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Unter Drittländern verstehen wir Staaten außerhalb von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), die zusammen mit EFTA (European Free Trade Association) – Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein – den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bilden. Die Schweiz als vierter EFTA-Staat hat das EWR-Abkommen nicht ratifiziert und gehört damit aus der Sicht der EU bzw. des EWR zu den Drittländern.

Direktinvestition vs. Portfolioinvestition in Drittländern

Bei der Darstellung von Investitionen in Drittländern ist es zweckmäßig, zwischen Direktinvestitionen und sogenannten Portfolioinvestitionen zu unterscheiden.

Unter Direktinvestitionen werden in der Regel Investitionen qualifiziert, die einen langfristigen Charakter aufweisen und einem Anleger darüber hinaus einen wesentlichen Einfluss auf das Objekt seiner Investition verschaffen.

Die Deutsche Bundesbank geht davon aus, dass Direktinvestitionen einen Erwerb von Stimm- und/oder Mitgliedschaftsrechten am Investitionsobjekt in Höhe von mehr als 10 % voraussetzen. Wird diese Grenze nicht erreicht, geht man regelmäßig von einer Portfolioinvestition aus, insbesondere wenn der Anleger im Zielland keine langfristigen Investitionen bezweckt.

Trotz multilateraler Abkommen im Völkerrecht gibt es Risiken

Im Unterschied zu Investitionen in der EU bzw. im EWR sollte man sich vergegenwärtigen, dass sich Rechtsordnungen von Drittländern erheblich vom deutschen Recht unterscheiden können. Das gilt vor allem für das Investitionsrecht.

Zwar existieren einige bedeutende multilaterale Abkommen im Völkerrecht, welche grenzüberschreitende wirtschaftliche Betätigung und Investitionen von Ausländern erheblich erleichtern, zum Beispiel das WTO-Abkommen (World Trade Organization). Gleichwohl bleibt das Investitionsrecht weitestgehend nicht harmonisiert, sodass ein ausländischer Anleger, je nach seinen Investitionsvorhaben, im Investitionsland erheblichen Risiken ausgesetzt sein kann.

Souveränität des Investitionslandes kann höher gewichtet sein

Aber auch im Anwendungsbereich von völkerrechtlichen Abkommen sollte ein Anleger beachten, dass die betreffenden Abkommen die völkerrechtliche Souveränität eines Investitionslandes nicht per se einschränken. Selbst in der Bundesrepublik Deutschland, die dem Ziel der Rechtssicherheit und der Rechtsstaatlichkeit besonders verpflichtet ist, kann das geltende und bindende Völkerrecht den Eingriffen des innerstaatlichen Gesetzgebers ausgesetzt sein, ohne das innerstaatliche Verfassungsgerichtsbarkeit solchen Eingriffen in jedem Fall Einhalt gebietet.

So pflegt Deutschland seit vielen Jahrzehnten einzelne Regelungen in steuerlichen Doppelbesteuerungsabkommen innerstaatlich für nicht anwendbar zu erklären, wenn die betreffenden Regelungen vermeintlich oder tatsächlich für missbräuchliche Gestaltungen genutzt werden können. Diese völkerrechtswidrige Praxis hält das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG) trotz erheblicher Bedenken in der Rechtsprechung und Wissenschaft nicht grundsätzlich für verfassungswidrig und bestärkt den deutschen Gesetzgeber hierdurch in seiner völkerrechtswidrigen Praxis.

Investitionsabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten beendet

Ein anderes Beispiel sind Investitionsschutzabkommen zwischen einzelnen EU-Mitgliedstaaten, die die Europäische Kommission generell als europarechtswidrig einstuft. So kamen die EU-Mitgliedstaaten 2020 dahingehend überein, ihre gegenseitigen bilateralen Investitionsschutzabkommen zu beenden.

Obwohl die meisten betreffenden Investitionsschutzabkommen sog. Nachwirkungsklauseln enthielten, nach denen der Investitionsschutz selbst viele Jahre nach der Beendigung eines Investitionsschutzabkommens nachwirkt, setzten sich die EU-Mitgliedstaaten über diese Nachwirkungsklauseln hinweg und regelten in ihrem Übereinkommen zur Beendigung bilateraler Investitionsschutzabkommen, dass die Nachwirkungsklauseln beendet werden und keine Rechtswirkungen mehr entfalten.

