ICD-10 bei Privatleistungen in der Zahnmedizin – Pflicht oder Kür?
Marzena SickingIst die ICD-10-Kodierung bei GOZ-Leistungen vorgeschrieben? Teil 9 der Serie zeigt, wann sie zumindest sinnvoll für Ihre Praxis ist – auch ohne gesetzliche Pflicht.
Während die ICD-10-Kodierung im Bereich der GKV-Leistungen rechtlich verpflichtend ist, herrscht bei Privatleistungen oft Unsicherheit: Muss man auch bei GOZ-Positionen Diagnosen verschlüsseln? Was sagen Kammern, Versicherer und Gerichte dazu? Und welchen Nutzen bringt die Kodierung meiner Praxis überhaupt, wenn sie nicht verlangt wird?
Keine Kodierpflicht bei GOZ für Zahnärzte – aber auch kein Verbot
Rein formal gilt: Für privatärztliche Leistungen nach GOZ besteht keine gesetzliche Pflicht zur ICD-10-Kodierung. Weder das SGB V noch das BMG oder die Bundeszahnärztekammer fordern in der GOZ-Systematik eine verschlüsselte Diagnoseangabe. Es genügt grundsätzlich, wenn die erbrachte Leistung medizinisch begründet und nachvollziehbar dokumentiert ist – etwa in Karteikarte, Behandlungsplan oder Rechnung.
Allerdings ist die ICD-10-Kodierung nicht untersagt – und kann freiwillig vorgenommen werden. Viele Praxisverwaltungssysteme erlauben auch im GOZ-Modul die Eingabe von Diagnoseschlüsseln. In einigen privaten Zusatzversicherungen (z. B. für Heil- und Kostenpläne) wird sogar ausdrücklich nach einer ICD-10-Kodierung gefragt – vor allem zur Plausibilisierung höherwertiger Behandlungen.
Warum die Anwendung der ICD-10 auch bei dentalen Privatleistungen sinnvoll ist
Auch ohne Kodierpflicht bietet die ICD-10-Kodierung bei Privatleistungen zahlreiche Vorteile – insbesondere in der professionellen Praxisführung und im Patientenschutz:
Juristische Absicherung: In Streitfällen – etwa bei strittiger Rechnungsstellung, Behandlungsfehlerklagen oder PKV-Rückfragen – kann die kodierte Diagnose als neutraler, standardisierter Nachweis für die Behandlungsindikation dienen.
Dokumentationsqualität: Die Kodierung fördert die Systematik in der Dokumentation und ermöglicht eine schnelle Rückverfolgbarkeit auch nach Jahren – etwa bei Folge- oder Revisionsbehandlungen.
Transparenz für Patienten: Patienten schätzen es zunehmend, wenn ihre Diagnosen verständlich und nachvollziehbar dokumentiert sind – gerade im hochpreisigen GOZ-Bereich (z. B. Implantologie, CMD, ästhetische Behandlungen).
Wirtschaftliche Argumentation: Bei Honorarstreitigkeiten oder Leistungsprüfungen durch private Versicherungen kann ein sauber kodierter Befund zur Akzeptanz beitragen – insbesondere bei nicht-standardisierten Leistungen oder mehrfachen Wiederholungen.
Typische Anwendungsfelder bei der freiwilligen ICD-10-Kodierung
Besonders sinnvoll ist die freiwillige ICD-10-Kodierung in folgenden GOZ-Kontexten:
Implantatversorgungen (z. B. bei K08.1 + K08.2)
Funktionstherapie bei CMD (z. B. M26.6)
Parodontalbehandlung bei Privatpatienten (z. B. K05.3)
Ästhetisch begründete Behandlungen mit medizinischem Hintergrund
Langzeitprovisorien oder aufwändige Rekonstruktionen
Hier dient die ICD-10 nicht nur der Plausibilisierung, sondern auch der strukturierten Argumentation gegenüber Patienten und Kostenträgern.
Grenzen der Kodierung in der GOZ
So sinnvoll die ICD-10-Kodierung sein kann, so klar müssen ihre Grenzen im GOZ-Bereich bleiben:
Sie ersetzt nicht die individuelle medizinische Begründung in der Rechnung.
Sie ist keine Rechtsvoraussetzung für das Honorar.
Sie kann bei fehlerhafter oder übermäßiger Nutzung auch missverständlich wirken (z. B. pauschale Nutzung von K05.6 oder K08.9).
Zahnärzte sollten ICD-10-Codes im GOZ-Bereich deshalb gezielt und differenziert einsetzen – nicht automatisch oder als technisches Pflichtfeld.
Welche Bedeutung die ICD-10 ist im Bereich der zahnärztlichen Privatabrechnung wirklich hat
Unser Fazit: Die ICD-10 ist im Bereich der Privatabrechnung keine Vorschrift – aber ein Werkzeug. Wer sie gezielt einsetzt, verbessert die Nachvollziehbarkeit, schafft Transparenz gegenüber Patienten und Versicherungen und stärkt die eigene Dokumentation. In einer zunehmend digitalisierten und anspruchsvollen Patientenlandschaft kann standardisierte Diagnosenverschlüsselung auch im GOZ-Bereich ein Qualitätsmerkmal moderner Praxisführung sein.