Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Vertragsrecht
Inhaltsverzeichnis

Nach § 630a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist der behandelnde Zahnarzt durch den Behandlungsvertrag verpflichtet, die versprochene Behandlung zu leisten, während der Patient die vertraglich vereinbarte Vergütung entrichten muss, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist. Damit ergibt sich die Vergütungspflicht des Patienten für zahnärztliche Leistungen unmittelbar aus dem Gesetz. Wird die vereinbarte zahnärztliche Leistung ordnungsgemäß erbracht, besteht regelmäßig kein Grund, an der Verpflichtung des behandelnden Patienten zur Entrichtung der Vergütung für die betreffende zahnärztliche Leistung zu zweifeln. Anders sieht es hingegen aus, wenn eine vereinbarte zahnärztliche Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht wird.

Kein dienstvertragliches Gewährleistungsrecht

Nach der gesetzlichen Systematik gehört der zahnärztliche Behandlungsvertrag zu Dienstverträgen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 630b BGB, nach dem auf das Behandlungsverhältnis das Dienstvertragsrecht anzuwenden ist, soweit die spezialgesetzlichen Regelungen zum Behandlungsvertrag nicht etwas anderes bestimmen. Das gesetzliche Dienstvertragsrecht, auch das Recht der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Behandlung nach §§ 630a ff. BGB, kennt kein spezielles Gewährleistungsrecht, insbesondere ist das werkvertragliche Gewährleistungsrecht auf das Recht der Behandlungsverträge nach expliziter Bestimmung des § 630b BGB nicht anwendbar.

Hieraus folgt, dass der Behandelnde weder einen Erfolg der Vergütung noch eine Nachbesserung seiner zahnärztlichen Leistung schuldet noch etwaige Kosten der Nachbesserung eines Dritten tragen muss. Auf der anderen Seite ist es dem Patienten grundsätzlich nicht möglich, die Vergütung für eine zahnärztliche Leistung wegen einer tatsächlichen oder vermeintlichen mangelhaften Behandlung zu kürzen.

Wann entfällt die zahnärztlichen Vergütung nach § 628 BGB ganz oder teilweise?

Diese gesetzliche Rechtslage führt allerdings nicht dazu, dass der Behandelnde stets die vereinbarte Vergütung erhält, auch wenn er seine zahnärztlichen Leistungen mangelhaft erbracht hat.

Zunächst kann die Vergütung für eine zahnärztliche Leistung nach § 628 Abs. 1 BGB ganz oder teilweise entfallen, wenn der Patient den Behandlungsvertrag wirksam gekündigt hat. Zu einer solchen Kündigung ist der Patient einerseits nach § 626 Abs. 1 Satz 1 BGB aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt. Ein wichtiger Grund liegt nach dem Gesetz vor, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Patienten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien des Behandlungsvertrages die Fortsetzung der Behandlung bzw. des Behandlungsvertrages nicht zugemutet werden kann. Bei Diensten höherer Art, zu denen auch der zahnärztliche Behandlungsvertrag gehört, ist der Patient andererseits nach § 627 Abs. 1 BGB berechtigt, den Behandlungsvertrag zu kündigen, ohne dass ein wichtiger Grund zur Kündigung nach § 626 BGB vorliegt.

Nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Behandelnde bei einer wirksamen Kündigung eines Patienten nach § 626 BGB oder nach § 627 BGB vom Patienten die Vergütung nur für die bisher erbrachten Leistungen verlangen.

Vergütung für Behandlung im Voraus entrichtet

Hat der Patient oder seine Krankenversicherung die Vergütung bereits im Voraus entrichtet, muss der Behandelnde gemäß § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB diese Vergütung nach den gesetzlichen Regelungen über den Rücktritt (hier: nach § 346 BGB) zurückerstatten, wenn der Behandelnde die Kündigung des Patienten zu vertreten hat. In diesem Fall muss der Behandelnde die überschießende Vergütung zuzüglich Zinsen zurückzahlen.