Bedeutung der Menschenrechtskonvention bei Investitionen in Drittländern

Außerhalb der EU bzw. des EWR kommt den Menschenrechten und den Rechtsschutzgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) eine große Bedeutung zu, da der Kreis von Vertragsstaaten der EMRK erheblich über den der EU bzw. des EWR hinausgeht. Aktuell gehören zur EMRK insgesamt 46 Mitgliedstaaten.

Eine überragende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang auch den Zusatzprotokollen zur EMRK, insbesondere dem Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls der EMRK, der den Schutz des Eigentums in den Vertragsstaaten garantiert, die die EMRK und den 1. Zusatzprotokoll ratifiziert haben. Die Eigentumsgarantie des 1. Zusatzprotokolls der EMRK umfasst nicht nur das sachenrechtliche Eigentum, sondern auch Forderungen und Rechte, insbesondere Mitgliedschaftsrechte von Anlegern, welche diese aufgrund ihrer Investition im Ausland erworben haben.

Ein Entzug dieser Rechte ist nur im Ausnahmefall möglich, nämlich wenn das öffentliche Interesse das Eigentumsrecht eines Anlegers erheblich übersteigt, der Eingriff in das betreffende Recht auf einer ordnungsgemäßen Rechtsgrundlage in einem formellen Gesetz beruht, der Eingriff selbst verhältnismäßig ist und der Entzug des Eigentums dem Berechtigten in voller Höhe und inklusive aller damit verbundenen Nachteile wertmäßig ersetzt wird.

Zu beachten ist, dass die Eigentumsgarantie nach dem 1. Zusatzprotokoll der EMRK nicht erst vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der Verstöße gegen die EMRK sanktioniert, sondern von jedem Gericht und jeder Behörde eines Vertragsstaates der EMRK zu beachten ist. Kommt es deshalb zu einem Verstoß gegen die Eigentumsgarantie in einem Investitionsland, das eine Vertragspartei der EMRK ist, sollte der Betroffene frühzeitig neben dem innerstaatlichen Recht des Investitionslandes auch die Verletzung des 1. Zusatzprotokolls der EMRK rügen.

Hohe Bedeutung: deutsche bilaterale Investitionsschutzabkommen

Neben der EMRK, bzw. weit über deren Vertragsstaaten hinaus, entfalten deutsche bilaterale Investitionsschutzabkommen mit Drittländern eine hohe Bedeutung. Aktuell unterhält die Bundesrepublik Deutschland mit mehr als 130 Staaten bilaterale Investitionsschutzabkommen. Einen Überblick über die geltenden deutschen Investitionsschutzabkommen gibt die Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.

Die meisten deutschen Investitionsschutzabkommen stellen bereits in ihrem Art. 1 unmissverständlich klar, dass sie Vermögenswerte jeder Art schützen, die von einem Investor eines Vertragsstaats im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats angelegt wurden. Hieraus folgt, dass unter den Anwendungsbereich eines deutschen Investitionsschutzabkommens nicht nur direkte Investitionen, sondern auch indirekte Portfolioinvestments fallen.

Wer fällt unter die deutschen Investitionsschutzabkommen?

Aus der Sicht der Bundesrepublik Deutschland verstehen deutsche Investitionsschutzabkommen unter einem Investor deutsche Staatsbürger als natürliche Personen sowie jede Gesellschaft oder Vereinigung mit oder ohne Rechtspersönlichkeit mit dem Sitz in Deutschland. Einzelne Investitionsschutzverträge sehen darüber hinaus Regierungen, Finanzbehörden und staatliche Fonds eines Vertragsstaats explizit als Investoren vor und stellen diese dadurch unter den vertraglichen Schutz.

