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Während Krankenkassen Millionen elektronischer Patientenakten (ePA) anlegen, bleiben die Zugriffe durch Versicherte gering. Wie die „Zeit“ berichtet, haben beispielsweise die AOK-Kassen 25,8 Millionen ePAs eingerichtet – doch lediglich rund 200.000 Versicherte haben bislang eine persönliche Gesundheits-ID aktiviert, um auf ihre Daten zuzugreifen. Das entspricht einem Nutzungsgrad von weniger als 0,8 Prozent.

Auch bei anderen großen Kassen sieht es ähnlich aus: Von den rund elf Millionen ePAs der Techniker Krankenkasse sind lediglich 750.000 im aktiven Gebrauch, bei der Barmer nutzen nur etwa 250.000 von 7,8 Millionen Versicherten das System tatsächlich.

Dr. Dr. Frank Wohl, Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK), sieht die Zahlen nicht als Überraschung, sondern als Bestätigung eines strukturellen Problems: „Kein Wunder, denn die Akte hat keinen Mehrwert.“

Warum die ePA kaum genutzt wird: Fehlende Funktionen und Struktur

Die Kritik von Dr. Wohl ist deutlich. Es fehle an grundlegenden Funktionen und Standards: „Bisher gibt es nicht einmal einheitliche Kategorien zur Befüllung der ePA, wie ‚Befund‘, ‚Bericht‘ oder ‚Arztbrief‘, von einer Volltextsuche ganz zu schweigen. Will sich der Arzt ein Bild von den Vorerkrankungen seines Patienten machen, muss er sich durch einen Wust an PDFs wühlen, die irgendwie bezeichnet sein können, zum Beispiel ‚Dokument17‘. Somit ist die ePA in ihrer jetzigen Form nichts weiter als ein elektronischer Schuhkarton voller Zettel. Smarte Lösungen sehen anders aus.“

Auch die Einbindung von Röntgenbildern ist aktuell fraglich, ebenso wie eine verlässliche mobile Anbindung, die es Notärzten ermöglichen würde, im Einsatz auf Notfalldaten zuzugreifen.

Technische Schwächen der elektronischen Patientenakte

Ein weiterer Kritikpunkt: Selbst wenn Patienten entscheiden können, welche Daten freigegeben werden und welche nicht – was ihr gutes Recht ist – bleibt unklar, ob die Informationen vollständig sind. Für Behandelnde entsteht dadurch eine unsichere Grundlage.

Zudem hätten in den vergangenen Monaten Sicherheitsforscher mehrere Datenschutzlücken aufgedeckt, was das Vertrauen in das System weiter untergräbt. „Die Hoffnung, bei Bewusstlosigkeit könne der Notarzt über die ePA auf die Notfalldaten des Patienten zugreifen, ist ebenfalls eine Luftblase, da es bislang keine mobile Anbindung gibt.“

Fazit zur ePA: Ohne nutzerorientierte Weiterentwicklung keine Zukunft

Dr. Wohl bringt seine Einschätzung auf den Punkt: „Keiner nutzt sie, weil sie mit dem jetzigen Konzept nutzlos ist.“ Solange es keine benutzerfreundliche Struktur, standardisierte Datenformate und vollwertige technische Funktionalität gibt, dürfte sich an der geringen Akzeptanz der ePA wenig ändern.

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