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Steuerrecht
Inhaltsverzeichnis

Die Ausgestaltung einer ausländischen Quellensteuer richtet sich nach dem Steuerrecht des ausländischen Staats, in welchem Einkünfte erzielt werden. Das Steuerrecht ausländischer Staaten ist, jedenfalls bei direkten Steuern wie der Einkommensteuer, nicht angeglichen bzw. harmonisiert, sodass ausländische Quellensteuern sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können.

Zu beachten ist, dass unter einer „Quellensteuer“ sehr unterschiedliche Regelungen im innerstaatlichen Steuerrecht und bzw. oder in einem völkerrechtlichen Vertrag, wie einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA, siehe unten), bezeichnet werden. Allein bei Einkünften aus Kapitalvermögen werden Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren unterschieden, die gesetzestechnisch unterschiedlich geregelt sind und in deutschen DBA in gesonderten Artikeln behandelt werden. Dementsprechend können die Anrechnung und bzw. oder die Erstattung von Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren sehr unterschiedlich geregelt sein. In diesem Beitrag begrenzen wir uns auf Quellensteuern auf Dividenden als den größten und wichtigsten Teil der ausländischen Kapitalerträge.

Quellensteuer auf Kapitalerträge in Deutschland

In Deutschland unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen einer Kapitalertragsteuer als einer Quellensteuer. Diese wird an der Quelle erhoben und muss regelmäßig vom Schuldner der Kapitalerträge an die Finanzverwaltung abgeführt werden. Die deutsche Kapitalertragsteuer sollte nicht mit der sog. Abgeltungssteuer verwechselt werden: während die Kapitalertragsteuer regelmäßig monatlich an der Quelle erhoben und auf die jährliche Einkommensteuer auf Kapitalerträge angerechnet wird, umfasst die Abgeltungssteuer die gesonderte jährliche Einkommensteuer auf Kapitalerträge. Sofern die Kapitalertragsteuer als eine Quellensteuer ordnungsgemäß einbehalten und an die Finanzverwaltung abgeführt worden ist, hat sie in Bezug auf die jährliche Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte die abgebildete Wirkung.

Die Kapitalertragsteuer wird in Deutschland als Quellensteuer unabhängig davon erhoben, ob der Gläubiger der Kapitalerträge im Inland oder im Ausland ansässig ist. Bei einem ausländischen Gläubiger der deutschen Kapitalerträge wird deshalb die deutsche Kapitalertragsteuer als Quellensteuer ebenfalls einbehalten. Muss der betreffende ausländische Gläubiger der deutschen Kapitalerträge diese auch in seinem Ansässigkeitsstaat versteuern – dies sehen die meisten ausländischen Staaten vor – würden die betreffenden ausländischen Einkünfte sowohl im Quellenstaat (hier: Deutschland) als auch im Ansässigkeitsstaat des ausländischen Gläubigers der Kapitalerträge besteuert. Die Folge wäre eine Doppelbesteuerung dieser Einkünfte, sofern auf nationaler Ebene oder aufgrund völkerrechtlicher Verträge eine Erstattung oder Anrechnung der ausländischen Quellensteuer nicht vorgesehen wäre.

Anrechnung von ausländischen Quellensteuern nach den DBA

Unter den internationalen Abkommen, die eine Anrechnung oder Erstattung von ausländischen Quellensteuern regeln, kommt den DBA eine herausragende Bedeutung zu.

Zum 01.01.2024 hat Deutschland insgesamt 96 geltende bilaterale DBA abgeschlossen, welche die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Vertragsstaaten regeln. Die meisten dieser DBA folgen dem Musterabkommen, das von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD, Organisation for Economic Co-operation and Development, engl.) entworfen und mehrfach überarbeitet worden ist. Einige wichtige deutsche DBA, zum Beispiel mit der Schweiz, den USA, Frankreich, Italien und mit manchen anderen Staaten, enthalten allerdings Sonderregelungen, die gerade bei der Anrechnung oder Erstattung von ausländischen Quellensteuern zur Anwendung kommen.