Wenn der Behandelnde die Kündigung des Patienten nicht zu vertreten hat, muss er die überschießende Vergütung gemäß § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückerstatten. Im letzten eher theoretischen Fall kann sich der Behandelnde nach § 818 Abs. 3 BGB auf den sog. Wegfall der Bereicherung berufen, wenn er nicht mehr bereichert ist.

Eine wirksame Kündigung des Patienten nach § 626 BGB oder nach § 627 BGB führt nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB dazu, dass die bereits erbrachten zahnärztlichen Leistungen gleichwohl vergütet werden müssen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass vom Patienten oder seiner Krankenversicherung eine Teilvergütung zu leisten ist. Dieser Teilvergütung wird berechnet, indem die bereits erbrachten zahnärztlichen Leistungen im Verhältnis zu den ursprünglich vorgesehenen vollständigen Leistungen in Verhältnis zu setzen sind.

Entfallen der Vergütung durch vertragswidriges Verhalten des behandelnden Zahnarztes

Nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Vergütungsanspruch für zahnärztliche Leistungen ganz oder teilweise entfallen, wenn der Behandelnde den zahnärztlichen Behandlungsvertrag kündigt, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des Patienten zur Kündigung veranlasst zu sein, oder wenn der Behandelnde durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Patienten veranlasst hat und die bisherigen zahnärztlichen Leistungen des Behandelnden für den Patienten kein Interesse haben.

Zu berücksichtigen ist hier, dass eine Kündigung des zahnärztlichen Behandlungsvertrages durch den Patienten nur dann zum Entfallen der Vergütung für die zahnärztlichen Leistungen führt, wenn der behandelnde Zahnarzt sich vertragswidrig verhalten hat. Das ist nach der Rechtsprechung z. B. dann der Fall, wenn der Zahnarzt die Zahnbehandlung beginnt, ohne die Genehmigung des Heil- und Kostenplanes durch die Krankenkasse abzuwarten, oder bei gravierenden Mängeln des Zahnersatzes, die den Patienten zum Abbruch der Behandlung berechtigen. Die Kündigung des Patienten in solchen Fällen muss unmittelbar durch das vertragswidrige Verhalten des Zahnarztes verursacht sein.

Ein Patient hat dann kein Interesse an den bisher erbrachten zahnärztlichen Leistungen im Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der Patient diese Leistungen wirtschaftlich nicht mehr verwerten kann. Die Rechtsprechung verlangt, dass eine zahnärztliche Leistung, z. B. der Zahnersatz, nicht nur objektiv wertlos sein muss, sondern auch vom konkreten Patienten tatsächlich nicht mehr genutzt wird. Hieraus folgert die Rechtsprechung, dass selbst wenn eine prothetische Versorgung objektiv unbrauchbar ist, sie für den konkreten Patienten subjektiv nicht zwingend unbrauchbar sein muss, wenn der Patient die betreffende Versorgung mehrere Jahre tatsächlich nutzt. Der Zeitraum der Nutzung einer prothetischen Versorgung in solchen Fällen kann durchaus unterschiedlich lang sein: Oberlandesgerichte haben haben bereits Fälle entschieden, in welchen dieser Zeitraum zwischen 3 und 9 Jahre betragen hat.

Nachbesserungsrecht des behandelnden Zahnarztes

Es ist eine Besonderheit des zahnärztlichen Behandlungsvertrages, dass den behandelnden Zahnarzt nach dem Dienstvertragsrecht grundsätzlich zwar keine Pflicht zur Nachbesserung seiner zahnärztlichen Leistungen trifft, er jedoch unter bestimmten Umständen ein Recht auf Nachbesserung dieser Leistungen hat. Oberlandesgerichte entscheiden nämlich in ständiger Rechtsprechung, dass die prothetische Versorgung nicht auf Anhieb auf die Bedürfnisse eines konkreten Patienten passen muss, sondern durchaus durch Korrekturmaßnahmen einer Anpassung bedürfen kann. Hieraus ergibt sich nach der Rechtsprechung, dass ein Patient dem Zahnarzt gestatten muss, eine noch nicht beendete zahnärztliche Behandlung fortzuführen und den eingesetzten Zahnersatz anzupassen.  Etwas anderes kann nur gelten, wenn eine prothetische Versorgung gravierende Mängel aufweist, die durch Nachbesserungs- oder Korrekturarbeiten nicht mehr zu beheben sind und stattdessen eine Neuanfertigung erforderlich ist.

