Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Praxis

Gerade bei dynamisch wachsenden Praxen passiert es oft, dass bisherige Organisationsstrukturen der neuen Unternehmensgröße nicht mehr gerecht werden. Aber auch Zahnarztpraxen, die nicht berücksichtigen, dass sich Mitarbeiterbedürfnisse verändern, laufen Gefahr, in die Krise zu geraten.

Worum geht es bei einer Organisationsentwicklung?

Die Organisationsentwicklung ist ein Veränderungsprozess. Der Prozess hat zum Ziel, ein (Gesundheits-)Unternehmen so zu entwickeln, dass es sich Umfeld- und Personalbedingungen agil anpassen kann. Dafür werden kulturelle und strukturelle Leitplanken geschaffen, die den Praxiserfolg langfristig sichern sollen.

Indem Ressourcenverfügbarkeiten auf den Prüfstand gestellt und sich verändernde Mitarbeiterbedürfnisse konsequent berücksichtigt werden, trägt die Organisationsentwicklung dazu bei, die Flexibilität und Leistungsfähigkeit einer Zahnarztpraxis dauerhaft zu erhöhen.

Ziele der Organisationsentwicklung

Die Organisationsentwicklung ist ein geplanter, systematischer Wandel, in den alle Organisationsmitglieder einbezogen werden.

Die Ziele sind:

  • personelle Ressourcen bestmöglich einzusetzen,
  • die produktive Zusammenarbeit zu stärken,
  • effiziente Prozesse zu schaffen,
  • das Praxisteam zu entlasten,
  • das Umsatzpotenzial steigern und damit
  • wettbewerbsfähig zu bleiben.

Betriebliche Veränderungen hin zu klaren Strukturen und der Stärkung von Eigenverantwortung können maßgeblich zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung beitragen.

Fallbeispiel aus der Organisationsentwicklung einer Zahnarztpraxis

Dr. Botras ist eine erfahrene Zahnärztin und Praxisinhaberin. Seit sieben Jahren führt sie eine gut etablierte Zahnarztpraxis und genießt den Ruf als einfühlsame Anlaufstelle für hochwertige zahnärztliche Versorgung. Dennoch ist Dr. Botras in Sorge: Obwohl sie und ihre zwei angestellten Zahnärzte viele Fälle behandeln, spiegelt sich dieser Erfolg nicht im Praxisumsatz wider.

Die kritischen Umsatzzahlen sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Im Erstgespräch treten weitere Schmerzpunkte zutage: Das Team scheint überlastet, der Krankenstand ist hoch und die Fluktuation der Mitarbeitenden zunehmend beunruhigend. Prozesse sind zwar auf Papier festgehalten worden, jedoch gibt es wiederholt Fehler im Ablauf. Interne Konflikte sorgen für eine angespannte Stimmung.

Dr. Botras hat das Gefühl, die Kontrolle über die Praxis zu verlieren. Sie möchte die Abwärtsspirale durchbrechen – aber wie? Wir empfehlen Dr. Botras eine Organisationsanalyse, um die Knackpunkte
genau zu eruieren und Stellschrauben zur Verbesserung der Praxissituation identifizieren zu können.

Die Organisationsanalyse als Kompass für Veränderungen

Eine Organisationsanalyse nimmt Praxisprozesse und Personalstrukturen genau unter die Lupe.

  • Sie deckt Schwachstellen in den Praxisabläufen auf,
  • identifiziert Konfliktpotenziale und
  • filtert Ansätze zur Verbesserung der Unternehmensführung heraus.

Die Arbeit beginnt mit einem Zielgespräch. Mit der Praxisleitung werden Erwartungen, Wünsche und Bedenken geklärt und eine Vision für die Zukunft des Unternehmens entwickelt. Anschließend geht es in die konkrete Problemerfassung.

1. Schritt: ausführliche Gespräche mit allen Beteiligten führen

Gespräche lassen oft tief blicken. Deshalb sind Tiefeninterviews ein wichtiger Ausgangspunkt einer Organisationsanalyse. Es werden Einzelgespräche mit der Geschäftsführung, dem Praxismanagement
und weiteren Personen in Schlüsselfunktionen der Zahnarztpraxis geführt – stets darauf bedacht, eine gute Mischung aus langjährigen Mitarbeitenden und neu hinzugekommenem Personal zu befragen, um
verschiedene Perspektiven auf die Situation der Praxis zu gewinnen. Die Interviews liefern wertvolle Einblicke in den Status quo und helfen dabei, die tatsächlichen Schwierigkeiten und Konfliktfelder zu
erkunden.

2. Schritt: Vor-Ort-Begehung der Zahnarztpraxis

Daraufhin folgt die Vor-Ort-Begehung. Einen ganzen Tag lang werden die internen Abläufe in der Zahnarztpraxis (unauffällig) beobachtet: Von der Terminplanung über die Anmeldung und Behandlungswege, bis hin zu den Kommunikationsstrukturen, den Abrechnungsprozessen und dem Schnittstellenmanagement wird alles genauestens betrachtet. Mit den gesammelten Informationen beginnen wir, das Puzzle erfolgskritischer Faktoren zusammenzusetzen.

3. Schritt: Analyse von Verfahren und Verantwortlichkeiten

In der Praxis Dr. Botras wird schnell deutlich, dass es vor allem an festgelegten Verfahren und Verantwortlichkeiten mangelt.

  • Statt strategisch planvoll zu handeln, dominierte eine Kultur des situativen Agierens.
  • Unterschiedliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Vorgehensweisen in der Belegschaft sorgten für einen erheblichen Mehraufwand und Reibung innerhalb des Teams.
  • Dr. Botras selbst verlor sich im Mikromanagement, kontrolliert jedes Detail, statt Verantwortung abzugeben und zu delegieren.
  • Es fehlte ein klares Haupt- und Stellvertretersystem und auch der interne Kommunikationsfluss erwies sich als mangelhaft.

Die Organisationsanalyse offenbarte eine belastende Sandwichposition der Praxismanagerin, die oft mit Entscheidungen und der Balance zwischen Mitarbeitenden und Geschäftsführung alleingelassen wurde. Es war offensichtlich, dass eine Entlastung der Belegschaft und des Managements sowie eine festgelegte Aufgaben- und Verantwortungsteilung dringend erforderlich waren.

Im zweiten Teil ihres Beitrags entwickelt Tatjana Stefanowsky einen Fahrplan zur erfolgreichen Organisationsentwicklung für die Praxis von Dr. Botras.

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(c) Kock + Voeste

Unsere Autorin:
*Tatjana Stefanowsky ist Wirtschaftspsychologin mit Schwerpunkt Personal- und Organisationsentwicklung. Als Beraterin und Trainerin bei der Praxisberatung Kock + Voeste GmbH unterstützt sie (Zahn-)Arztpraxen dabei, Praxisabläufe zu optimieren und die Zusammenarbeit im Praxisteam zu stärken.