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Arbeitsrecht

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist eigentlich dazu da, Diskriminierungen im zivilen Miteinander, und damit auch im Arbeitsleben zu verhindern. Immer wieder allerdings sehen sich Arbeitgeber mit missbräuchlichen Diskriminierungsklagen konfrontiert – etwa, wenn sich Kandidatinnen oder Kandidaten auf Stellen bewerben, die sie gar nicht interessieren, um im Fall einer Ablehnung Schadenersatzklagen anzustrengen.

Bewerbung mit dem Ziel, abgelehnt zu werden

Solche sogenannten AGG-Hopper bevorzugen in der Regel Ausschreibungen, die unglücklich formuliert sind, also sich nicht explizit an alle Bewerberinnen und Bewerber (m/w/d) richten. Dieses Vorgehen hat System: Denn den Scheinbewerbern geht es darum, nach einer Ablehnung wegen Diskriminierung – wegen des Alters, der Herkunft oder des Geschlechts – zu klagen und eine Entschädigung zu erhalten.

Nachdem sich in der Vergangenheit die Fälle gehäuft haben, in denen Kläger das Vorgehen gegen vermeintliche Diskriminierungen zu einem regelrechten Geschäftsmodell erhoben haben, hat das Bundesarbeitsgericht nun klare Grenzen gezogen (BAG, Az. 8 AZR 21/24).

Wenn AGG-Hopper fehlerhafte Ausschreibungen gezielt ausnutzen

Der aktuellen Entscheidung des BAG lag der Fall eines Jurastudenten zugrunde, der sich in im großen Stil auf Stellenausschreibungen beworben hatte, in denen explizit eine „Sekretärin“ gesucht war. Auch ein Kfz-Unternehmen aus Schleswig-Holstein hatte in der Ausschreibung diesen Fehler begangen und über eBay-Kleinanzeigen die traditionelle Beschreibung genutzt, statt nach „Verstärkung in der Assistenz“ zu suchen.

Der angehende Jurist bewarb sich über die Chat-Funktion der Plattform und gab an, er sei Industriekaufmann. Zudem kenne er sich mit Gesetzen aus und verfüge über Berufserfahrung, sodass er die typischen Aufgaben einer „Sekretärin“ ausführen könne. Überdies fragte er ausdrücklich nach, ob die Werkstatt nur eine Sekretärin, also eine Frau suche oder ob auch Männer eingestellt würden. Das Unternehmen sagt ihm daraufhin ab und teilte mit, „ausschließlich eine Dame“ zu suchen.

Der Student klagte daraufhin einen Entschädigungsanspruch in Höhe von EUR 7.800 aufgrund angeblicher Benachteiligung wegen seines Geschlechts ein. Im Zuge des Verfahrens zeigt sich allerdings, dass dies nicht seine einzige Klage dieser Art war, sondern dass er allein beim Arbeitsgericht Berlin innerhalb von 15 Monaten elf Klagen eingereicht hatte – alle, um eine Benachteiligung wegen des Geschlechts geltend zu machen.

Nicht der Job, die Entschädigung steht im Vordergrund

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hielt die Bewerbung des Klägers für rechtsmissbräuchlich, da ein systematisches, gleichförmiges und zielgerichtetes Vorgehen vorliege, mit dem der Student die Fehler in den Ausschreibungen ausnutze. Sein Job als Student sei zudem nicht mit einer Vollzeitstelle als Sekretärin vereinbar, die noch dazu ca. 170 km von seinem Wohnort entfernt sei.

Gegen diese Entscheidung legte der Student Rechtsmittel ein, hatte aber auch vor dem BAG keinen Erfolg. Vielmehr bestätigten die Erfurter Richter die Entscheidung der Vorinstanz. Ein Rechtsmissbrauch sei vorliegend schon deshalb anzunehmen, weil sich der Bewerber nicht mit dem Ziel beworben hat, die Stelle zu erhalten, sondern nur, um einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können.

Das BAG stärkt damit die Rechtsposition von Arbeitgebern beim Vorgehen gegen AGG-Hopper. Dennoch ist es nach wie vor dringend zu empfehlen, Stellenausschreibungen geschlechtsneutral zu formulieren, um auch echten Diskriminierungsklagen den Nährboden zu entziehen.