Mit Qualitätsmanagement die Arbeitgeberattraktivität der Zahnarztpraxis steigern
Die Einführung eines Qualitätsmanagement-Systems ist für Zahnarztpraxen und Zahnmedizinische Versorgungszentren (ZMVZ) verpflichtend vorgeschrieben. Doch nur Wenige wissen um die Potenziale des Qualitätsmanagements (QM) für das Arbeitgeberimage. Tatjana Stefanowsky, Spezialistin für Praxisorganisation und Personalmanagement, erläutert, wie ein lebendiges QM Ihre Arbeitgeberattraktivität steigern kann.
QM hat im Gesundheitswesen das Ziel, die Einhaltung von Hygiene- und Sicherheitsrichtlinien sicherzustellen, Arbeitsabläufe effizient zu gestalten und zur stetigen Verbesserung der Praxisleistung beizutragen.
Die Ausarbeitung eines (digitalen) QM-Systems ist dabei sehr hilfreich, wird aber vielerorts noch immer als lästige Zusatzaufgabe empfunden. Dabei kann ein lebendiges Qualitätsmanagement mehr, als die Ablauforganisation Ihrer Zahnarztpraxis oder Ihres ZMVZ zu systematisieren und zu optimieren: Denn im Employer Branding (dt. Arbeitgebermarkenbildung) wird QM zum Aushängeschild für ein gut strukturiertes Gesundheitsunternehmen – ein Qualitätsversprechen, das Mitarbeitende und Jobsuchende zu schätzen wissen.
Managementqualitäten: Arbeitgeber sind gefordert
Der zunehmende Personalmangel und die hohe Job-Wechselbereitschaft zahnmedizinischer Fachkräfte führen Praxisinhaberinnen und -inhabern schmerzlich vor Augen, wie existenziell Führungskompetenzen und Managementqualitäten in der heutigen Zeit werden. Im sogenannten Arbeitnehmermarkt wird Gesundheitspersonal aktiv an- bzw. abgeworben. Neben der Mitarbeitergewinnung wird auch die Mitarbeiterbindung essenziell. Denn eines ist klar: Ohne passendes Personal ist die Arbeitsfähigkeit eines (Gesundheits-) Unternehmens schnell gefährdet.
Die Erwartungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach professionellen Organisationsstrukturen und transparenten Workflows betreffen schon lange nicht mehr nur Kliniken oder MVZ-Strukturen, sondern müssen auch in Einzelpraxen erfüllt werden. Ein gleichstellungsorientiertes Personalmanagement, integrative Führungsstile und eine bedürfnisorientierte Arbeitsplatzgestaltung werden zu ausschlaggebenden Wettbewerbsfaktoren im hart umkämpften Fachkräftemarkt.
Erfolgreiche Mitarbeiterbindung und -gewinnung ist von vielfältigen Faktoren bestimmt: Neben der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse, einem guten Teamgefüge und angemessenen Gehaltszahlungen zählt die Verlässlichkeit auf Regelungen und Prozesse sowie das Nachhalten und stetige Optimieren dieser zu den Grundvoraussetzungen der Mitarbeiterzufriedenheit. Und genau dort kann ein passendes Qualitätsmanagement ansetzen.
Neben der Mitarbeitergewinnung ist auch die Mitarbeiterbindung essenziell.
Vorteile von QM für Ihr Praxisteam
Von einem praktizierten Qualitätsmanagement können Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielerlei Hinsicht profitieren. Denn die Einführung eines passenden QM-Systems schafft bei entsprechender Pflege unter anderem
Arbeitsentlastung und reduziert Überstunden,
Backup-Systeme und Vertretungsregelungen bei Urlaub oder Krankheit,
klare Regelungen von Verantwortlichkeiten
einen hohen Sicherheitsstandard und reibungslose Arbeitsprozesse
die Möglichkeit, neue Kolleginnen und Kollegen gezielter einzuarbeiten
die Grundlage, um die Praxis effizient weiterzuentwickeln.
Systematisierte Prozesse, definierte Arbeitsbereiche und klare Arbeitsplatzregelungen geben Ihrem Personal Sicherheit und Struktur. Faktoren, die sich maßgeblich auf die Arbeitszufriedenheit auswirken und das Betriebsklima positiv beeinflussen.