Einen guten Überblick über die Anrechenbarkeit von Quellensteuern ausländischer Staaten bietet eine entsprechende Tabelle des Bundeszentralamts für Steuern, aktuell in der Fassung vom 01.01.2023. Die betreffende Tabelle ist nach einzelnen Staaten sowie deren Quellensteuern aufgegliedert und gibt die Höhe und den Betrag einer etwaigen Quellensteueranrechnung für jeden einzelnen Staat an.

Die Tabelle kann auf der Webseite des Bundeszentralamts für Steuern unter https://www.bzst.de/ heruntergeladen werden. Die betreffende Tabelle unterscheidet Quellensteuer auf Dividenden und Zinsen, die nach deutschen DBA auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden können. Im Folgenden gehen wir exemplarisch auf Quellensteuern einiger wichtiger Staaten sowie auf deren Anrechnung auf die deutsche Einkommensteuer ein.

Quellensteuern einiger Staaten und deren Anrechnung auf die deutsche Einkommensteuer

Quellensteuern in der Schweiz

Die Schweiz erhebt auf Dividenden aus inländischen Quellen eine Verrechnungssteuer in Höhe von 35 %. Die schweizerische Verrechnungssteuer auf Dividenden kann nach dem DBA Deutschland-Schweiz grundsätzlich in Höhe von 15 % auf die deutsche Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte angerechnet werden. Wurden Dividenden von einer Gesellschaft gezahlt, die ein Grenzkraftwerk zwischen dem Bodensee und Basel betreibt, sind nach einer Sonderregelung im DBA Deutschland-Schweiz (Art. 10 Abs. 2 Buchstabe a) statt 15 % ganze 30 %, begrenzt auf die deutsche Einkommensteuer auf Kapitalerträge in Höhe von 25 %, anrechenbar.

Bei Einnahmen aus Genussrechten, Gewinnobligationen oder partiarischen Darlehen können lediglich 5 % der schweizerischen Verrechnungssteuer auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden, sofern die betreffenden Zahlungen in der Schweiz bei der Gewinnermittlung abgezogen werden können. Nach der Anrechnung auf die deutsche Einkommensteuer bleiben der Schweiz 15% bzw. 5 % oder 30 % in den vorbezeichneten Sonderfällen von der innerstaatlichen Verrechnungssteuer. Da in Deutschland der Bruttobetrag der Dividenden, d. h. die gesamte Dividende ohne Abzug der schweizerischen Verrechnungssteuer, der deutschen Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte unterliegt, würde die Gesamtbelastung eines deutschen Gläubigers von Dividenden aus der Schweiz insgesamt zwischen 30 % und 50 %, ohne eine Berücksichtigung von deutschen Zuschlagsteuern wie Solidaritätszuschlag oder Kirchensteuer, betragen.

Um diese hohe Steuerbelastung zu reduzieren, können deutsche Gläubiger von Kapitalerträgen in der Schweiz einen Antrag auf Erstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer stellen, sofern sie nach schweizerischem Recht private Kapitalerträge erzielen. Dies ist vorbehaltlich weiterer Voraussetzungen insbesondere dann den Fall, wenn bestimmte Haltefristen in Bezug auf schweizerische Aktien eingehalten werden und Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht die Haupteinnahmequelle des Gläubigers der Kapitalerträge bilden.

Quellensteuern in anderen Staaten

In Österreich beträgt die Einkommensteuer auf inländische Dividenden 27,5 %. Hiervon sind nach dem DBA Deutschland-Österreich regelmäßig 15 % auf die deutsche Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte anrechenbar. Erzielen deutsche Gläubiger Einkünfte aus Rechten oder Forderungen mit Gewinnbeteiligung, insbesondere als stille Gesellschafter, als Darlehensgeber eines partiarischen Darlehens oder aus Gewinnobligationen, kann Österreich als Quellenstaat die gesamten betreffenden Einkünfte versteuern, ohne dass eine Anrechnung der österreichischen Einkommensteuer auf die deutsche Einkommensteuer in Betracht kommt.

