Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Vorsorge & Finanzen
Inhaltsverzeichnis

Das Erbrecht kann komplex und herausfordernd sein, insbesondere wenn es um die Verteilung von Vermögen und die Regelung von Nachlässen geht. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, wie wichtig eine frühzeitige und sorgfältige Planung ist, um potenzielle Konflikte und rechtliche Probleme zu vermeiden.

Der Schlüssel zur Vermeidung von erbrechtlichen und steuerrechtlichen Problemen liegt in der Planung. Zur Analyse der „Ist“-Situation gehört neben der Erfassung der Vermögensstruktur und der steuerrechtlichen Aspekte auch die zivilrechtliche Planung und damit die Gestaltung von Regelungen, durch die Ihre Ziele und Wünsche erreicht werden sollen.

Was würde geschehen, wenn ich gestern gestorben wäre?

Diese Frage kann vereinfacht ausgedrückt die Ausgangssituation dafür sein, Probleme zu erkennen und sich selbst bewusst zu machen, was man für sich und die Angehörigen möchte.

Gesetzliche Erbfolge: Was ohne Testament gilt

Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge. Die Erbfolge regelt, wer in Deutschland das Vermögen eines Verstorbenen erbt, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt. Die gesetzliche Erbfolge ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt und folgt bestimmten Ordnungen. Hier sind die wesentlichen Punkte zur Erbfolge:

  • Erben erster Ordnung: Nachkommen (Kinder, Enkel, Urenkel, auch Adoptivkinder)

  • Erben zweiter Ordnung: Eltern, Geschwister

  • Erben dritter Ordnung: Großeltern, Onkel, Tanten

  • Erben vierter Ordnung: Urgroßeltern und deren Nachkommen

Wann entsteht eine Erbengemeinschaft?

Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch, wenn der Erblasser stirbt und mehrere Erben (z. B. Kinder, Ehepartner, Geschwister) vorhanden sind. Alle Erben haben gemeinsam Anspruch auf den Nachlass, der nicht sofort aufgeteilt wird.

  • Gemeinsames Eigentum: Der Nachlass gehört allen Erben gemeinsam. Jeder Erbe hat einen Miteigentumsanteil am gesamten Nachlass.

  • Verwaltung des Nachlasses: Die Erbengemeinschaft muss gemeinsam über die Verwaltung des Nachlasses entscheiden. Entscheidungen, die den Nachlass betreffen, erfordern in der Regel die Zustimmung aller Erben.

  • Verteilung der Erträge: Einkünfte aus dem Nachlass, wie Mieteinnahmen oder Zinsen, müssen unter den Erben aufgeteilt werden.

Welche Streitigkeiten können bei Erbengemeinschaften entstehen?

Erbengemeinschaften sind immer wieder Grund für erhebliche Streitigkeiten unter den Erben.

  • Konflikte zwischen den Erben: Uneinigkeit über die Verwaltung oder Aufteilung des Nachlasses kann zu Konflikten führen. Unterschiedliche Vorstellungen über den Wert von Vermögenswerten oder die Nutzung von Immobilien sind häufige Streitpunkte.

  • Verzögerungen: Die Auseinandersetzung des Nachlasses kann sich über längere Zeit hinziehen, insbesondere wenn viele Erben oder komplexe Vermögenswerte vorhanden sind.

  • Kosten: Die Verwaltung einer Erbengemeinschaft kann zusätzliche Kosten verursachen, z. B. für rechtliche Beratung oder die Erstellung von Gutachten.

Beteiligung von minderjährigen Kindern an Erbengemeinschaften

Häufig sind es auch Erbengemeinschaften unter Beteiligung von minderjährigen Kindern, die in der Verwaltung und Auflösung zu Problemen führen. Abweichungen zu den gesetzlichen Regelungen, die für die Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften gelten, können die Bestellung eines Ergänzungspflegers erfordern. Bei mehreren minderjährigen Kindern kann es auch erforderlich sein für jedes Kind einen Ergänzungspfleger zu bestellen, der trotz bestehenden Sorgerechts des überlebenden Elternteils Entscheidungen für die minderjährigen Kinder trifft.

Oftmals war den Erblassern nicht bewusst, welche seiner Angehörigen sich plötzlich in einer Erbengemeinschaft wiederfinden. So kann der längstlebende Ehegatte aus einer kinderlosen Ehe plötzlich in einer Erbengemeinschaft mit seinen Schwiegereltern oder einem Schwiegerelternteil und Schwager oder Schwägerin verbunden sein. Besonders unglücklich sind derartige Konstellationen, wenn die Schwiegereltern plötzlich anteilig die Eheimmobilie erben, in der Erbe und Erblasser zuvor während der Ehe gelebt haben.