In vielen zahnärztlichen Niederlassungen stellt das Qualitätsmanagement noch immer primär die Patientenorientierung in den Zielfokus – erfolgreiche Effekte lassen sich jedoch nur dann erzielen, wenn auch die Mitarbeiterzufriedenheit berücksichtigt wird. Denn folgt man der Theorie des Bestsellerautors John C. Mexwell „Teamwork makes the dream work“ kann nur ein motiviertes und gut zusammenarbeitendes Team die Patientenzufriedenheit und letztlich den Praxiserfolg sichern. Die Grundsätze, wie eine solche Zusammenarbeit in Ihrer Zahnarztpraxis gelingen kann, sollten im QM verankert sein.
QM stärkt den Teamgeist und bezieht alle mit ein
Ein wichtiger Baustein des Qualitätsmanagements ist die Förderung des internen Austausches. Fest terminierte und nach QM-Richtlinien dokumentierte Teammeetings tragen dazu bei, dass alle Mitarbeitenden die Prozesse aktiv mitgestalten können, den gleichen Informationsstand haben, sich in Veränderungsprozessen mitgenommen fühlen und eine Plattform für die Ansprache von Beschwerden, Problemen und eigenen Optimierungsvorschlägen geschaffen wird.
Das QM-Team und seine Vorteile
Für größere Praxis- und Abteilungsstrukturen empfiehlt sich die Einrichtung eines „QM-Teams“ – bestehend aus Mitgliedern des Managements und der Verwaltung sowie einigen Zahnärzten, Abteilungsleitern und ZFAs. Ziel dieser Maßnahmen ist es, an verschiedenen Standorten und in unterschiedlichen Abteilungen einheitliche Verfahren zu implementieren, alle Mitarbeitenden gleichwertig zu informieren und die Zusammenarbeit der Einheiten zu fördern.
Die Zusammenstellung eines QM-Teams bringt für die Mitarbeiterbindung mehrere Vorteile mit sich:
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie in Entwicklungsprozesse einbezogen werden und eigene Anregungen einbringen können. Ein abteilungsübergreifendes QM-Team sichert die Mitgestaltungsmöglichkeiten aller Hierarchieebenen und Organisationseinheiten. Es bilden sich Ansprechpartner und Schnittstellen zu Kolleginnen und Kollegen heraus, die dafür sorgen, dass jeder und jede aus dem Praxispersonal Vorschläge und Anregungen in den QM-Prozess einbringen kann.
Abteilungsübergreifende Teams sichern den Informationsfluss in alle Praxiseinheiten. Vertreterinnen und Vertreter des QM-Teams tragen Verantwortung für die Aufklärung über und die Umsetzung von erarbeiteten QM-Maßnahmen in ihrer Abteilung. Darüber hinaus wird auch die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Praxiseinheiten gestärkt.
Ein QM-System erfüllt erst dann seinen Zweck, wenn es im Praxisalltag gelebt und stetig nachgehalten wird. Expertinnen und Experten sprechen von einem „lebendigen“ Qualitätsmanagement. Mit der Einberufung eines QM-Teams, das den Ausgestaltungsprozess maßgeblich mitgestalten darf, installieren Sie Botschafterinnen und Botschafter in Ihrem Gesundheitsunternehmen, die das Potenzial haben, diese Lebendigkeit zu transportieren und zur Weiterentwicklung zu motivieren. Unternehmensprojekte, die von Mitarbeitenden mit vorangetrieben werden, verankern sich oftmals besser und entwickeln sich vielfach erfolgreicher als klassische Top-Down-Ansätze. Darüber hinaus bietet die Implementierung eines QM-Systems auch Anlass, über gemeinsame Unternehmenswerte zu sprechen. Ein vom Team getragenes Leitbild fördert nachweislich die Bindung von Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern an ihr Unternehmen.
Qualitätsmanagement in der Außenwirkung
Qualität im Praxismanagement ist die beste Mundpropaganda – nicht nur für Patientinnen und Patienten, sondern auch für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber. Der Blick in die QM-Software einer Praxis verrät zahnmedizinischen Fachkräften viel über die Organisationsqualität (und Werte) Ihrer Praxis. Gibt es klar abgegrenzte Aufgabengebiete? Sind interne Prozesse professionell und verbindlich geregelt? Wie verläuft das Wissensmanagement? Wird eine offene Fehlerkultur gelebt? Um sich für den Fachkräfte-Markt überzeugend aufzustellen, ist eine individuelle Befüllung und regelmäßige Aktualisierung des QM-Portfolios ratsam.
