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Das war es dann. Ein Zahnarzt, der als so genannter „Poolzahnarzt“ Notfalldienste für eine KZV absolviert, ist nicht per se selbstständig. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel entschieden (Az. B 12 R 9/21 R). Maßgeblich für die Einordnung des Status seien vielmehr, wie bei anderen Tätigkeiten auch, die konkreten Umstände des Einzelfalls.

Rentenversicherung votierte zunächst für Selbstständigkeit

Im entschiedenen Fall ging es um einen Zahnarzt, der im Jahr 2017 seine Praxis verkauft hatte und nicht mehr zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen war. In den Folgejahren übernahm er jedoch immer wieder Notdienste, die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZVBW) organisiert wurden.

Seine Leistungen erbrachte der Zahnarzt denn auch in deren Notdienstzentrum. Dafür erhielt er ein fixes Stundenhonorar. Eine patientenbezogene Abrechnung fand nicht statt.

Als die Rentenversicherung ein Statusfeststellungsverfahren durchführte, kam es zum Streit über die Frage, ob der Zahnarzt selbstständig oder abhängig beschäftigt sei. In den ersten beide Instanzen gingen die Gerichte – ebenso wie die Rentenversicherung – noch davon aus, dass die Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst als „selbstständig“ zu bewerten sei. Das Bundessozialgericht hat nun aber anders entschieden.

Eingliederung ins Notdienstzentrum der KZV

Die Kasseler Richter befanden, dass allein die Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst nicht automatisch eine selbstständige Tätigkeit nahelegt (Urteil vom 24.10.2023 – B 12 R 9/21 R).  Vielmehr sei auch in solchen Konstellationen eine Gesamtabwägung der konkreten Umstände vorzunehmen. Vorliegend sei der Zahnarzt wegen seiner Eingliederung in die Betriebsabläufe der KZV sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Dafür spreche seine Tätigkeit in den Räumen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, auf die er keinen entscheidenden und erst recht keinen unternehmerischen Einfluss hatte.

Ebenfalls gegen eine Selbstständigkeit sprach, dass der Zahnarzt unabhängig von den konkret durchgeführten Behandlungen auf Stundenbasis bezahlt wurde und keine Abrechnungsbefugnis (mehr) besaß. Gerade die aber sei für das Vertragszahnarztrecht typisch, so das BSG. Dass er bei den konkreten medizinischen Behandlungen frei und eigenverantwortlich handeln konnte, falle demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Infolgedessen unterlag der Zahnarzt bei der vorliegenden Notdiensttätigkeit der Versicherungspflicht.

Notfallpraxen werden mit sofortiger Wirkung geschlossen

Für die Organisation der kassen(zahn)ärztlichen Bereitschaftsdienste bedeutet das Urteil nichts Gutes. Bereits vor der Entscheidung hatte der Vorstand der KVBW die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in einem Schreiben auf ein mögliches Worst-Case-Szenario im ärztlichen Bereitschaftsdienst vorbereitet und Notfallmaßnahmen angekündigt. Diese hat er nun auch umgesetzt und mit sofortiger Wirkung die Tätigkeit der Poolärztinnen und Poolärzte im ärztlichen Bereitschaftsdienst beendet.

Diese Notbremse gilt mindestens so lange, bis die vollständige Urteilsbegründung vorliegt. In den kommenden Monaten werden in Baden-Württemberg daher nur zugelassene Vertragsärztinnen und Vertragsärzte oder vom MVZ zur Dienstübernahme bestimmte angestellte Ärzte Notdienste versehen. Entsprechend  bleiben zahlreiche Notfallpraxen ab sofort geschlossen.

Ob weitere KVen und insbesondere die KZVen diesem Vorbild folgen, bleibt abzuwarten.