Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Recht & Steuern

Auch wenn die Zahl der Überstunden im Pandemiejahr 2020 deutlich gesunken ist: Mit 1,67 Milliarden (2019: 1,86 Milliarden) konnte sich die Einsatzbereitschaft der deutschen Arbeitnehmer durchaus sehen lassen. Mehrausgaben für die Arbeitgeber bedeutet die Mehrarbeit aber nicht immer: Laut Statistik ist die Hälfte der Überstunden unbezahlt, auch, weil viele Arbeitsverträge eine pauschale Abgeltung mit dem regulären Monatsgehalt vorsehen.

Pauschale Abgeltung von Überstunden laut Vertrag

So sinnvoll solche Formulierungen im Einzelfall auch sind: Praxischefs sollten bei der Vertragsgestaltung nichts dem Zufall überlassen. Zwar erlaubt die Rechtsprechung derartige Abgeltungsklauseln dem Grunde nach. Sie stellt an die konkrete Ausgestaltung aber hohe Anforderungen.

Wichtig ist, dass Beschäftigte von Anfang an erkennen können, wie viele Überstunden sie gegebenenfalls leisten müssen. Zudem muss klar sein, ob und wie Mehrarbeit vergütet bzw. ausgeglichen wird. Besondere Vorsicht ist überdies geboten, wenn es sich um einen vorformulierten Standardarbeitsvertrag handelt, der vorgibt, dass „mit dem Gehalt alle eventuell anfallenden Überstunden abgegolten“ sind. Aus einer solchen Formulierung können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weder erkennen, wie viel sie arbeiten müssen, noch wird klar, welche Gegenleistung sie dafür erhalten. Eine solch pauschale Klausel ist daher unwirksam  (vgl. BAG Az. 5 AZR 765/10).

Nicht jede Klausel zu Überstunden ist irreführend

Wenn ein Arbeitgeber hingegen sauber formuliert, ist die Abgeltung von Überstunden mit dem Grundgehalt – in einem gewissen Rahmen – möglich. Das belegt ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Az. 2 Sa 26/21).

Im konkreten Fall ging es um einen Arbeitnehmer mit einer 40-Stunden-Woche und einem Bruttomonatsgehalt von 1.800 Euro. Er hatte seinen Chef verklagt und Extrageld für knapp 90 Überstunden verlangt. Sein Arbeitsvertrag enthielt zwar eine Regelung, nach der bis zu zehn zusätzliche Stunden pro Monat mit der Grundvergütung abgegolten seien. Der Mann hielt diese Formulierung allerdings für unwirksam. Auch habe sein Chef ihn bei Vertragsschluss in die Irre geführt, da seine regelmäßige Wochenarbeitszeit regelmäßig mehr als die vereinbarten 40 Stunden betrage.

Vor Gericht konnte er sich mit dieser Auffassung allerdings nicht durchsetzen. Stattdessen entschieden die Richter, dass die Klausel den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteilige. Auch sei kein anderer Grund ersichtlich, warum die Formulierung unwirksam sei. Insbesondere lasse sich eine Abrede zur Überstundenabgeltung auch bei einem eher geringen Gehalt treffen. Wichtig sei allerdings, dass es faktisch nicht zu einer Unterschreitung des Mindestlohnes komme oder ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entstehe. Das aber sei vorliegend nicht der Fall. Eine Irreführung des Arbeitnehmers konnte das Gericht ebenfalls nicht erkennen, da der Arbeitsvertrag keine Aussage zur Häufigkeit von Überstunden enthalte.

Checkliste zum Thema Überstunden für Zahnärzte:innen

Mit Blick auf die aktuelle Entscheidung und andere grundlegende Urteile zu diesem Thema sollten Praxischefs folgende Punkte beachten, wenn sie Abgeltungsklauseln formulieren.

  • Die Regelung darf nicht überraschend sein. Daher sollte sie sich zum Beispiel unter den Überschriften „Vergütung“ oder „Überstunden“ finden.
  • Der Arbeitnehmer muss wissen, was auf ihn zukommt. Deshalb muss genau geregelt sein, wie viele Überstunden maximal ohne zusätzliche Vergütung zu leisten sind. Bisher hat die Rechtsprechung bis zu 20 Überstunden pro Monat unbeanstandet gelassen.
  • Durch die Abgeltung darf der Mindestlohn nicht unterschritten werden.
  • Zudem darf die Vergütung nicht unter die Grenze von zwei Dritteln der in der Branche bzw. Region üblichen Vergütung sinken.
  • Trotz Überstunden müssen Arbeitgeber darauf achten, dass ihre Arbeitnehmer die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten nicht überschreiten.