Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Vertragsrecht
Inhaltsverzeichnis

Nach allgemeiner Rechtsansicht steht dem Auftragnehmer bei einem Dienstvertrag kein Recht zu, seine vertraglich vereinbarten Dienste nachzubessern, wenn diese mangelhaft erbracht worden sind. Geht man mit der herrschenden Meinung davon aus, dass der zahnärztliche Behandlungsvertrag ebenfalls als Dienstvertrag einzuordnen ist, müsste dieser Grundsatz auch bei einer zahnärztlichen Behandlung gelten.

Nachbesserungsrecht nach dem zahnärztlichen Behandlungsvertrag

Es liegt allerdings auf der Hand, dass es bei einem zahnärztlichen Behandlungsvertrag nicht sachgerecht wäre, Zahnärztinnen und Zahnärzten ein Nachbesserungsrecht zu versagen, wie es das OLG Düsseldorf noch in seinem Urteil vom 12.06.1986 (Az. 8 U 279/84) auf den Punkt gebracht hat:

„Da der Zahnarzt die Passgenauigkeit, insbesondere also den einwandfreien und schmerzfreien Sitz von Zahnersatz, nicht immer auf Anhieb herbeiführen kann, müssen ihm, ohne dass der Vorwurf schuldhaften vertragswidrigen Verhaltens im Sinne des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB erhoben werden könnte, Korrekturen an Zähnen und Zahnersatz gestattet werden, damit eine den Regeln der Zahnmedizin entsprechende Tauglichkeit des einzugliedernden Zahnersatzes herbeigeführt wird.“

Zahlreiche nachfolgende Urteile anderer Oberlandesgerichte und des Bundessozialgerichts bejahten ebenfalls das Nachbesserungsrecht bei zahnärztlichen prothetischen Behandlungen. Dies zeigt eindeutig, dass die rechtliche Einordnung des zahnärztlichen Behandlungsvertrages als ein Dienstvertrag einer erheblichen Korrektur bedarf: bei Lichte betrachtet handelt es sich bei solchen Verträgen um gemischte Verträge, bei denen zwar das dienstvertragliche Element überwiegt, die werkvertraglichen Bestandteile jedoch ebenfalls vom erheblichen Gewicht sind.

Obliegenheiten der Patienten

Das Nachbesserungsrecht von Zahnärztinnen und Zahnärzten ist mit der Obliegenheit des Patienten verbunden, es der behandelten Zahnärztin bzw. dem behandelnden Zahnarzt zu ermöglichen, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Unter einer Obliegenheit versteht die Rechtsprechung ein Handeln des Verpflichteten (hier: eines Patienten), das von der anderen Vertragspartei (hier: von der behandelnden Zahnärztin oder vom behandelnden Zahnarzt) nicht durchgesetzt bzw. erzwungen werden kann. Verstößt eine Vertragspartei gegen eine Obliegenheit, kann sie bestimmte eigene Rechte, wie z. B. Schadensersatzansprüche, nicht mehr geltend machen. Weigert sich z. B. eine Patientin oder ein Patient an dem bei ihm eingesetzten Zahnersatz Nachbesserungsarbeiten durchzuführen, kann dies dazu führen, dass weder Honorarminderungsrechte noch Schadensersatzansprüche gegenüber der behandelten Zahnärztin bzw. gegenüber dem behandelnden Zahnarzt erfolgreich geltend gemacht werden können.

Umfang und Reichweite des Nachbesserungsrechts bei Zahnbehandlungen

Während das Nachbesserungsrecht von Zahnärztinnen und Zahnärzten als solches seit langem geklärt ist, ist der konkrete Umfang und die Reichweite dieses Rechts streitig. Führt die erste Eingliederung einer Prothetik dazu, dass die nachfolgende Anpassung und Optimierung dieser Prothetik erforderlich sind, muss der Patient diese der behandelnden Zahnärztin oder dem behandelnden Zahnarzt ermöglichen und die betreffenden Nachbesserungsarbeiten dulden. Diese Verpflichtung des Patienten leitet die Rechtsprechung aus der gesetzlichen Schadensminderungspflicht eines Patienten, die das Gesetz nach § 254 Abs. 2 BGB festschreibt.

