Abzocke mit Datenschutz-Abfragen: Zahnarzt wehrt sich erfolgreich vor Gericht
Judith MeisterMit ungerechtfertigten Datenschutzanfragen und Abmahnungen lässt sich nach wie vor viel Geld verdienen. Nun allerdings hat sich ein dreister Geschäftemacher mit dem Falschen angelegt und vor Gericht gegen einen wehrhaften Zahnarzt verloren. Die Hintergründe.
Ein Zahnarzt gründet eine Praxis. Er erstellt eine Website, um sich seinen Patientinnen und Patienten vorzustellen und bestimmte Dienste – etwa zur Terminvergabe – anzubieten. So weit, so normal.
Leider fast ebenso normal ist es inzwischen, dass Selbstständige mit eigener Internetpräsenz früher oder später von Anwälten oder Konkurrenten kontaktiert werden, die – echte oder vermeintliche – Datenschutzverstöße bei besagtem Online-Auftritt monieren und Geld sehen wollen.
Datenschützer und Webdesigner in einem - ein einträgliches Geschäftsmodell
Ähnlich ging es auch einem Zahnarzt, dessen Fall vor Kurzem das Amtsgericht Mainz beschäftigte. Er erhielt Post von einem Webdesigner, der sich auf Zahnarzt-Webseiten spezialisiert hat. In seiner Mail wies der Unternehmer den Praxisinhaber darauf hin, dass seine Website massive Verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) enthalte.
Weiter hieß es in dem Schreiben:
„Zunächst möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir keine Absicht haben, diese Verstöße zur Anzeige zu bringen. Jedoch möchten wir unsere Erkenntnisse als Anlass nehmen, Ihnen eine Lösung für Ihr Problem anzubieten. Wir bieten Ihnen an, eine cookiefreie und DSGVO-konforme Webpräsenz auf einem deutschen Server zu erstellen und damit Ihr akutes Datenschutzproblem zu lösen.“
Der Zahnarzt ließ diese Mail unbeantwortet – offenbar zum Unmut des Verfassers. Der nämlich verlangte in einer E-Mail vom 21.06.2024 eine Auskunft nach den Regeln des Art. 15 DSGVO. Diese Vorschrift wurde ursprünglich dazu geschaffen, Verbraucher vor dem Missbrauch ihrer Daten zu schützen. Sie sollen daher Auskünfte darüber anfordern können, in welchem Umfang, auf welcher Rechtsgrundlage und zu welchen Zwecken ein anderer ihre personenbezogenen Daten verarbeitet. Eigentlich eine schöne Idee.
Der Fehler der Vorschrift liegt jedoch darin, dass sich eben jener Auskunftsanspruch – etwa in einem Rechtsstreit – hervorragend dazu nutzen lässt, dem Gegner jede Menge Arbeit oder mögliche Schadenersatzklagen vorzubereiten. So war es auch im Fall des Mainzer Zahnarztes.
Als der nämlich die Auskunft verweigerte, klagte der Webdesigner und verlangte Schadenersatz sowie 1160 Euro Ersatz für ein Sachverständigengutachten, das er praktischerweise von seinem Bruder hatte erstellen lassen.
Gericht entlarvt rechtsmissbräuchliches Geschäftsmodell
Das Amtsgericht Mainz (Az. 88 C 200/24) wies die Klage als rechtsmissbräuchlich ab. Das Argument: Der Webdesigner habe den einmal aufgedeckten Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung nur dazu genutzt, Einnahmen zu erzielen - wenn schon nicht durch Abschluss eines Vertrages mit dem Beklagten, dann doch wenigstens mit der Verfolgung monetärer Ansprüche als Geschäftsmodell in Zusammenarbeit mit seinem Bruder.
Dafür spreche auch, dass der Unternehmer massenhaft gegen alle möglichen Zahnärzte in der Region vorgehe. Allein am Amtsgericht Mainz liegen derzeit 25 gleich gelagerte Verfahren gegen Zahnärzte, ferner jedenfalls zwei weitere am Amtsgericht Darmstadt.