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Zahnmedizin

Zur Anwendung von Pulver-Wasserstrahl-Gemischen im Rahmen der PA-Therapie gibt es mittlerweile viele Studien und Anwenderberichte. Das Wirkprinzip dieses innovativen Therapieansatzes vereint durch Druckluft ein pulverförmiges Abrasivmedium mit Wasser, welches auf die Zahnoberfläche gestrahlt wird. Erste Varianten mit Natriumbicarbonat- oder Aluminiumoxid-Pulver als Strahlmedien konnten sich für die subgingivale Instrumentierung nicht durchsetzen. Sie waren nicht geeignet, da deutliche Defekte in Dentin und Wurzelzement sowie Gingiva-Erosionen als Folgen der Anwendung dokumentiert wurden. Das wissenschaftliche Interesse fokussierte daher auf die Entwicklung neuer Strahlmedien.

Erythritol-Pulver im Fokus

Aktuell steht ein Pulver auf Erythritol-Basis zur Verfügung. Erythritol ist ein Zuckeralkohol und feiner als die bisherigen – auch für die subgingivale Anwendung empfohlenen – Glycin-Pulver. Das Pulver wurde speziell für die subgingivale Anwendung entwickelt und enthält 0,3 % Chlorhexidin zum Schutz vor bakterieller Kontamination. Erythritol kann nicht verstoffwechselt werden und wird vielfach als künstliches Süßungsmittel verwendet.

Methodik der analysierten Studie

Die Arbeit [1] stammt aus dem Jahr 2022. Die Analyse von Abdulbaqi et al. konnte acht randomisierte kontrollierte Studien einschließen. Differenziert wurde zwischen einer Anwendung im Rahmen der
unterstützenden Parodontitistherapie oder der Anwendung im Rahmen der aktiven Parodontitistherapie. Wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich bei einer Anwendung in der aktiven PA-Therapie (APT)
um eine zusätzliche Instrumentierung mit Pulver-Wasserstrahl-Gemischen, d. h. ergänzend zu den üblichen Verfahren mit Hand- und Ultraschallinstrumenten, handelt. In der Unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) hingegen wurde die alleinige Anwendung von Pulver-Wasserstrahl-Gemischen gegenüber konventionellen Verfahren, d. h. Hand- und/oder Ultraschallinstrumentierung verglichen.

[1] Abdulbaqi HR, Shaikh MS, Abdulkareem AA, Zafar MS, Gul SS, Sha AM. Effi cacy of erythritol powder air-polishing in active and supportive periodontal therapy: A systematic review and meta-analysis. Int J Dent Hyg. 2022; 20(1): 62-74.

Ergebnisse der Studie zu Pulver-Wasserstrahl-Gemischen mit Erythritol

In unterschiedlichen Metaanalysen wurde herausgearbeitet, dass hinsichtlich der klinischen Parameter Sondierungstiefe, Bluten auf Sondieren und klinischer Attachmentlevel kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsmodalitäten bei einer Anwendung in der UPT bestand.

Die zusätzliche Anwendung von Erythritol in der APT, d. h. der initialen subgingivalen Instrumentierung, zeigte in den Metaanalysen demgegenüber keinen signifikanten Unterschied bezüglich Sondierungstiefe und Bluten auf Sondieren. Allerdings konnten signifikante Vorteile der die herkömmlichen Verfahren ergänzenden Anwendung von Erythritol hinsichtlich des klinischen Attachmentlevels gezeigt werden.

In weiteren qualitativ deskriptiven Analysen wurden auch mikrobiologische Parameter oder die Patientenwahrnehmung verglichen. Während keine wesentlichen Unterschiede bzw. nur leichte Tendenzen mit Vorteilen der Erythritol-Anwendung bezüglich mikrobiologischer Kenngrößen bestanden, konnte anhand von drei eingeschlossenen Studien dokumentiert werden, dass übereinstimmend die Pulver-Wasserstrahl-Behandlung mit Erythritol von den befragten Patienten als weniger unangenehm empfunden wurde.

Klinische Schlussfolgerungen für die Behandlung mit Erythritol

In Übereinstimmung mit älteren Arbeiten zur Thematik weist die hier zitierte systematische Übersicht in eine ähnliche Richtung. Die zusätzliche Anwendung von Erythritol im Rahmen der ersten subgingivalen Instrumentierung scheint demnach nur geringe Vorteile hinsichtlich der klinischen Ergebnisse zu haben.

Anders muss die Datenlage hinsichtlich der Anwendung in der UPT interpretiert werden. Hier zeigt diese Analyse eine Pattsituation, d. h. die klinischen Ergebnisse sind zwischen konventioneller Instrumentierung
und der alleinigen Erythritol-Behandlung vergleichbar und unterscheiden sich in den Analysen über die hier dokumentierten Untersuchungszeiträume nicht deutlich. Demnach gibt es hier Evidenz, dass die Pulver-Wasserstrahl-Behandlung mit Erythritol die konventionelle Therapie im Rahmen der UPT substituieren kann.

Dies hat insofern relevante Vorteile, da etwaige Nebenwirkungen der PA-Therapie, wie Schmerz und Missempfindungen oder Zahnhartsubstanzverlust, der durch konventionelle Verfahren – insbesondere Handinstrumente – hervorgerufen wird, bei Anwendung von Pulver-Wasserstrahl-Gemischen mit dem Pulver Erythritol deutlich geringer ausfallen.

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(c) Clemens Walter

Unser Autor:
* Prof. Dr. Clemens Walter erhielt seine Approbation im Jahr 2000. Von 2001 bis 2003 absolvierte er das Postgraduiertenprogramm in Parodontologie und Implantologie an der Charité Berlin. Die Promotion erfolgte 2005.

Von 2010 bis 2021 war er Leiter des Weiterbildungsprogrammes Parodontologie an der Universität Basel, wo er 2012 habilitierte. 2016 wurde er Außerordentlicher Professor an der Universität Basel, 2021 übernahm er den Lehrstuhl für Zahnerhaltung, Parodontologie, Endodontologie, Präventive Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsmedizin Greifswald.

Seit 2023 ist er an der Abteilung für Parodontologie, Orale Medizin und Orale Chirurgie, Charité-Universitätsmedizin Berlin, tätig.