Zahnverlust und Zahnersatz kodieren – K08 im Überblick
Marzena SickingWann und wie kodiert man Zahnverlust oder Prothesenkomplikationen korrekt? Dieser Beitrag zeigt, wie Sie in Ihrer Praxis die ICD-10-Kodes aus Kapitel K08 sicher anwenden können.
Zahnverlust zählt zu den zentralen Befunden in der zahnärztlichen Diagnostik – mit unmittelbarer Relevanz für die Planung von Zahnersatzmaßnahmen, die Abrechnung von Festzuschüssen und die Begründung prothetischer Indikationen. Auch Komplikationen mit Zahnersatz erfordern eine systematische Dokumentation. Die ICD-10-GM stellt für diese Befundgruppen das Kapitel K08 zur Verfügung.
K08 – Das Kapitel für Zahnersatz, Zahnverlust und verwandte Störungen
Das ICD-10-Kapitel K08 trägt den Titel „Sonstige Störungen der Zähne und des Zahnersatzes“. Es kommt immer dann zur Anwendung, wenn kein aktiver kariöser oder parodontaler Prozess mehr vorliegt, sondern ein Zustand nach Zahnverlust, eine Zahnersatzsituation oder eine Komplikation im Mittelpunkt steht.
Folgende Unterkategorien sind praxisrelevant:
K08.1 – Zahnverlust nach Unfall, Extraktion oder anderen Ursachen
K08.2 – Atrophie des Alveolarknochens
K08.3 – Retinierte Zähne
K08.4 – Impaktierte Zähne
K08.5 – Unzureichender Zahnaufbau für prothetische Versorgung
K08.8 – Sonstige näher bezeichnete Störungen
K08.9 – Nicht näher bezeichnete Störung des Zahnersatzes
Diese Codes erfassen sowohl physiologische Veränderungen nach Zahnverlust als auch technische Probleme bei der prothetischen Versorgung.
Kodierung von Zahnverlust: Typische Anwendungsszenarien in der Praxis
In der zahnärztlichen Abrechnungspraxis ist die Kodierung von Zahnverlust besonders relevant im Rahmen von Festzuschussplanungen (ZE-Richtlinien), da hier die medizinische Indikation für Zahnersatz belegt werden muss. Der Standardcode hierfür ist K08.1.
Beispiel: Ein Patient hat durch fortgeschrittene Parodontitis mehrere Zähne verloren. Die geplante Versorgung mit festsitzendem Zahnersatz wird beantragt. → ICD-10-Code: K08.1
Ist zusätzlich eine Alveolarkammatrophie vorhanden, etwa durch lange Zahnlosigkeit, kann ergänzend K08.2 angegeben werden – etwa zur Begründung für augmentative Maßnahmen oder eine besondere Prothesengestaltung.
Kommt es zu Problemen mit der Pfeilerstabilität bei überkronungsbedürftigen Zähnen, ist K08.5 anwendbar: „Unzureichender Aufbau für prothetische Versorgung“.
Abgrenzung der K08 zu anderen Diagnosegruppen
K08 ist keine akute Krankheitsdiagnose, sondern bildet in erster Linie Folgezustände, Befunde und funktionelle Einschränkungen ab. Daher sollte K08 nicht mit Codes wie K02 (Karies) oder K05 (Parodontitis) kombiniert werden, wenn ein aktiver Prozess im Vordergrund steht. In solchen Fällen gehört K08 nachrangig dokumentiert – etwa zur Darstellung der Folgeschäden.
Ebenfalls wichtig: K08-Codes sollten nicht pauschal oder als Lückenfüller verwendet werden, wenn eigentlich eine andere Hauptdiagnose zutreffend ist. Der Code K08.9 („nicht näher bezeichnet“) sollte möglichst vermieden werden, da er keinerlei Differenzierung erlaubt und bei Prüfungen zu Rückfragen führen kann.
ICD-10-Kodierung bei prothetischen Komplikationen
Zahnersatz kann funktional oder strukturell versagen – sei es durch Materialversagen, biologische Probleme oder unzureichende Anpassung. In solchen Fällen bietet ICD-10 keine spezifischen Codes auf GOZ-Niveau, aber K08.8 kann als Auffangdiagnose verwendet werden – etwa bei schlecht sitzenden Prothesen, nicht tolerierbarem Zahnersatz oder Implantatkomplikationen ohne Periimplantitis.
Für Implantatkomplikationen mit Entzündung ist derzeit ein Rückgriff auf K05.2 (akute Parodontitis) oder K05.3 (chronisch) üblich, da ICD-10 keine eigene Position für Periimplantitis enthält (erst in ICD-11). Die Kombination aus K08.8 + K05.3 kann hier angezeigt sein.
Dokumentationspraxis mit K08: Klarheit schafft Sicherheit
Die strukturierte Anwendung der K08-Diagnosen ist ein wichtiger Bestandteil moderner prothetischer Planung. Sie unterstützt:
die medizinische Begründung von Festzuschüssen
die strukturierte Darstellung prothetischer Ausgangssituationen
die rechtssichere Dokumentation bei Behandlungsstreitigkeiten
die digitale Kommunikation mit Krankenkassen und Gutachtern
Zahnärzte sollten bei jeder prothetischen Maßnahme prüfen, ob ein K08-Code medizinisch zutreffend ist – und ihn gezielt verwenden, um die Versorgungsrealität differenziert abzubilden.