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Persönliche Vorsorge
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Timo Veeneman, Finanzanlagen- und Versicherungsfachmann beim Osnabrücker Vermögensverwalter Spiekermann & CO AG.

Ist die Lebensversicherung noch ein „Muss“ für eine durchschnittliche Altersvorsorge?

Veeneman: Also ich habe in den letzten 15 Jahren niemandem eine klassische Kapitallebensversicherung empfohlen. In der Regel sind diese Policen unter dem Strich einfach zu teuer und es gibt für sehr sicherheitsorientierte Kunden effizientere Alternativen. Zum Beispiel fondsgebundene Rentenversicherungen, die je nach Ausgestaltung auch Steuervorteile und Garantien bieten können. Wer ganz auf teure Versicherungsmäntel verzichten kann, findet am Kapitalmarkt zudem eine Reihe von effizienteren Möglichkeiten, um in einem Depot langfristig ein Polster für den Ruhestand aufzubauen.

Ist die Lebensversicherung also Unsinn?

Veeneman: Als Unsinn würde ich die Lebensversicherung nicht bezeichnen und es gibt sicher noch Fälle, in denen sie weiter eine Daseinsberechtigung hat, etwa bei gewissen Erbschaftsmodellen. Aber es ist kein Geheimnis, dass die Lebensversicherung bei so manchem Vermittler nur deswegen noch weiter auf der Empfehlungsliste steht, weil hier besonders hohe Provisionen winken. Wenn sie zu einem unabhängigen Honorarberater gehen, der in erster Linie den finanziellen Erfolg des Kunden im Blick hat, wird die Lebensversicherung wohl kaum als erstes empfohlen werden und spielt hier eigentlich keine Rolle mehr als Anlageform.

Sollen laufende Verträge weitergezahlt oder gekündigt werden?

Veeneman: Darauf gibt es keine pauschale Antwort, das hängt von Steuerfragen, staatlichen Förderungen und vor allem den individuellen Konditionen ab. In der Regel sind alte Verträge, bei denen die Kosten bereits in den ersten Jahren angefallen sind, noch eine hohe Garantieverzinsung gilt und die zum Teil sogar steuerfrei ausgezahlt werden, durchaus noch attraktiv. Hier kann es absolut Sinn machen, den Vertrag zu erhalten und nur die Beitragszahlung einzustellen oder sogar weiter einzuzahlen. Bei neueren Verträgen kann es dagegen sinnvoll sein, zu kündigen und das wieder ausbezahlte Geld langfristig besser anzulegen.

Wenn die Wahlmöglichkeit besteht: Lebensversicherung am Ende lieber auszahlen lassen oder lebenslange Zahlung bevorzugen?

Veeneman: Auch hierkommt es auf den Einzelfall an und beide Optionen haben ihre Daseinsberechtigung. Das hängt zum Beispiel davon ab, wie die finanzielle Gesamtsituation in der Familie ist und welche Konditionen angeboten werden. Was oft unterschätzt wird ist, welche Leistungen bei einer lebenslangen Auszahlung bei einem unerwartet frühen Todesfall den Hinterblieben zugutekommen. Es kann sonst passieren, dass man sich Mitte 60 für eine Rentenzahlung entscheidet, überraschend frühzeitig verstirbt und dann der Löwenanteil des angesparten Kapitals an die Versicherung fällt, falls nur eine kurze Rentengarantiezeit vereinbart wurde.

Angenommen der oder die Versicherte entscheidet sich für ein Auszahlung. Wohin dann mit dem ganzen Geld?

Veeneman: Grundsätzlich kostet es Kaufkraft, wenn so eine Summe über längere Zeiträume nicht investiert wird. Also sollte die Auszahlung nicht komplett unverzinst unter dem sprichwörtlichen Kopfkissen gelagert werden. Das Ziel sollte sein, mit der Rendite langfristig wenigstens die Inflation auszugleichen. Das ist derzeit mit Tagesgeldkonten und Co. kaum machbar. Deswegen sollte zumindest ein gewisser Teil investiert werden. Für die meisten wird es sinnvoll sein, verschiedene liquide Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Edelmetalle zu mischen und so Risiken, Flexibilität und Ertragschancen entsprechend den persönlichen Sicherheitsbedürfnissen auszubalancieren.

 

Musterdepot: 100.000 aus der Lebensversicherung anlegen? So kann es gehen.

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Bitte beachten: Die beispielhafte Aufteilung eines Anlagedepots dient nur als grobe Orientierung dienen und sollte unbedingt individuell an die Gesamtvermögenssituation und die persönlichen Anlageziele angepasst werden.

Quelle: Spiekermann und & Co AG

Für den einen ist die Auszahlung einer Lebensversicherung von 100.000 Euro ein essenzieller Bestandteil der Altersvorsorge, die Stück für Stück gebraucht wird. Hier ist es wichtig, auf einen schnell verfügbaren Notgroschen zu achten und auch weniger schwankungsanfällige Anlageformen wie Investmentgradeanleihen einzubeziehen. Andere sind bereits gut versorgt und denken hauptsächlich schon an die Erbengeneration.

„Grundsätzlich ist es in einem gewissen Alter sicher sinnvoll, eine gute Mischung aus schneller Verfügbarkeit, überschaubarem Schwankungsrisiko und vernünftigen Renditeperspektiven zu wählen“, sagt Timo Veeneman vom Osnabrücker Vermögensverwalter Spiekermann & CO AG: „Aber es gibt auch den Großvater Ende 80, der alles in Aktien angelegt haben will, weil das Vermögen sowieso bald an die Enkel geht und er hier die besten langfristigen Ertragsmöglichkeiten sieht.“

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