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Eine Frau plant die Sanierung ihres Gebisses mit Implantaten. Da der Zahnarzt ihrer Wahl nicht an ihrem Wohnort niedergelassen ist, kontaktiert sie ihn im Vorfeld der Behandlung schriftlich. Dabei weist sie darauf hin, dass sie aus gesundheitlichen Gründen auf keinen Fall Metall im Oberkiefer haben wolle. Sie leide seit Jahren unter starken, elektrisierenden Schmerzen, die sich zum Beispiel beim Zähneputzen bemerkbar machten.

Der Zahnarzt erstellt daraufhin einen Kostenvoranschlag, der mit Keramik verblendete Kronen vorsieht, aber keine Vollkeramik. Daraufhin schreibt die Patientin erneut, sie bestehe auf Vollkeramikkronen. Die Implantate müssten vollkommen metallfrei sein.

Missachtung des erklärten Patientenwillens

Als die Behandlung beginnt, entfernt der Zahnarzt zunächst zwei kariöse Zähne (Zahn 26 und 27) und implantiert dann, nach Augmentation des Kieferkammes, mit körperfremdem Material zwei Backenzähne (Zahn 25 und 26) im linken Oberkiefer der Patientin. Er verwendet dabei Ankylos-Implantate, die ausschließlich aus Titan bestehen und mit Vollkeramik-Abutments und Vollkeramikkronen versorgt werden.

Die Patientin verklagte den Arzt daraufhin nicht nur auf Schmerzensgeld wegen eines Behandlungsfehlers, sondern verlangte auch die Rückzahlung des Honorars. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg (Az. 12 U 173/20) entschied.

Aufklärungsbogen fehlte

Zwar hatte der Zahnarzt im Verfahren behauptet, die Frau habe der Verwendung des Titan-Implantats zugestimmt. Die Behandlungsdokumentation stützte diese Aussage allerdings nicht. Ihr war lediglich zu entnehmen, dass beim Aufklärungsgespräch mit der Patientin besprochen wurde, dass „Ankylos-Implantate“ zum Einsatz kommen sollten. Ein Hinweis darauf, dass diese Implantate Titan, also Metall enthalten, ergab sich daraus jedoch nicht. Auch fehlte ein ausgefüllter Aufklärungsbogen.

Ein solcher wäre aber zwingend notwendig gewesen, da die Frau mehrfach betont habe, dass auf die Verwendung von Metall verzichtet werden solle. Weil er diesem ausdrücklichen Wunsch seiner Patienten auf den Verzicht von Metall nicht entsprochen habe, habe der Zahnarzt deren Selbstbestimmungsrecht verletzt, so das Gericht.

Verzicht auf Metall problemlos möglich

Unerheblich sei es deshalb auch, ob die Patientin tatsächlich unter einer Titanunverträglichkeit leide. Der Zahnarzt habe ihren Wunsch auch so akzeptieren müssen, zumal die gewünschte Maßnahme ebenfalls dem zahnärztlichen Standard entsprach. Vollkeramikimplantate ohne Metall werden seit mehr als 20 Jahren problemlos verwendet.

Da der Zahnmediziner die Patientin nicht sachgerecht aufgeklärt und gegen ihren ausdrücklichen Wunsch Implantate aus Metall eingesetzt hatte, sei der Eingriff ohne Einwilligung erfolgt. Auch wenn der Zahnarzt objektiv den zahnärztlichen Standard gewahrt habe, habe er nicht die geschuldete Behandlung durchgeführt. Deshalb schulde er nicht nur die Erstattung des gezahlten Honorars. Der Patientin stehe auch ein Schmerzensgeld von 1.500 € zu.

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