Neuanfertigung des Zahnersatzes und Vertrauensverlust seitens Patienten

Sind dem behandelnden Zahnarzt die gravierenden Mängel des Zahnersatzes zuzurechnen, die für den Patienten eine Neuanfertigung des Zahnersatzes erforderlich machen, kann das Nachbesserungsrecht des behandelnden Zahnarztes entfallen, wenn der Patient das erforderliche Vertrauen für die Leistungen des betreffenden Zahnarztes verliert.

Wann ein solcher Vertrauensverlust seitens eines Patienten gerechtfertigt ist, hängt stets von den Umständen eines konkreten Einzelfalles ab. Zunächst muss geprüft werden, ob die eingesetzte prothetische Versorgung tatsächlich nicht mehr nachgebessert werden kann und deshalb eine Neuanfertigung des Zahnersatzes erforderlich ist.

Zumutbarkeit der Nachbesserung

Kann die prothetische Versorgung noch nachgebessert werden, ist zu prüfen, ob dem Patienten in Anbetracht der gesamten Umstände Nachbesserungen der betreffenden prothetischen Versorgung zugemutet werden können. Zu den betreffenden Umständen gehören insbesondere der Umfang und die Art der Nachbesserung, der Gesundheitszustand des Patienten, bereits aufgetretene oder noch zu erwartende Komplikationen aufgrund der Nachbesserung und nicht zuletzt das Verhalten des behandelnden Zahnarztes.

Ergibt die Würdigung der Gesamtumstände, dass eine Nachbesserung dem Patienten nicht zugemutet werden kann oder sind dem behandelnden Zahnarzt gravierende Behandlungsfehler unterlaufen, wird der Patient regelmäßig das Vertrauen in die Leistung des behandelnden Zahnarztes verlieren. In diesem Fall steht dem behandelnden Zahnarzt auch kein Nachbesserungsrecht mehr zu. Sofern der eingesetzte Zahnersatz für den Patienten darüber hinaus auch objektiv und subjektiv wertlos ist, verliert der behandelnde Zahnarzt nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB seinen Vergütungsanspruch aus dem Behandlungsvertrag.

Entfallen der Vergütung nach dem Schadenersatzrecht

Unabhängig von dem teilweisen oder vollständigen Wegfall des Vergütungsanspruchs aus dem zahnärztlichen Behandlungsvertrag nach § 628 BGB kann der Vergütungsanspruch für eine zahnärztliche Behandlung auch gemäß § 280 Abs. 1 BGB entfallen, wenn dem Patienten gegenüber dem behandelnden Zahnarzt aufgrund einer fehlerhaften zahnärztlichen Leistung ein Schadensersatzanspruch zusteht. Der betreffende Schadensersatzanspruch kann in solchen Fällen in der Befreiung des Patienten von der Vergütungspflicht aus dem Behandlungsvertrag bestehen. Führte eine fehlehrhafte zahnärztliche Behandlung zur weiteren Schädigung des Patienten, kann auch dieser Schaden ersatzpflichtig sein, soweit er vom behandelnden Zahnarzt zurechenbar verursacht wurde.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen
Dr. jur. Alex Janzen ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht in Düsseldorf. Er berät Unternehmen im Steuerrecht, Kapitalmarktrecht sowie im Medizinrecht, insbesondere in Fragen der Steueroptimierung, Besteuerung von Ärzten und Praxisgemeinschaften, Vertretung in Einspruchs- und Klageverfahren, in Fragen der Praxisfinanzierung sowie im ärztlichen und zahnärztlichen Honorarrecht.

info@rechtsanwalt-dr-janzen.de

Stichwörter