Mit einer Praxis-Zertifizierung lassen sich Ihre hohen Qualitätsstandards zusätzlich sichtbar machen. Die Zertifizierung Ihres QM-Systems kommuniziert klar die Qualitätsorientierung Ihres Gesundheitsunternehmens. Es zeigt, dass in regelmäßig stattfindenden Audits alle Praxisprozesse kontinuierlich überprüft und optimiert werden. Das stiftet Vertrauen bei Jobsuchenden und Kooperationspartnern und unterstreicht Ihre Unternehmerqualitäten.
Qualitätsmanagement-Systeme sollten immer einrichtungsbezogen entwickelt und bestückt werden. Vorgeschaltet empfiehlt sich eine Organisationsanalyse, mit der Sie die Umsetzung Ihres QMs im Praxisalltag auf den Prüfstand stellen und Optimierungspotenziale offenlegen. Auf Gesundheitsunternehmen spezialisierte Unternehmensberatungen unterstützen Sie bei der Weiterentwicklung Ihrer Praxisprozesse und geben hilfreiche Tipps, um Ihr QM zum Leben zu erwecken. Unter Berücksichtigung individueller Anforderungen und optimaler Ausnutzung Ihrer Ressourcen sorgen Expertinnen und Experten dafür, dass die Zahnräder in Ihrer Zahnarztpraxis und Ihrem ZMVZ reibungslos ineinandergreifen.
Weitere Benefits von QM für das Personalmanagement
Klare Verantwortlichkeiten und Selbstwirksamkeit stärken
Mit exakten Stellenbeschreibungen, Terminvorgaben und Arbeitsanweisungen gelingt es Führungskräften in Zahnarztpraxen und Z-MVZ, Aufgaben vertrauensvoll zu delegieren. Das stärkt die Selbstwirksamkeit Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn ein klarer und verbindlicher Handlungsrahmen schafft Orientierung und gewährt gleichzeitig Freiheiten in der individuellen Ausgestaltung.Digitalisierung voranbringen
Ein QM-Tool ist nicht nur die moderne und digitale Lösung zur klassischen QM-Handbuchverwaltung, sondern bietet auch weitere Schnittstellen zur Digitalisierung Ihrer Praxis. Im Gegensatz zur klassischen Variante ermöglichen es die modernen QM-Systeme, die Anwenderfreundlichkeit zu steigern, indem beispielsweise Erklärvideos und Fotos integriert werden können. Um als Arbeitgeber auch für die jüngere Generation und Teilzeitkräfte attraktiv zu sein, sollte ein zeit- und ortsunabhängiger Zugriff auf das QM-Tool über Smartphones und Tablets Standard werden – ebenso wie ein digitaler Messenger-Dienst für die interne Kommunikation.Gleichbehandlung sichern
Das QM-System lässt sich mit Vorlagen für erfolgreiche Mitarbeitergespräche bestücken. Diese unterstützen Führungskräfte dabei, den wertschätzenden Umgang mit ihren Mitarbeitenden zu stärken: Ob Jahres-, Feedback-, Motivations- oder Kritikgespräch: Einheitliches Vorgehen in der internen Gesprächsführung und -protokollierung garantiert die Gleichbehandlung aller Teammitglieder, schafft Vergleichbarkeit und Sicherheit in Führungsfragen.Recruiting + Onboarding systematisieren
Auch die Personalgewinnung profitiert von Struktur und Systematisierung. Klare Richtlinien und Handlungsanweisungen unterstützen vor allem Großpraxen und Zahnmedizinische Versorgungszentren mit mehreren Standorten dabei, ihre Recruiting-Prozesse standortübergreifend zu standardisieren und zu professionalisieren. Im QM-Tool lassen sich Checklisten für Stellenausschreibungen und Bewerbermappen implementieren sowie klare Onboarding-Prozesse definieren. Mit einer gesicherten Informationsgrundlage fühlen sich Neuankömmlinge geschätzt, finden schneller ihren Platz im Team und werden nach nur kurzer Einarbeitungszeit selbst produktiv.
Tatjana Stefanowsky
Tatjana Stefanowsky ist Wirtschaftspsychologin mit Schwerpunkt Personal- und Organisationsentwicklung.
Als Beraterin und Trainerin unterstützt sie (Zahn-)Arztpraxen dabei, Praxisabläufe zu optimieren und die Zusammenarbeit im Praxisteam zu stärken.
Kontakt und weitere Informationen: info@kockundvoeste.de