Erbvertragliche Regelungen

Erbengemeinschaften lassen sich durch testamentarische/erbvertragliche Regelungen verhindern. Im Rahmen einer sogenannten letztwilligen Verfügung kann man seinen Willen definieren, Personen als Erben einsetzen, Erbquoten ändern, Testamentsvollstreckung anordnen, Pflichtteilsstrafklauseln einsetzen, Vermächtnisse anordnen, Auflagen erteilen und sogar steuerlich flexible Regelungen einbauen, um so beispielsweise das sogenannte Berliner Testament (Eheleute als Alleinerben und Kinder als Schlusserben) auch in steuerlicher Sicht effektiver auszugestalten.

Eine Zuordnung von Vermögensgegenständen ist möglich, auch um Streit und Zersplitterung des Familienvermögens vorzubeugen.

Was soll nach Ihrem Tod mit der Praxis geschehen?

Wichtige Fragestellung: Welche Regelung sieht Ihr Gesellschaftsvertrag für den Fall des Todes eines Gesellschafters vor?

Es empfiehlt sich genau zu prüfen, welche Auswirkungen gesellschaftsvertragliche Regelungen für den Todesfall unter Einbeziehung der gesetzlichen oder einer möglicherweise vorliegenden testamentarischen Regelung haben. Vor- und Nachteile von Fortführungs-, Eintritts- oder auch einfacher bzw. qualifizierter Nachfolgeklauseln in BAG-Verträgen sollten genau geprüft und auch in erbrechtlicher Hinsicht sinnvoll gestaltet werden.

Problematische Konstellationen können sich unter anderem immer dann ergeben, wenn nicht rechtzeitig geklärt wird, wer die Einzelpraxis erben soll. Die Einzelpraxis fällt den Erben zu, von denen meist niemand die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, um die Praxis weiterzuführen. Existiert keine Vorsorgevollmacht, die über den Tod des Erblassers hinaus gilt, kann es Wochen oder Monate lang dauern, bis die Erben ein sogenanntes „Legitimationspapier“ (Erbschein oder Eröffnungsbeschluss über das Testament) in den Händen halten. Bis dahin hat sich jedoch der über Jahrzehnte mühsam erarbeitete Patientenstamm schlimmstenfalls drastisch verringert. Sind die Erben schließlich handlungsfähig, ist der Schaden also schon eingetreten. Erbrechtliche Vorkehrungen und auch Vorsorgevollmachten können in einer solchen Situation Abhilfe schaffen.

Verschiedene Arten von Testamenten

Es gibt verschiedene Arten von Testamenten. Welche Form passend ist und welchen Inhalt ein Testament haben sollte, hängt von den persönlichen Vorstellungen und Wünschen ab. Diese zu definieren und in den Rahmen der steuerlichen und rechtlichen Möglichkeiten der Gestaltung einzubauen, ist Teil einer systematischen Erbrechtsplanung. Wichtig ist, den Inhalt eines Testaments regelmäßig zu kontrollieren und ggf. anzupassen.

Ein Testament ist im Gesamtkontext einer Nachlassplanung in der Regel nur eine flankierende Maßnahme. Sehr oft ergibt sich anhand der Auswirkungen eines „Probesterbens“ auch die Notwendigkeit bereits zu Lebzeiten Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen. Die sogenannte vorweggenommene Erbfolge ist ein wichtiger und effektiver Teil für den generationsübergreifenden Vermögenserhalt.

Schenkungen frühzeitig planen

Hierbei geht das Vermögen nicht durch Universalsukzession auf die Erben über, sondern im Wege einer Übertragung unter Lebenden. Diese kann insbesondere in Form von Schenkungen erfolgen.

Eine frühzeitige Planung ermöglicht beispielweise die Schenkungssteuerfreibeträge alle 10 Jahre erneut auszuschöpfen, um auf diese Weise mehrfach steuerfrei Vermögen auf die nächste Generation übertragen zu können. Es gibt Nießbrauchgestaltungen, durch die Vermögen unter dem Vorbehalt der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit übertragen werden kann und zusätzlich wegen der Anrechenbarkeit des kapitalisierten Nießbrauchwerts auf den Steuerwert des Schenkungsgegenstands erhebliche Werte im Rahmen der Freigrenzen übertragen werden können.

