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Arbeitsrecht

Was zählt als Überstunden?

Im Gesetz wird der Begriff der Überstunden nicht genau definiert. Maßgeblich sind daher die Vorgaben des Arbeits- bzw. Tarifvertrags. Verwenden Arbeitnehmer mehr als die dort niedergelegte Zeit auf ihren Job, spricht man von Überstunden.

Eine angestellte Zahnärztin, die per Vertrag für die Schicht von acht Uhr bis 13 Uhr eingeteilt ist, macht also immer dann Überstunden, wenn sie nach 13 Uhr noch arbeitet. Wer besonders viele Überstunden leistet, endet irgendwann in der sogenannten „Mehrarbeit“. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Arbeitnehmer länger arbeitet, als nach dem Arbeitszeitgesetz erlaubt (siehe nächste Frage).

Wie viele Überstunden sind erlaubt?

Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Das Arbeitszeitgesetz schreibt lediglich vor, dass Arbeitnehmer pro Woche im Normalfall nicht mehr als 48 Stunden arbeiten sollen. Theoretisch könnten angestellte Mitarbeiter also von Montag bis Samstag jeweils acht Stunden schuften, ohne gegen die Vorgaben des Gesetzes zu verstoßen.

„Da die meisten Arbeitsverträge eine 40-Stunden-Woche vorsehen, dürfen Mitarbeiter daher problemlos acht Überstunden pro Woche machen“, erläutert Randhir K. Dindoyal, Rechtsanwalt in München. In Einzelfällen sind sogar 20 Überstunden pro Woche erlaubt. Der Grund: Das Arbeitszeitgesetz erlaubt es in Einzelfällen, die Arbeitszeit auf bis zu 60 Stunden pro Woche zu steigern. Dann allerdings muss der Chef sicherstellen, dass sich die Durchschnittsbelastung innerhalb von sechs Monaten wieder auf acht Stunden pro Tag einpendelt.

Müssen Angestellte auch gegen ihren Willen Überstunden machen?

Grundsätzlich müssen Praxismitarbeiter dann Überstunden leisten, wenn der Chef diese anordnet und anordnen darf. Die meisten Standardverträge enthalten eine entsprechende Ermächtigung für den Praxischef.

Die Rechtsprechung fordert zwar, dass Arbeitgeber neben den eigenen Interessen auch die Belange der Belegschaft berücksichtigen, doch die Praxis sieht anders aus. „Allerdings sind nur selten Konstellationen denkbar, in denen die Belange eines angestellten Zahnarztes überwiegen. Das gilt vor allem, wenn ein Notfallpatient zu versorgen ist oder es gilt, erkrankte Kollegen zu vertreten“, sagt Rechtsanwalt Dindoyal. Ausnahmen gelten allerdings für  Schwangere und Schwerbehinderte: Werdende Mütter dürfen grundsätzlich nicht mehr als acht Stunden pro Tag arbeiten. Schwerbehinderte müssen gegen ihren Willen gar keine Überstunden leisten.

Wie werden Überstunden bezahlt?

Das richtet sich nach den Regeln des Arbeits- bzw. Tarifvertrags. Ist dort eine konkrete Summe genannt, müssen Überstunden entsprechend vergütet werden. Voraussetzung dafür ist aber erneut, dass der Chef sie angeordnet oder gebilligt hat. Fehlt eine ausdrückliche vertragliche Regelung, besteht kein genereller Anspruch auf eine Vergütung.

„Das heißt allerdings nicht, dass die Arbeitnehmer in jedem Falle leer ausgehen“, so Rechtsanwalt Dindoyal. Die Rechtsprechung gesteht ihnen zumindest dann eine Vergütung zu, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles eine solche erwarten durften (vgl. etwa BAG, Az. 5 AZR 765/10). In Zahnarztpraxen dürfte diese Voraussetzung meist erfüllt sein.

Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme: Zahnärzte, deren monatliches Bruttogehalt die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung übersteigt, dürfen nicht ohne Weiteres erwarten, für Überstunden bezahlt zu werden.

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung steigt 2024: in den neuen Bundesländern auf 7.450 Euro im Monat (2023: 7.100/Monat), in den alten Bundesländern auf 7.550 Euro im Monat (2023: 7.300 Euro/Monat).

Kann der Arbeitsvertrag die Überstundenvergütung auch pauschal ausschließen?

Jein. Eine Klausel, wonach „mit dem monatlichen Gehalt alle anfallenden Überstunden“ abgegolten sind, hat die Rechtsprechung als zu allgemein verworfen. Sie ist daher ungültig. Arbeitnehmer haben daher trotzdem Anspruch auf eine „verkehrsübliche Vergütung“.

Praxischefs, die präziser formulieren, können die Überstundenvergütung aber zumindest in Teilen ausschließen: Bei Vollzeitkräften erlaubt die Rechtsprechung meist eine pauschale Abgeltung von bis zu 20 Überstunden pro Monat.

Wann dürfen Überstunden abgefeiert werden?

Wenn der Arbeitsvertrag dies vorsieht, können Arbeitnehmer in Absprache mit ihrem Chef die Extrastunden in Freizeit umwandeln.

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