Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Praxis

I. Ermittlung des Praxiswerts

Der Veräußerung einer zahnärztlichen Praxis sollte stets eine Ermittlung des Praxiswerts vorangehen. Erst die Kenntnis des Marktwerts der Praxis eröffnet der Praxisinhaberin bzw. dem Praxisinhaber die Möglichkeit, für die Praxis einen realistischen Kaufpreis zu fordern und diesen auch zu erhalten.

Unterbleibt die Wertermittlung, wird eine Zahnarztpraxis keinen Käufer finden, wenn für die Praxis ein Kaufpreis gefordert wird, der deutlich über ihrem Marktwert liegt. Im umgekehrten Fall wird die Praxisinhaberin bzw. der Praxisinhaber die Zahnarztpraxis unter Wert veräußern.

Aber welche Bewertungsmethoden kommen infrage, wenn eine Zahnarztpraxis veräußert wird? Es haben sich mehrere Bewertungsmethoden durchgesetzt, die sich in zeitlicher und finanzieller Hinsicht erheblich unterscheiden.

1. Ermittlung des Vergleichswerts

Eine zeitsparende und kostengünstige Methode, den Wert einer Zahnarztpraxis zu ermitteln, ist die Ermittlung des Vergleichswerts der Praxis. Bei dieser Wertermittlung wird auf Verkäufe von vergleichbaren Praxen in der betreffenden Region innerhalb eines repräsentativen Zeitraums – häufig innerhalb eines Jahres – abgestellt.

Die Brauchbarkeit und die Aussagekraft des so ermittelten Vergleichswerts hängt entscheidend von der Datenmenge und von der Datenqualität ab, auf die bei der Wertermittlung zugegriffen werden kann. Stehen nur wenige Daten zur Verfügung und/oder unterscheiden sich die Vergleichspraxen bezüglich ihres Standorts, ihrer Ausstattung oder ihrer Patientenstruktur von der zu bewertenden Zahnarztpraxis zu stark, sinkt die Brauchbarkeit und die Aussagekraft des ermittelten Vergleichswerts rapide. Im Allgemeinen gibt der Vergleichswert deshalb nur einen groben Überblick über den Wert einer Zahnarztpraxis.

2. Ermittlung des Substanzwerts

Eine weitere Methode der Wertermittlung ist die Ermittlung des Substanzwerts einer Zahnarztpraxis. Bei dieser Methode wird der Wert des Anlagevermögens der betreffenden Praxis ermittelt. Dazu zählt neben der Praxisausstattung insbesondere das Grundstück, auf dem die Praxis betrieben wird. Diese Werte werden den betrieblichen Verbindlichkeiten der Praxisinhaberin bzw. des Praxisinhabers gegenübergestellt.

Brauchbarkeit und Aussagekraft dieser Bewertungsmethode sind umso geringer, je höher die zukünftigen Erträge sind, die in der zu bewertenden Zahnarztpraxis erwartet werden. Die fehlende Berücksichtigung der Ertragskraft einer Zahnarztpraxis macht die Subtanzwertmethode gerade bei ertragsstarken Zahnarztpraxen wenig brauchbar.

3. Ermittlung des Ertragswerts

Bei der Ermittlung des Ertragswerts einer Zahnarztpraxis wird davon ausgegangen, dass die abgezinste Summe aller Überschüsse, die in der betreffenden Praxis zukünftig erzielt werden, bereinigt um bestimmte Positionen, dem Marktwert einer Zahnarztpraxis entspricht. Das Ertragswertverfahren in seiner modifizierten Form ist die Bewertungsmethode, die vom Bundesgerichtshof (BGH) bei Praxisbewertungen favorisiert wird.

Bei der Ertragswertmethode werden im ersten Schritt die künftigen Überschüsse einer Zahnarztpraxis ermittelt. Hierfür werden den Umsätzen, die in der Praxis zukünftig erzielt werden, die Aufwendungen gegenübergestellt, die ebenfalls zukünftig anfallen. Diese Herangehensweise offenbart mehrere Probleme bzw. Unwägbarkeiten der Ertragswertmethode. Da die tatsächlichen zukünftigen Umsätze einer Zahnarztpraxis ungewiss sind, muss die Umsatz-Prognose anhand der Praxisumsätze der früheren Jahre getroffen werden.

Es liegt auf der Hand, dass sich gerade bei einer Praxisübernahme die Umsätze des Erwerbers der Praxis stark von den Umsätzen des alten Praxisinhabers unterscheiden können.

Zeitraum für Umsatzprognose wichtig

Darüber hinaus ist es häufig unklar, welcher vorangehende Zeitraum für die Umsatz-Prognose heranzuziehen ist. Gebräuchlich sind die letzten 3 bis 5 Jahre vor der Praxisübernahme. War die Umsatzentwicklung in der Zahnarztpraxis in diesem Zeitraum durch bestimmte einmalige Ereignisse, z. B. durch einen kurzfristigen todes- oder krankheitsbedingten Ausfall einzelner anderer Zahnarztpraxen am Ort, beeinflusst, muss der Umsatz-Prognose ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt oder einmalige Einflussfaktoren bei der Berechnung eliminiert werden.

Im zweiten Schritt müssen die ermittelten Überschüsse um einen kalkulatorischen Unternehmer-Zahnarztlohn gemindert werden. Dieser orientiert sich an den zukünftigen Überschüssen der betreffenden Zahnarztpraxis und im Übrigen an den üblichen Gehältern von angestellten Oberärzten.

