Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

„Bitte holen Sie Ihr Kind ab. Es ist nicht gesund.“ Wenn die Kindertagesstätte einen solchen Anruf absetzt, beginnt nicht nur für die betroffenen Eltern ein organisatorischer Albtraum. Auch der Arbeitgeber, bei dem die Mutter oder der Vater des erkrankten Kindes beschäftigt ist, hat vielfach ein Problem. Der Grund: Die Eltern müssen (und dürfen) in diesem Fall ihren Arbeitsplatz verlassen und sich um den Nachwuchs kümmern. Das kann gerade in kleinen Betrieben – etwa in Zahnarztpraxen – zu erheblichen Personalengpässen und spürbaren finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führen.

Wann Praxischefs abwesende Mitarbeiter bezahlen müssen

Zwar gilt im deutschen Arbeitsrecht normalerweise die Regel „ohne Arbeit kein Lohn“. Der Gesetzgeber hat jedoch einen wichtigen Ausnahmetatbestand geschaffen – nämlich § 616 BGB.

Er normiert, dass der Anspruch auf Vergütung auch dann bestehen bleibt, wenn ein Arbeitnehmer „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird“.  In Situationen, in denen es einem angestellten Zahnarzt oder einer ZFA nicht möglich oder nicht zumutbar ist, zur Arbeit zu erscheinen, muss der Praxischef sie also erst einmal weiterbezahlen.

Ein Paradebeispiel für einen solchen Fall ist die Krankheit eines Kindes.

Zwar können Praxischefs im Arbeitsvertrag festlegen, dass § 616 BGB auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar ist. Damit allerdings lösen sie die Probleme für die Praxisorganisation nur zum Teil.

Denn bei gesetzlich krankenversicherten Mitarbeitern gilt in jedem Fall die Regelung des § 45 SGB V. Auch danach dürfen Arbeitnehmer, die Mitglied bei AOK & Co. sind, unter bestimmten Voraussetzungen zu Hause bleiben, wenn ihr kranker Nachwuchs jünger als zwölf Jahre ist und Pflege braucht. Die Lücken im Dienstplan bleiben also auch in diesem Fall bestehen. Anders als bei § 616 BGB muss in diesem Fall aber nicht der Arbeitgeber den Lohn weiterbezahlen, sondern die Kasse überweist dem pflegenden Elternteil Krankengeld.

Bis zu 130 Fehltage pro Jahr und Arbeitnehmer müssen Zahnärzte hinnehmen

Wie lange ein Arbeitnehmer zu Hause bleiben darf, hängt davon ab, auf welche Vorschrift er sich stützt. Berufen sich Praxismitarbeiter auf § 45 SGB V, gilt aktuell (noch) Folgendes: Bei verheirateten Paaren hat jeder Elternteil pro Kind einen Anspruch auf 30 Kinderkrankentage pro Jahr. Hat das Paar mehr als zwei Kinder, ist der Anspruch allerdings auf 65 Tage pro Elternteil und Jahr gedeckelt.

Alleinerziehenden stehen derzeit bis zu 60 Tage pro Kind und Jahr zu. Bei mehreren Kindern erhöht sich der Anspruch auf maximal 130 Arbeitstage.

Diese sehr großzügige Sonderregelung, die während der Pandemie eingeführt wurde, gilt allerdings nur noch bis zum 7. April 2023. Danach greifen wieder die alten Vorgaben. Danach kann jeder Elternteil pro Kind und Jahr zehn Kinderkrankentage verlangen. Bei Alleinerziehenden erhöht sich die Zahl auf 20.