Die USA erheben eine Quellensteuer auf inländische Dividenden in Höhe von grundsätzlich 30 %. Werden bestimmte Dividenden von in den USA regulierten Kapitalanlagegesellschaften gezahlt, können diese Dividenden steuerbefreit sein. In diesem Fall unterfallen sie auch keiner Quellensteuer in den USA. Sofern eine reguläre Quellensteuer von 30 % erhoben wird, können nach dem DBA Deutschland-USA 15 % der betreffenden Quellensteuer auf die deutsche Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte angerechnet werden. Erzielen deutsche Gläubiger Kapitalerträge aus Gewinnbeteiligungen und sind diese von Schuldnern der Kapitalerträge bei der Gewinnermittlung in den USA abzugsfähig, scheidet eine Anrechnung der Quellensteuer auf die deutsche Einkommensteuer aus.

In den Niederlanden beträgt die Quellensteuer auf inländische Dividenden 15 %. Nach dem DBA Deutschland-Niederlande kann die gesamte Quellensteuer auf Dividenden auf die deutsche Einkommensteuer eines deutschen Gläubigers der Kapitaleinkünfte angerechnet werden.

In Frankreich unterliegen inländische Dividenden einer Einkommensteuer von 12,8 %. Diese können nach dem DBA Deutschland-Frankreich in voller Höhe auf die deutsche Einkommensteuer auf die betreffenden Kapitalerträge angerechnet werden. Eine solche Anrechnung kommt allerdings nicht in Frage, wenn die Kapitalerträge aus Gewinnbeteiligungen stammen und die betreffenden Kapitalerträge in Frankreich bei der Gewinnermittlung abzugsfähig sind.

Italien unterwirft inländische Dividenden eine Quellensteuer von 26 %. Hiervon können nach dem DBA Deutschland-Italien maximal 15 % auf die deutsche Einkommensteuer auf die betreffenden Dividenden angerechnet werden. Auch hier besteht keine Anrechnungsmöglichkeit, wenn die Kapitalerträge aus Gewinnbeteiligungen resultieren und vom Schuldner der Kapitalerträge in Italien bei der Gewinnermittlung abgezogen werden können.

In Dänemark werden inländische Dividenden mit einer Quellensteuer von 15 % oder 27 % besteuert. Die Quellensteuer beträgt 15 %, wenn der Dividendengläubiger in einem Land ansässig ist, mit welchem ein zwischenstaatliches Abkommen über Informationsaustausch besteht und der Dividendengläubiger weniger als 10 % des Stammkapitals der dividendenzahlenden Gesellschaft hält. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, unterwirft Dänemark inländische Dividenden mit 27 % einer Quellensteuer. Von der dänischen Quellensteuer können maximal 15 % auf die deutsche Einkommensteuer auf dänische Kapitaleinkünfte angerechnet werden.

In der Volksrepublik China können inländische Dividenden einer Quellensteuer von 0 %, 10 % oder 20 % unterliegen. Hiervon können maximal 10 % auf die deutsche Einkommensteuer auf die Kapitalerträge aus der Volksrepublik China angerechnet werden. Das Anrechnungsverfahren in Bezug auf die chinesische Quellensteuer auf Dividenden ist komplex und von vielen Voraussetzungen abhängig. Das deutsche Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat hierfür ein gesondertes Schreiben vom 31.03.2022 herausgegeben.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen
Dr. jur. Alex Janzen ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht in Düsseldorf. Er berät Unternehmen im Steuerrecht, Kapitalmarktrecht sowie im Medizinrecht, insbesondere in Fragen der Steueroptimierung, Besteuerung von Ärzten und Praxisgemeinschaften, Vertretung in Einspruchs- und Klageverfahren, in Fragen der Praxisfinanzierung sowie im ärztlichen und zahnärztlichen Honorarrecht.

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