Die Vorteile einer vermögensverwaltenden Familiengesellschaft

Die Gründung einer vermögensverwaltenden Familiengesellschaft ermöglicht die Einbringung von Vermögen in die Gesellschaft und eine Beteiligung der Kinder durch eine schenkungsweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen. Gleichzeitig können sich die Eltern Stimmrechtsmehrheiten vorbehalten und so die Geschicke der Gesellschaft lenken und leiten. Auch die Beteiligung minderjähriger Kinder ist in bestimmten Gesellschaftsformen möglich. So kann die junge Generation schon frühzeitig an das Familienvermögen herangeführt werden unter gleichzeitiger Sicherung sämtlicher Handlungsbefugnisse der Eltern. Das Familienvermögen bleibt über Generationen erhalten.

Das Wichtigste zum Pflichtteil

Im Zuge von Schenkungen sind auch immer Fragen zum Pflichtteil und Pflichtteilsergänzungsansprüchen relevant. Ehegatten, Abkömmlingen und unter bestimmten Voraussetzungen auch die eigenen Eltern, können pflichtteilsberechtigt sein. Der Pflichtteil ist immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und stellt einen reinen Geldanspruch gegenüber dem/den Erben dar. Es ist der gesetzlich festgelegte Mindestanteil am Erbe, den die Pflichtteilsberechtigten erhalten müssen. Wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen getätigt hat, die den Pflichtteil beeinflussen könnten, kann ggf. der Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht werden. Durch diesen Anspruch soll sichergestellt werden, dass ein Pflichtteilsanspruch nicht dadurch untergraben wird, dass lebzeitige Schenkungen durchgeführt wurden, die das Erbe schmälern und damit den Pflichtteil schmälern.

Schenkungen die 10 Jahre zurück liegen, sind für die Bemessung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht mehr relevant. Oft wird aber übersehen, wann diese Frist überhaupt beginnt. Überträgt man beispielsweise eine Immobilie unter Nießbrauchvorbehalt auf sein Kind, beginnt die Frist erst ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Nießbrauchs. Sollte man durch Schenkungen bezwecken, Pflichtteilsansprüche von beispielsweise unliebsamen Abkömmlingen zu reduzieren, sollten diese und vergleichbare Stolperfallen vermieden werden.

Pflichtteilsansprüche können auch zu einer erheblichen finanziellen Belastung der Erben führen, wenn beispielsweise nicht liquide Vermögenswerte im Nachlass vorhanden sind und sich daraus Pflichtteilsansprüche ergeben, die nicht sofort bedient werden können. Solche Konstellationen haben nicht selten dazu geführt, dass Immobilien veräußert werden mussten, um den Pflichtteilsanspruch als Geldanspruch begleichen zu können.

Gesellschaftsrecht geht vor Erbrecht

Daneben sollte gerade auch im Hinblick auf Gesellschaften und/oder Beteiligungen auf eine Harmonisierung zwischen gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeregelungen und testamentarischen Regelungen geachtet werden. Gesellschaftsrecht geht vor Erbrecht!

Besser zu früh als zu spät

Wer sich frühzeitig um seine Vermögensverwaltung und die Nachfolge kümmert, sichert nicht nur sich selbst, sondern auch seinen künftigen Erben den Erhalt des Vermögens, vermeidet Streit, ermöglicht Verteilungsgerechtigkeit, verhindert übermäßige Belastungen durch Steuern und schafft nicht nur sich selbst, sondern auch den Angehörigen einen gewissen Seelenfrieden.

Es sollten immer verschiedene Perspektiven und Fachkenntnisse in den Planungsprozess integriert werden. Erst die Zusammenarbeit zwischen Ökonom, Steuerberater und Rechtsanwalt ermöglicht eine effektive Planung, da alle Facetten (Vermögensanalyse, Liquiditätsplanung, Steuern und zivilrechtliche Gestaltungs- und Lösungsansätze) benötigt werden und zusammenhängen.

 
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Rechtsanwalt Dirk Wenke ist seit 19 Jahren im Familien- und Erbrecht tätig. Er ist Fachanwalt für Familienrecht, Netzwerkpartner der apoBank für Erbrecht und Familien-recht und berät schwerpunktmäßig Freiberufler und Unternehmer, überwiegend im Gesundheitswesen. Neben komplexen Scheidungssachverhalten liegt der Fokus auf der Gestaltungsberatung im Erbrecht, insbesondere zu Gestaltungsformen der Vermögensnachfolge, des Vermögenserhalts, Steuervermeidung, Verteilungsgerechtigkeit und Streitvermeidung.
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