbarkeit von wirtschaftlichem Erfolg und Lebensqualität ist vielen ZahnärztInnen ein Anliegen. Ist das realistisch – oder ein Widerspruch?
Das ist keineswegs ein Widerspruch. Ein realer Fall: eine große Praxis mit vier BehandlerInnen, eigenem Labor und vollem Terminbuch lief unter Hochdruck, entsprechend waren alle gestresst. Trotzdem erzielte sie nur einen mageren Gewinn. Laut BWA lag die Personalkostenquote bei 42 % – das war jedoch nicht die Ursache für den zu geringen Gewinn. Unsere Analyse ergab: Die Patientenzahl pro Behandler war viel zu hoch, während der Umsatz pro Patient zu niedrig war. Die Lösung: sofortiger Patientenstopp!
Nach zwei Quartalen sank die Anzahl der Patienten. Gleichzeitig stieg der Umsatz pro Patient überproportional an – denn es gab jetzt mehr Zeitfenster für umfassendere und ertragreichere Behandlungen. Das Ergebnis: weniger Stress für alle, mehr Umsatz und damit mehr Gewinn. Durch den gestiegenen Umsatz sank nebenbei auch die Personalkostenquote. Das Beispiel zeigt: Kennzahlen sind der Schlüssel zu einer deutlich besseren Work-Life-Balance.