Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Sozialrecht

Grundsätzlich hat der Zahnarzt mit einer Kassenzulassung die Pflicht sozialversicherte bzw. gesetzlich krankenversicherte Patienten nach dem Sachleistungsprinzip zu behandeln bzw. weiter zu behandeln. Privat abrechnende Zahnärzte dürfen auch ohne besondere Begründung die Behandlung eines Patienten ablehnen.

Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an, um zu beurteilen, wann eine Behandlung des Patienten verweigert werden darf. Einige denkbare Gründe lassen sich benennen, und werden im folgenden vorgestellt.

Wann Zahnärzte die Behandlung eines Patienten verweigern dürfen

  • Der Patient kommt ohne Gesundheitskarte: Es besteht keine Verpflichtung ohne gesicherte Vergütung einen Patienten zu behandeln. Auch nicht bei Kassenpatienten. Lösungsmöglichkeiten wären hier aber: Barzahlung verlangen / Kautionszahlung, die nach dem Nachreichen der Versicherungskarte verrechnet wird, Versicherungsnachweis und Zusage Kostenübernahme über Anruf bei der Krankenkasse zu erreichen, Vereinbarung der Privatliquidation unterzeichnen lassen vor Behandlungsbeginn für den Fall, dass die Gesundheitskarte nicht nachgereicht wird.

  • Die Praxis ist völlig überlastet und eine ordnungsgemäße Versorgung der einzelnen Patienten ist nicht mehr gesichert.

  • Zerstörtes Vertrauensverhältnis wegen laufenden Arzthaftungsverfahren.

  • Der Patient verlangt eine medizinisch nicht indizierte Behandlung. Die Durchführung von Leistungen, die einen rein kosmetischen Zweck erfüllen, dürfen verweigert werden.

  • Die notwendige Behandlung fällt nicht in den Fachbereich des Zahnarztes. Es darf dann an einen Spezialisten verwiesen werden.

  • Der Patient verhält sich so, dass die Therapie keinen Erfolg haben kann, oder der Erfolg jedenfalls gefährdet ist. Hier kann im Einzelfall auch mal eine Weiterbehandlung unzumutbar sein für den Zahnarzt. Hier wird aber im Falle von drohenden (Spät-)schäden bei Abbruch der Therapie zu Verlangen sein, dass es mehrfache Versuche gab den Patienten zu einem anderen Verhalten zu bewegen, nach entsprechender ärztlicher Aufklärung.

  • Der Patient kommt unter offensichtlich starken Alkohol- oder Drogeneinfluss in die Zahnarztpraxis. Hier muss eine Bewertung im Einzelfall zeigen, ob die Behandlung nur deswegen tatsächlich unzumutbar ist.

  • Zerstörtes Vertrauensverhältnis: Beispielsweise weil der Patient den Zahnarzt oder Personal beleidigt oder bedroht.

Was tun, wenn man einen Patienten nicht behandeln möchte?

Stets ist es dringend zu empfehlen den Vorfall / die Situation auch für einen Außenstehenden nachvollziehbar zu dokumentieren. Maßgeblich ist im Großen und Ganzen: Warum erfolgte in der Situation konkret die Ablehnung der Behandlung. Bei Beleidigung/ Bedrohung ist etwa auch der genaue Wortlaut zu notieren. Wer kommt als Zeuge namentlich in Betracht. Bei Ablehnung der Weiterbehandlung ist der Patient auch ausführlich dazu aufzuklären, dass eine Fortsetzung der Therapie erforderlich ist (wenn dem so ist). Wenn ein anderer Fachbereich betroffen ist, an welchen Facharzt sich der Patient wenden kann.

Sofern eine weitergehende Behandlung zeitlich dringend notwendig erscheint, muss hierzu klar kommuniziert und dokumentiert werden, welche Risiken bestehen, wenn der Patient sich nicht zeitnah bei einem anderen (Zahn-) Arzt in Therapie begibt. Je nachdem wie schwerwiegend die drohenden Schäden für den Patienten sein können, muss auch die Dokumentation hierzu umfassend sein. Im Umkehrschluss also: Wenn etwa keine sonderlich nachteiligen Folgen für den Patienten durch Ablehnung der (Weiter-) Behandlung drohen, dann bedarf es in der Regel auch keiner detaillierten Dokumentation.

Im Notfall darf ein Patient nicht abgewiesen werden

Aber, egal ob Kassenzulassung oder Privat: Ein Patient darf im Falle eines Notfalles nicht abgewiesen werden! Was ist ein Notfall nach dem rechtlichen Verständnis? Von einem Notfall geht die Rechtsprechung aus, wenn es sich um eine Erkrankung handelt, die sich plötzlich und rasch verschlimmert, eine Behandlung mithin nicht aufgeschoben werden sollte. Handelt es sich um eine Notfallsituation und der Arzt lehnt die Behandlung trotzdem ab, verstößt er gegen die Behandlungspflicht.

Liegt ein Notfall vor, aber die Behandlung ist unzumutbar (im Fall von Alkoholisierung, Drogen, Bedrohung etwa), sollte man sich auch nicht davor scheuen die Polizei hinzuzuziehen.

Janett Moll

Rechtsanwältin
Janett Moll ist seit 2010 als Rechtsanwältin selbstständig und spezialisiert auf das Arzthaftungsrecht.

kontakt@JM-Anwalt.de

Rechtsanwältin