Nach § 254 Abs. 1 BGB hängt die Verpflichtung zum Schadenersatz nämlich davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von einem oder dem anderen Teil verursacht worden ist, wenn der Schaden auch vom Geschädigten mitverursacht worden ist. Gemäß § 254 Abs. 2 BGB wirkt der Geschädigte bei der Schadensverursachung mit, wenn er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Weigert sich ein Patient, den bei ihm eingesetzten Zahnersatz nachbessern zu lassen, nimmt er der behandelnden Zahnärztin bzw. dem behandelnden Zahnarzt die Möglichkeit, den fehlerhaften bzw. noch nicht optimierten Zahnersatz so anzupassen, dass dieser für den konkreten Patienten als die vertraglich vereinbarte Leistung anzusehen ist.

Zumutbarkeit der Nachbesserungsarbeiten für Dental-Patienten

Aus § 254 Abs. 2 BGB leitet die Rechtsprechung den Grundsatz, dass ein Patient bei dem eingesetzten Zahnersatz Nachbesserungsarbeiten bis zur Grenze der Zumutbarkeit ermöglichen muss. Es erschließt sich von selbst, dass allgemeine Aussagen zur Zumutbarkeit von Nachbesserungsarbeiten nicht möglich und immer einzelfallbezogen sind. So hat die Rechtsprechung entschieden, dass auch mehrere Nachbesserungsarbeiten am eingesetzten Zahnersatz einem Patienten zumutbar sind, sofern der Zahnersatz hierdurch tatsächlich optimiert wird.

Andererseits hat die Rechtsprechung auch entschieden, dass einem Patienten keine Nachbesserungsarbeiten zugemutet werden können, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem betreffenden Patienten und der behandelnden Zahnärztin bzw. dem behandelnden Zahnarzt nicht mehr besteht. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn eine Zahnärztin bzw. ein Zahnarzt gegenüber dem Patienten jegliche Mangelhaftigkeit des eingesetzten Zahnersatzes bestreitet und bzw. oder eine Nachbesserung verweigert. Das Gleiche gilt, wenn eine bzw. mehrere Nachbesserungen fehlschlagen sind oder wenn die behandelnde Zahnärztin oder der behandelnde Zahnarzt die Kündigung des zahnärztlichen Behandlungsvertrages durch den Patienten verschuldet hat. Eine Kündigung des Behandlungsvertrages lässt die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien und damit auch ein Nachbesserungsrecht der behandelnden Zahnärztin bzw. des behandelnden Zahnarztes in Bezug auf den eingesetzten Zahnersatz enden.

Eine Nachbesserung kann auch dann unzumutbar sein, wenn Nachbesserungsarbeiten nicht nur den eingesetzten Zahnersatz betreffen, sondern darüber hinaus auch einen weitergehenden Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten mit sich bringen würden. Einen solchen weitergehenden Eingriff nimmt die Rechtsprechung z. B. an, wenn sich der eingesetzte Zahnersatz im Laufe der Behandlung mehrfach gelöst hat, hierdurch nicht brauchbar geworden ist und eine Nachbesserung des Zahnersatzes unter Verwendung der eingebrachten Brücken nicht möglich war. Eine endgültige Eingliederung des Zahnersatzes lässt ein Nachbesserungsrecht entfallen, wenn eine Nachbesserung nur durch die Zerstörung des eingesetzten Zahnersatzes erfolgen kann.

Kündigung des Behandlungsvertrages durch den Patienten

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt die Kündigung des Behandlungsvertrages z. B. dann veranlassen, wenn sie bei dem eingesetzten Zahnersatz Ungenauigkeiten und Passschwierigkeiten nicht innerhalb einer angemessenen Zeit nach der ersten Fertigstellung beheben und der Patient nach dem Eingliedern des Zahnersatzes unter anhaltenden Beschwerden und Schmerzen leidet. Scheitern in solchen Fällen mehrere Nachbesserungsarbeiten am eingesetzten Zahnersatz, begründet dies nach der Rechtsprechung ein entscheidendes Indiz, dass eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt die bei der Behandlung gebotene Sorgfalt nicht angewendet und die Kündigung des zahnärztlichen Behandlungsvertrages so verschuldet habe. Eine durch eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt verschuldete Kündigung des zahnärztlichen Behandlungsvertrages führt nach der Rechtsprechung dazu, dass die Vergütung für die Behandlung an den Patienten zurückzuzahlen ist. Ferner können in solchen Fällen Schadensersatzansprüche des Patienten in Frage kommen.