Im dritten Schritt werden die anderen zwingenden Kostenfaktoren, die in der Zahnarztpraxis künftig anfallen, insbesondere voraussichtlich zu zahlende Steuern, abgezogen. Das Ergebnis ist der Nettoüberschuss der Zahnarztpraxis, der abgezinst werden muss. Die Summe der abgezinsten Umsätze für den Prognose-Zeitraum stellt den Wert einer Zahnarztpraxis nach der Ertragswertmethode dar.

4. Weitere Methoden der Wertermittlung

Neben den beschriebenen existieren weitere Methoden der Wertermittlung bzw. Unternehmensbewertung, die sich insbesondere für größere Praxisgemeinschaften und/oder Zahnarzt-MVZ eignen können. Charakteristisch für diese Methoden ist die Heranziehung von weiteren Faktoren im Rahmen der Unternehmensbewertung, die regelmäßig in einer oder mehreren Due Diligence ermittelt werden. Neben der Komplexität sind es vor allem die Zeit- und Kostenfaktoren, welche diese weiteren Methoden auszeichnen.

II. Kauf- und Übertragungsvertrag bei der Veräußerung einer Zahnarztpraxis

Sind sich die Parteien einer künftigen Praxisveräußerung einig geworden, fließt die Einigung in den Kauf- und Übertragungsvertrag zwischen den Parteien ein.

Zu beachten ist, dass das deutsche Recht für die meisten Verträge keine bestimmte Form vorschreibt. Wird mit dem Kauf- und Übertragungsvertrag allerdings auch ein Grundstück verkauft, bedarf der Kauf- und Übertragungsvertrag der notariellen Beurkundung. Es sollte dabei beachtet werden, dass nach dem Bestimmtheitsgrundsatz des deutschen Sachenrechts mitübereignete Gegenstände einer Zahnarztpraxis in einem Anlagenverzeichnis zum betreffenden Kauf- und Übertragungsvertrag einzeln aufgeführt werden sollten.

Sofern über einzelne Modalitäten der Praxisveräußerung noch Uneinigkeit besteht, die Parteien das vorläufige Ergebnis jedoch gleichwohl festhalten wollen, besteht die Möglichkeit, einen Vorvertrag zu schließen. Alternativ kann der Kaufvertrag mit einer aufschiebenden oder einer auflösenden Bedingung versehen werden.

1. Vorvertrag über den Kauf einer Zahnarztpraxis

Bei einem Vorvertrag besteht die zentrale Problematik regelmäßig darin, dass ein Vorvertrag bereits hinreichend bestimmt zu sein hat. Das heißt, aus einem Vorvertrag muss eine Vertragspartei auf den Abschluss des Hauptvertrages (hier: Zahnarztpraxis-Kaufvertrag) klagen können. Dieses Erfordernis ist erst erfüllt, wenn der Vorvertrag alle wesentlichen Bestandteile des späteren Kaufvertrages enthält, mit Ausnahme eines konkreten Kaufpreises für die Zahnarztpraxis. Stehen diese Bestandteile fest, werden die Parteien des späteren Kaufvertrages eher geneigt sein, statt des Vorvertrages bereits den Kaufvertrag abzuschließen. Im umgekehrten Fall wird regelmäßig weiterverhandelt und auch kein Vorvertrag ins Auge gefasst.

Nicht vergessen werden sollte im Übrigen, dass ein Vorvertrag bindend ist. Überlegt es sich eine Vertragspartei anders und verweigert den Abschluss des Hauptvertrages, hat die andere Vertragspartei die Möglichkeit, auf den Abschluss des Kaufvertrages zu klagen. Vereitelt eine Partei des Vorvertrages schuldhaft den späteren Abschluss des Kaufvertrages, kann die andere Vertragspartei Schadenersatz fordern.

2. Aufschiebende oder auflösende Bedingungen im Kaufvertrag

Weitere Möglichkeiten, etwaige Unsicherheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art abzufedern, ist die Vereinbarung aufschiebender oder auflösender Bedingungen im Kaufvertrag. Eine aufschiebende Bedingung liegt vor, wenn eine oder beide Vertragsparteien die Wirksamkeit des Kaufvertrages davon abhängig machen, ob ein zukünftiges ungewisses Ereignis eintritt. Kauft z.B. ein angehender Kieferchirurg eine Zahnarztpraxis noch bevor er die Approbation als Zahnarzt empfangen hat, kann er die Wirksamkeit seiner Willenserklärung auf den Abschluss des Kaufvertrages an die Erteilung der Approbation knüpfen. In diesem Fall wird die betreffende Willenserklärung erst wirksam, wenn die Approbation als Zahnarzt erteilt wird.

Im umgekehrten Fall einer auflösenden Bedingung wird der Kaufvertrag geschlossen und ist erst mal wirksam. Befürchtet eine oder beide Vertragsparteien jedoch, dass später Umstände eintreten, welche das Festhalten am Kaufvertrag nachträglich nicht mehr möglich machen, kann vereinbart werden, dass der Kaufvertrag bei dem Eintritt dieser Umstände unwirksam wird. Zu denken ist hier etwa an die gesetzliche Wiedereinführung einer Altersgrenze für die Zulassung als Vertragszahnarzt. Würde diese Altersgrenze wieder eingeführt, wäre ein Erwerber einer Zahnarztpraxis, der kurz vor dieser Altersgrenze steht, gut beraten, auf die Aufnahme einer auflösenden Bedingung in den Zahnarztpraxis-Kaufvertrag hinzuwirken. Selbstverständlich bedarf sowohl eine aufschiebende als auch eine auflösende Bedingung als eine vertragliche Regelung die Übereinstimmung beider Vertragsparteien.

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Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und KapitalmarktrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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