Orale Candidose (Mundsoor): Diagnostik und Therapie in der Zahnarztpraxis
Marzena SickingDie orale Candidose ist eine der häufigsten opportunistischen Mykosen der Mundschleimhaut. Besonders immunsupprimierte, systemisch erkrankte oder antibiotisch behandelte Patientinnen und Patienten sind betroffen. In der zahnärztlichen Praxis kommt der frühzeitigen Erkennung und differentialdiagnostischen Abgrenzung dieser Erkrankung eine entscheidende Bedeutung zu. Eine klare Diagnostik ist Voraussetzung für die Einleitung einer effektiven antimykotischen Therapie.
Ätiologie und Pathophysiologie
Orale Candidosen werden meist durch den Hefepilz Candida albicans verursacht, der zur physiologischen Mundflora gehört. Die Erkrankung entsteht, wenn lokale oder systemische Faktoren die Immunabwehr schwächen und die kommensale Besiedlung in eine pathogene Überwucherung übergeht. Risikofaktoren umfassen u. a. Xerostomie, schlecht sitzenden Zahnersatz, systemische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus), Kortikosteroid- oder Antibiotikatherapien sowie eine mangelnde Mundhygiene. Auch eine HIV-Infektion oder Tumortherapie zählen zu den relevanten Kontextfaktoren.
Klinische Erscheinungsformen
Die orale Candidose manifestiert sich in unterschiedlichen klinischen Varianten:
Die pseudomembranöse Form (klassischer „Mundsoor“) zeigt abwischbare weiße Beläge auf geröteter Schleimhaut, meist auf Zunge, Gaumen und Wangeninnenseiten.
Die erythematöse Variante ist weniger auffällig, aber besonders bei Prothesenträgern verbreitet und gekennzeichnet durch flache Rötungen, oft am Gaumen.
Die hyperplastische Candidose tritt seltener auf und zeigt persistierende weiße, nicht abwischbare Plaques, meist in Verbindung mit einer chronischen Reizung.
Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind Leukoplakien, Lichen planus, Lupus erythematodes sowie bakterielle oder virale Infektionen (z. B. Herpes simplex).
Diagnostik
Die Verdachtsdiagnose erfolgt klinisch. Bei atypischem Erscheinungsbild empfiehlt sich ein Abstrich mit kultureller Pilzanzucht oder eine mikrobiologische PCR-Untersuchung. Bei rezidivierenden oder therapierefraktären Verläufen sollte stets eine systemische Grunderkrankung in Betracht gezogen und ggf. interdisziplinär abgeklärt werden.
Therapieoptionen
Die Behandlung richtet sich nach der klinischen Form und dem Allgemeinzustand der Patientin oder des Patienten. Bei lokalisierter pseudomembranöser oder erythematöser Candidose sind topische Antimykotika wie Nystatin oder Amphotericin B Mittel der ersten Wahl. Die Anwendung erfolgt mehrmals täglich über mindestens sieben bis vierzehn Tage. Systemische Antimykotika wie Fluconazol kommen bei schweren oder generalisierten Fällen zum Einsatz, wobei auf Interaktionen und Leberparameter geachtet werden muss.
Begleitend sollte die Mundhygiene optimiert und vorhandene Risikofaktoren (z. B. schlecht sitzende Prothesen, Kortikosteroide) eliminiert oder angepasst werden. Eine Nachkontrolle ist essenziell, um den Therapieerfolg zu sichern und Rezidive frühzeitig zu erkennen.
Prophylaxe und Bedeutung für die zahnärztliche Betreuung
Die orale Candidose ist nicht nur ein lokales Geschehen, sondern oft Ausdruck einer gestörten lokalen oder systemischen Homöostase. Die regelmäßige Inspektion der Mundschleimhaut ist Teil der zahnärztlichen Routinediagnostik, insbesondere bei vulnerablen Patientengruppen. Auch prophylaktische Maßnahmen wie professionelle Zahnreinigung, Prothesenhygiene, Speichelersatzpräparate und die Aufklärung über Nebenwirkungen inhalativer Steroide sind wichtige Bestandteile der Betreuung.
FAQ für Patienten
Was ist Mundsoor?
Mundsoor, auch als orale Candidose bezeichnet, ist eine Pilzinfektion der Mundschleimhaut, die durch Hefepilze der Gattung Candida verursacht wird, meist durch Candida albicans. Diese Infektion führt häufig zu weißen, abwischbaren Belägen auf der Zunge, dem Gaumen, den Wangeninnenseiten und dem Zahnfleisch.
