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Zahnmedizin
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Niedriger Vitamin-D-Spiegel bei Patienten mit Parodontitis

Nachdem epidemiologische Studien mit hoher Konsistenz zeigen konnten, dass der Vitamin-D-Spiegel bei Patienten mit Parodontitis im Vergleich zu Patienten mit parodontaler Gesundheit erniedrigt ist, wird vielfach eine Nahrungsergänzung mit Vitamin-D-Präparaten in Erwägung gezogen. Das Ziel ist dabei den Vitamin-D-Spiegel anzuheben und (wieder) in physiologische Bereiche zu überführen. Es soll der Risikofaktor Vitamin-D-Mangel eliminiert und sowohl der Knochenstoffwechsel als auch der Ablauf der parodontalen Entzündungsreaktion optimiert werden. Eine aktuelle, im Journal of Clinical Periodontology publizierte Studie gibt in diesem Kontext einige sehr willkommene Anhaltspunkte und hilft so klinische Empfehlungen einer Vitamin-D-Supplementierung zu erarbeiten.

Vitamin-D-Gabe bei Patienten mit Parodontitis und parodontal Gesunden

Bei den Studienteilnehmern lagen Vitamin D typische allgemeinmedizinische Mangelsymptome, die eine Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels erforderten, vor. Im Rahmen der hier nun näher betrachteten türkischen, prospektiven, klinischen Studie wurden 101 Probanden eingeschlossen und einer parodontal gesunden, einer Gingivitis- und einer Parodontitis-Gruppe zugewiesen. Die Teilnehmer erhielten bei einem Vitamin-D-Spiegel <10 ng / ml 2 x wöchentlich und bei einem Vitamin-D-Spiegel von 10-20 ng / ml1x wöchentlich eine ärztlich verordnete Supplementierung von 20.000 IE Vitamin D (Cholecalciferol, D-Colefor, Vefa Ilaç, Istanbul, Türkei). Ein Monat nach dieser Intervention wurden der Vitamin-D-Spiegel im Serum, die Konzentration des potentiellen parodontalen Biomarkers MMP-9 im Sulkusfluid und die klinischen Parameter erneut bestimmt.

Auswirkungen der Vitamin-D-Gabe auf Studienteilnehmende

Während der Vitamin-D-Spiegel zu Studienbeginn bei den Parodontitispatienten am niedrigsten war, zeigte die MMP-9 Konzentration initial die höchsten Werte. Der Vitamin-D-Spiegel nahm in allen Gruppen vergleichbar von durchschnittlich 9,752 ng / ml auf 28,6 ng / ml nach einem Monat signifikant zu. Hinsichtlich des Anstiegs bestanden jedoch große individuelle Schwankungen. Während 44 % der Probanden nach der Supplementierung einen Vitamin-D-Spiegel oberhalb der Zielgröße von 30 ng / ml aufwiesen, zeigten 6,9 % der Probanden noch zu niedrige Werte von < 20 ng / ml. Bei einem parodontal gesunden Patienten konnte trotz Supplementierung keine wesentliche Zunahme detektiert werden. In allen Gruppen wurde eine signifikante Abnahme des Volumens des Sulkusfluids, der Gingiva- und Plaque-Indizes und des MMP-9 Spiegels im Sulkusfluid bei Studienende nachgewiesen. Die Zunahme des Vitamin-D-Spiegels im Serum korrelierte mit den Veränderungen der MMP-9 Konzentration und der Sondierungstiefe.

Hinweise für Zahnärzte in Bezug auf Vitamin-D-Supplementierung

Durch Leitlinien definierte oder gar studienbasierte Protokolle zu Vitamin-D-Diagnostik und -Supplementierung in einem zahnärztlichen Kontext sind derzeit in Arbeit und noch nicht verfügbar. Art, Dosis und Zeitrahmen der Vitamin-D-Supplementierung sind daher zu großen Teilen leider noch abhängig von der Erfahrung des jeweiligen Klinikers. In der Hierarchie der Evidenz höherstehende Hinweise, idealerweise aus klinischen Studien mit parodontal relevanten Endpunkten, sind demnach sehr willkommen, um die entsprechenden Fragen zur Nahrungsergänzung zu beantworten.

Da nicht nur die Vitamin-D-Supplementierung, wann immer möglich personalisiert und auf die betreffende Person mit Verdacht auf einen Vitamin-D-Mangel hin genau angepasst sein sollte, besteht bei betroffenen Patienten zunächst die Notwendigkeit einer aktuellen Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels. Die Studiendaten hier zeigen deutlich erniedrigte Werte bei Parodontitispatienten und eine gruppenübergreifende große Bandbereite an Veränderungen des Vitamin-D-Spiegels nach einer Vitamin-D-Gabe über 4 Wochen. Da das Erreichen des in der Studie angesetzten eher konservativen Zielspiegels von etwa 30 ng / ml abhängig von zahlreichen Faktoren, wie beispielsweise Übergewicht, und im gegebenen Fall nicht sicher vorhersagbar ist, legt das eine erneute Bestimmung und gegebenenfalls Justierung der Supplementierung frühestens 4 Wochen nach Beginn der Vitamin-D-Einnahme nahe.

Bezüglich der Nahrungsergänzung mit Vitamin D ist ferner zu berücksichtigen, dass dies fettlöslich ist und daher in geeigneter Form, das heißt mit Kapseln, Spray oder Tropfen zugeführt werden sollte. Auch die Art der zeitlichen Applikation ist von Relevanz. Entgegen der hier verwendeten zwei- oder einmal wöchentlichen Gabe einer hohen Dosierung, legen andere Empfehlungen Vorteile einer täglichen Gabe kleinerer Dosierungen (2.000 –  4.000 IE / tgl) nahe.

Quelle:

Gurbanov V, Öztürk A, Dogruel F, Saraçoglu H, Yazıcı C. Increasing Serum Vitamin D Levels Reduces Gingival Crevicular Fluid Matrix Metalloproteinase-9 Levels in Periodontal Health and Diseases. J Clin Periodontol. 2025 Aug;52(8):1115-1124

Prof. Dr. Clemens Walter

Prof. Dr. med. dent. Clemens Walter

Abteilung für Parodontologie, Oralmedizin und Oralchirurgie Charité Centrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde

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