Bezeichnenderweise sehen die meisten deutschen Investitionsschutzabkommen keine weitergehenden Anforderungen in Bezug auf Beteiligungs- und/oder Beherrschungsverhältnisse an den Gesellschaften bzw. Vereinigungen, die als Investoren in den Anwendungsbereich von Investitionsschutzabkommen fallen. Daraus folgt, dass auch Gesellschaften und andere Vereinigungen in den Anwendungsbereich von Investitionsschutzabkommen fallen, welche zwar ihren Sitz in einem Vertragsstaat haben, jedoch nicht von Staatsangehörigen des Sitzstaates der Gesellschaft beherrscht werden.

3 Schutzklauseln in den Investitionsschutzabkommen für ausländische Anleger

Deutsche Investitionsschutzabkommen enthalten regelmäßig drei Schutzklauseln, welche dem Schutz von ausländischen Investitionen dienen: es sind der Schutz vor Enteignungen sowie vor vergleichbaren staatlichen Maßnahmen und das Gebot der gerechten und billigen Behandlung von ausländischen Investitionen.

Schutz vor Enteignungen

Der Schutz vor Enteignungen ist seit jeher der Kernbestand des internationalen Investitionsschutzrechts. Deutsche Investitionsschutzabkommen erlauben Enteignungen von ausländischen Kapitalanlagen lediglich zum Wohle der Allgemeinheit und nur gegen Entschädigung. Die Bemessung der zu leistenden Entschädigung erfolgt nach dem Wert der Kapitalanlage unmittelbar vor dem öffentlichen Bekanntwerden der Enteignung, wobei spätestens im Zeitpunkt der Enteignung für die Festsetzung und Leistung der Entschädigung Vorsorge getroffen worden sein muss und die Entschädigung unmittelbar nach der erfolgten Enteignung zu leisten ist.

Als problematisch können sich Maßnahmen erweisen, die zwar die Schwelle einer formellen Enteignung nicht erreichen, jedoch die tatsächliche Nutzung des Eigentums eines Anlegers weitestgehend unmöglich machen. Das Gleiche gilt auch für vergleichbare staatliche Maßnahmen, da auch diese faktische schwerwiegende Beeinträchtigungen des Eigentums nach sich ziehen. Bei der Beurteilung der konkreten staatlichen Eigentumsbeeinträchtigung sind alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen, da der faktische Eigentumsentzug auf vielfältige Weise möglich ist. Eine indirekte Enteignung ist z. B. auch dann anzunehmen, wenn Steuervergünstigungen widerrufen oder Steuern bzw. Abgaben entgegen der früheren Zusicherungen extrem erhöht werden.

Gebot der gerechten und billigen Behandlung von ausländischen Investitionen

Das Gebot der gerechten und billigen Behandlung von ausländischen Investitionen gehört neben dem Schutz vor Enteignungen zum unabdingbaren Kanon der deutschen Investitionsschutzabkommen. Zu einer solchen gerechten und billigen Behandlung gehört es insbesondere, berechtigte Erwartungen ausländischer Investoren in Bezug auf die Beständigkeit der Rechtsordnung und die Einhaltung völkervertraglicher Verpflichtungen durch den anderen Vertragsstaat zu gewährleisten.

Ausländische Investoren dürfen deshalb davon ausgehen, dass der betreffende ausländische Staat seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen wird und diese nicht etwa durch innerstaatliches Recht einseitig verletzt. Diese berechtigten Erwartungen von ausländischen Investoren können nicht etwa mit dem Argument konterkariert werden, der betreffende ausländische Staat sei aufgrund seiner umfassenden staatlichen Souveränität berechtigt, über sein Recht zu disponieren.

Diese Dispositionsbefugnis wird vom Investitionsschutzabkommen nicht tangiert, vielmehr führt eine Verletzung des Gebots zur gerechten und billigen Behandlung von ausländischen Investitionen dazu, für eine solche Verletzung eine angemessene Entschädigung leisten zu müssen.

Wenn Rechte des Investors in Drittländern verletzt werden

Werden Rechte eines Investors aus einem Investitionsschutzabkommen verletzt, unterwerfen deutsche Investitionsschutzabkommen Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Vertragsstaat und dem ausländischen Investor einem Schiedsverfahren, bei dem das Schiedsgericht ad-hoc gebildet wird.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und KapitalmarktrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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