Lässt sich eine fehlerhaft eingesetzte Prothetik nicht nachbessern, kann der Patient nach der Rechtsprechung den Ersatz der für die Behebung der Mängel entstandenen und objektiv erforderlichen Kosten verlangen. Dies ist dann der Fall, wenn eine Mängelbeseitigung nicht möglich ist und deshalb eine Neuanfertigung des Zahnersatzes erfolgen muss. Alternativ geht die Rechtsprechung davon aus, dass in solchen Fällen dem Patienten ein Anspruch auf Rückerstattung des bereits gezahlten Honorars zusteht, soweit der Zahnersatz aufgrund eines Behandlungsfehlers unbrauchbar ist.

Abrechenbarkeit der Nachbesserungsarbeiten

Die Nachbesserungsarbeiten sind grundsätzlich abrechenbar. Dies leitet die Rechtsstreckung daraus, dass es sich bei dem ärztlichen Behandlungsvertrag nicht um einen Werkvertrag, sondern um einen Dienstvertrag handelt, auch wenn der Behandlungsvertrag eine zahnprothetische Behandlung umfasst. Hieraus folgt nach der Rechtsbeugung, dass auf den gesamten Vertrag, einschließlich der Gewährleistung, Dienstvertragsrecht anzuwenden ist und deshalb auch Nachbesserungsarbeiten, soweit sie erforderlich und zumutbar sind, vergütet werden müssen. Dies gilt nach der Rechtsprechung grundsätzlich auch dann, wenn zahnärztliche Leistungen beim eingesetzten Zahnersatz unzureichend oder pflichtwidrig erfolgt sind: auch in solchen Fällen kann der Vergütungsanspruch grundsätzlich nicht gekürzt werden.

Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung dann, wenn ein Patient den zahnärztlichen Behandlungsvertrag kündigt. Hierzu ist ein Patient nach § 627 BGB stets befugt. Führt die Kündigung dazu, dass die bisher vorgenommene zahnärztliche Behandlung für den Patienten kein Interesse mehr hat, entfällt insoweit nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB der Vergütungsanspruch des Zahnarztes, sofern die Kündigung aufgrund einer nicht nur geringfügigen Fehlleistung des Zahnarztes erfolgt ist. In solchen Fällen kann ein Patient von der behandelnden Zahnärztin bzw. vom behandelnden Zahnarzt Aufwendungen im Wege des Schadenersatzes nach § 628 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen, die für die Abhilfe durch einen anderen Zahnarzt erforderlich sind.

Honorarrückforderung durch den Patienten

Da die Kündigung zur Beendigung des zahnärztlichen Behandlungsvertrages führt, kann die in Anspruch genommene Zahnärztin bzw. der in Anspruch genommene Zahnarzt auch nicht den mangelhaften Zahnersatz durch Nachbesserungsarbeiten beheben, da kein Behandlungsvertrag und damit auch keine Leistungspflichten aus diesem Vertrag mehr bestehen. Eine Honorarrückforderung durch einen Patienten kommt allerdings nicht in Betracht, wenn der betreffende Patient den fehlerhaften Zahnersatz faktisch über einen längeren Zeitraum nutzt. Die Nutzung des Zahnersatzes durch den Patienten offenbart insbesondere, dass der mangelhafte Zahnersatz nicht wertlos und auch nicht unbrauchbar ist. Eine Zahnärztin bzw. ein Zahnarzt können eine Kündigung eines zahnärztlichen Behandlungsvertrages auch dann schuldhaft veranlassen, wenn Nachbesserungsbemühungen gescheitert sind, wenn die behandelnde Zahnärztin oder der behandelnde Zahnarzt eine Nachbesserung ablehnt oder jegliche Schlechtleistung in Bezug auf den eingesetzten Zahnersatz bestreitet.

In Grenzfällen können auch schwerwiegende Aufklärungsversäumnisse durch eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt einen Patienten zur Kündigung des zahnärztlichen Behandlungsvertrages berechtigen. Einzelne Urteile gehen soweit, bei dem schuldhaften Unterlassen einer gebotenen Aufklärung eines Patienten durch die behandelnde Zahnärztin bzw. den behandelnden Zahnarzt die Honorarzahlungspflicht des Patienten entfallen zu lassen.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen
Dr. jur. Alex Janzen ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht in Düsseldorf. Er berät Unternehmen im Steuerrecht, Kapitalmarktrecht sowie im Medizinrecht, insbesondere in Fragen der Steueroptimierung, Besteuerung von Ärzten und Praxisgemeinschaften, Vertretung in Einspruchs- und Klageverfahren, in Fragen der Praxisfinanzierung sowie im ärztlichen und zahnärztlichen Honorarrecht.

info@rechtsanwalt-dr-janzen.de

Stichwörter