Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Die Kündigung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin ist oft eine Belastung fürs ganze Team. Um nach einem solchen Schritt möglichst schnell wieder zum Alltag zurückzukehren und den Flurfunk zu beruhigen, kann es sinnvoll sein, den angehenden Ex-Kollegen bis zum Ende der Kündigungsfrist bezahlt von der Arbeit freizustellen. Andererseits ist der Betriebsfrieden durch einen solchen Schritt teuer erkauft – vor allem, wenn der gekündigte Mitarbeiter ein gutes Gehalt bezieht und eine lange Kündigungsfrist hat.

Noch kostspieliger wird es oft, wenn der geschasste Kollege gegen die Kündigung klagt. Solche Verfahren können sich über Jahre hinziehen. Stellt sich am Ende des Prozesses dann (wie so oft im deutschen Arbeitsrecht) heraus, dass die Kündigung unwirksam war, muss der Arbeitgeber für die gesamte Verfahrensdauer das Gehalt nachzahlen – obwohl der Arbeitnehmer während dieser Zeit nicht gearbeitet hat.

Um die Risiken für Zahnarztpraxen zumindest etwas zu reduzieren, müssen sich Arbeitnehmer in solchen Fällen aber anderweitige Einkünfte anrechnen lassen (§ 615 S. 2 BGB). Gleiches gilt für einen potenziellen Verdienst, wenn sie es „böswillig“ unterlassen haben, eine neue Arbeit anzunehmen. Doch wann genau handelt ein Arbeitnehmer „böswillig“ im Sinne diese Vorschrift?

Wie intensiv müssen sich gekündigte Arbeitnehmer bewerben – und ab wann?

Grundsätzlich bejaht das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine Böswilligkeit immer dann, wenn der Arbeitnehmer trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt und eine ihm zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufnimmt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert (vgl. BAG, Az. 5 AZR 213/20).

Viele Arbeitgeber leiten ihren einstigen Mitarbeitern daher während des Kündigungsschutzverfahrens immer wieder passende Jobangebote zu. Grundsätzlich ist das ein cleveres Vorgehen: Eine ZFA oder ein angestellter Zahnarzt, der sich nicht bewirbt, obwohl es passende offene Stellen gibt, dessen Böswilligkeit liegt quasi auf der Hand. Ein Erfolgsgarantie gibt es aber auch in solchen Konstellationen nicht. Das belegt ein Fall, den das BAG vor Kurzem zu entscheiden hatte.

Konkret ging es um den Rechtsstreit eines Beraters mit seinem früheren Arbeitgeber. Der Mann, der gegen seinen Rauswurf geklagt hatte, war von seinem Arbeitgeber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt worden. Bereits innerhalb der dreimonatigen Kündigungsfrist schickte ihm sein einstiger Chef insgesamt 43 Stellenangebote aus Jobportalen. Der geschasste Berater bewarb sich zwar auf sieben der Offerten, verschickte die Anschreiben – sehr zum Ärger seines früheren Arbeitgebers – aber erst nach dem Ende der Kündigungsfrist. 

Dieser argumentierte: Der gekündigte Berater hätte sich schon viel früher um einen neuen Job bemühen müssen. Da er dies böswillig unterlassen habe, könne er für den letzten Monat der Kündigungsfrist kein Geld mehr verlangen. Entsprechend stellte der Arbeitgeber die Zahlungen an den freigestellten Ex-Kollegen ein. Vor Gericht kam er damit aber nicht durch.

Klare Linie des BAG

Das BAG entschied stattdessen zugunsten des Arbeitnehmers. Dieser hatte die Nachzahlung eines Monatsgehalts von 6.440 Euro brutto plus Verzugszinsen verlangt. Dabei stellten die Erfurter Richter klar: „Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt er den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig […] anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht“ (BAG, Az.5 AZR 127/24).

Für Arbeitgeber bedeutet das: Die Anrechnung eines böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerbs während der Dauer der Kündigungsfrist ist – wenn überhaupt – nur in extremen Ausnahmefällen möglich. Auch vor diesem Hintergrund sollten Zahnärzte die Freistellung eines gekündigten Mitarbeiters gut überlegen und prüfen, ob es nicht vielleicht doch sinnvoller ist, eine Person, für deren Dienst man bezahlt, auch wirklich zu beschäftigen. 

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