Wer ist besonders gefährdet, an Mundsoor zu erkranken?
Besonders gefährdet sind:
Neugeborene und Säuglinge: Ihr Immunsystem ist noch nicht vollständig entwickelt.
Ältere Menschen: Besonders, wenn sie Zahnersatz tragen.
Menschen mit geschwächtem Immunsystem: Z. B. HIV-Patienten oder Patienten unter immunsuppressiver Therapie.
Diabetiker: Durch erhöhte Zuckerkonzentrationen in den Schleimhäuten.
Patienten unter Antibiotika- oder Kortisontherapie: Diese Medikamente können das natürliche Gleichgewicht der Mikroflora im Mund stören.
Welche Symptome sind typisch für Mundsoor?
Zu den häufigsten Symptomen von Mundsoor zählen: Brennen und Schmerzen im Mund, Geschmacksveränderungen oder ein unangenehmer Geschmack im Mund, Rötung und Entzündungen der Mundschleimhaut und ein trockner Mund. In schweren Fällen können auch Schluckbeschwerden auftreten.
Wie wird Mundsoor diagnostiziert?
Die Diagnose wird in der Regel durch eine klinische Untersuchung gestellt, bei der die charakteristischen weißen Beläge sichtbar sind. In unklaren Fällen kann ein Abstrich genommen werden, um den Pilz mikroskopisch oder durch eine Kultur nachzuweisen.
Wie wird Mundsoor behandelt?
Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Antimykotika (pilzhemmenden Medikamenten), die lokal als Mundgel, Lutschtabletten oder Mundspülungen angewendet werden. Bei schweren oder wiederkehrenden Infektionen kann eine systemische Therapie mit Tabletten erforderlich sein. Zusätzlich sollten prädisponierende Faktoren, wie eine unzureichende Mundhygiene oder schlecht sitzender Zahnersatz, angegangen werden.
Kann Mundsoor verhindert werden?
Zu Maßnahmen, die präventiv gegen Mundsoor angewendet werden können, empfehlen Experten:
Regelmäßige und gründliche Mundhygiene
Vermeidung von übermäßigem Zuckerkonsum
Behandlung von Grunderkrankungen wie Diabetes
Regelmäßige Kontrolle und Reinigung von Zahnersatz
Vorsichtige Anwendung von Antibiotika und Kortisonpräparaten, um das Risiko einer Dysbiose zu minimieren
Ist Mundsoor ansteckend?
Mundsoor kann potenziell ansteckend sein, besonders bei engen Kontakten wie Küssen oder beim Teilen von Besteck. Die Ansteckungsgefahr ist jedoch gering, da der Pilz häufig bereits als Bestandteil der normalen Mundflora vorhanden ist und nur bei einer Schwächung des Immunsystems problematisch wird.
Was passiert, wenn Mundsoor unbehandelt bleibt?
Unbehandelter Mundsoor kann sich verschlimmern und zu einer chronischen Infektion führen. In schweren Fällen kann sich die Infektion auf den Rachen, die Speiseröhre oder sogar auf andere Organe ausbreiten, insbesondere bei immungeschwächten Personen. Dies kann zu ernsthaften Komplikationen führen und erfordert eine intensivere Behandlung.
Wie lange dauert die Behandlung von Mundsoor?
Die Behandlung dauert in der Regel 1 bis 2 Wochen. Es ist wichtig, die Therapie so lange fortzusetzen, wie vom Arzt empfohlen, auch wenn die Symptome schon vorher abklingen, um ein Wiederauftreten zu vermeiden.
Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen?
Ein Arztbesuch ist ratsam, wenn Die Symptome nicht innerhalb weniger Tage abklingen; Schmerzen, Schluckbeschwerden oder ausgedehnte Rötungen auftreten; Mundsoor wiederholt auftritt oder Sie zu einer Risikogruppe gehören (z. B. bei geschwächtem Immunsystem).
Quelle:S1-Leitlinie Diagnostik und Therapien von Candida-Infektionen, Akpan A, Morgan R. Oral candidiasis. Postgrad Med J 2002;78(922):455-459, Scully C, El-Kabir M, Samaranayake LP. Candida and oral candidosis: a review. Crit Rev Oral Biol Med 1994;5(2):125-157.