ICD-10 und Telematik: Wie Kodierung in ePA und Praxissoftware eingebunden ist
Marzena SickingWie funktioniert ICD-10-Kodierung im digitalen Praxisalltag? Teil 8 der Serie erklärt, wie Zahnärzte Diagnosen strukturiert in ePA, PVS und Telematikinfrastruktur einbinden können und welche Stolperfallen es hierbei zu beachten gibt.
Die Kodierung medizinischer Diagnosen nach ICD-10 ist nicht nur für Abrechnung und Dokumentation relevant, sondern zunehmend auch ein zentraler Baustein der digitalen Versorgungsinfrastruktur. In der elektronischen Patientenakte (ePA), bei Heilmittelverordnungen und in der Kommunikation mit Krankenkassen ist die strukturierte Diagnosenübermittlung verpflichtend – und ohne ICD-10 nicht möglich. Wer sich mit der technischen Seite der ICD-10 Thematik in seiner Zahnarztpaxis noch nicht beschäftigt hat, sollte dies also dringend nachholen.
ICD-10 im Praxisverwaltungssystem (PVS): Was muss ich beachten?
Die meisten modernen PVS-Anwendungen für Zahnarztpraxen verfügen über integrierte ICD-10-Kataloge, die regelmäßig (meist jährlich) aktualisiert werden. Die Diagnose kann dort:
über eine Suchfunktion nach Begriffen (z. B. „Parodontitis“)
über die direkte Eingabe des Codes (z. B. K05.3)
oder über vordefinierte Leistungsvorlagen ausgewählt werden.
Je nach Hersteller sind die ICD-10-Codes mit bestimmten Formularen verknüpft – etwa mit Heilmittelverordnungen, AU-Bescheinigungen oder Festzuschussplanungen. In gut strukturierten PVS-Systemen lässt sich die Kodierung so in den Behandlungsablauf integrieren, dass sie automatisch Bestandteil der Leistungserfassung und Dokumentation wird.
Wichtig ist dabei: Die Verantwortung für die Richtigkeit der gewählten Diagnose liegt dennoch immer beim Zahnarzt – auch wenn das System Vorschläge macht oder Pflichtfelder setzt. in der Regel funktionieren die Systeme zuverlässig, allerdings lassen sich Fehler nie komplett ausschließen. Daher besteht für die Praxis eigentlich die Pflicht, die Eingaben nochmal auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Der Softwareanbieter haftet im Zweifelsfall nämlich nicht für entsprechende Fehler.
ICD-10 in der elektronischen Patientenakte (ePA)
Mit der flächendeckenden Einführung der ePA werden medizinische Diagnosen erstmals praxisübergreifend digital dokumentiert, gespeichert und auslesbar gemacht – auch in der zahnärztlichen Versorgung. Die ePA ist ICD-10-kompatibel, das heißt: Diagnosen dürfen ausschließlich als standardisierte, strukturierte ICD-10-Codes hinterlegt werden.
Aktuell sind folgende Kontexte in der ePA für Zahnärzte besonders relevant:
Diagnosen bei GKV-Patienten (z. B. im Rahmen eines PAR-Antrags)
Verordnungen von Heilmitteln (z. B. Physiotherapie bei CMD)
Informationen zur Anamnese bei interdisziplinären Behandlungen
Die Übermittlung erfolgt in der Regel automatisiert über das PVS und wird dabei im HL7 FHIR-Standard kodiert. Der Zahnarzt selbst muss den Code korrekt auswählen – die Software sorgt für die technische Umsetzung in das interoperable Format.
Wie hängen Telematikinfrastruktur (TI) und Diagnosenkodierung zusammen?
Innerhalb der TI ist die ICD-10-Kodierung vor allem über zwei Anwendungsbereiche verbunden:
Kommunikation im Medizinwesen (KIM): Versand strukturierter medizinischer Daten wie Arztbriefe, eAUs oder PAR-Anträge – ICD-10-Codes werden hier automatisch in strukturierte Datenfelder eingebunden.
Elektronische Verordnungen und eHKPs: Auch hier wird die Diagnosenverschlüsselung Bestandteil der übermittelten Informationen – z. B. beim Zahnersatzplan, bei elektronischen Heilmittelverordnungen oder AU-Meldungen.
Die Telematikdienste verlangen maschinenlesbare, normierte Diagnosen, um die Interoperabilität zwischen Ärzten, Kassen, Gutachtern und Patientenakten zu gewährleisten. Freitext ist dort unzulässig.
Was Zahnärzte bei der Kodierung datenschutzrechtlich künftig beachten müssen
Zahnärzte müssen sich in Zukunft darauf einstellen, dass jede kodierte Diagnose potenziell über Systemgrenzen hinweg sichtbar und auswertbar wird – von anderen Ärzten, Kassen und Systemen. Das erfordert besondere Sorgfalt:
Nur medizinisch zutreffende Diagnosen kodieren
So spezifisch wie möglich, so allgemein wie nötig
Keine „Platzhalter“ wie K08.9 oder K05.6, wenn eine genauere Kodierung möglich ist
Regelmäßige Schulung der Teams im Umgang mit PVS-Kodiermodulen
Aktualisierung der Software auf die jeweils gültige ICD-10-GM-Version
Warum ICD-10 und ICD-11 durch die Digitalisierung wichtiger werden
Die ICD-10 war lange ein Mittel der internen Dokumentation. Heute ist sie ein digitaler Schlüssel zur übergreifenden Kommunikation im Gesundheitswesen. Wer korrekt kodiert, verbessert nicht nur seine Dokumentation, sondern sorgt für verlässliche, anschlussfähige Daten in der Telematikinfrastruktur – von der Patientenakte bis zur Kassenschnittstelle. Mit der ICD-11 und dem weiter ausgebauten TI-Funktionsumfang wird diese Rolle noch zunehmen. Zahnärzte, die Kodierung heute als Teil ihrer digitalen Verantwortung begreifen, sichern sich eine solide Basis für den Praxisalltag von morgen.
Quelle:gematik.de, ICD-10-GM 2025 – BfArM, KZBV