So positionieren Sie Ihre Praxis als Arbeitgeber der Zukunft
Die besten Tipps zur PersonalgewinnungServiceredaktion D&WDer Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen wird sich laut der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC bis zum Jahr 2035 auf fast 1,8 Millionen offene Stellen bedrohlich zuspitzen. Was das für Zahnarztpraxen bedeutet und wie Sie sich rechtzeitig als attraktiver Arbeitgeber positionieren, erfahren Sie von unserer Expertin Sabine Kittel.
Diese Anzahl der Erwerbstätigen, die als Arbeitnehmer, Selbstständige oder mithelfende Familienangehörige tätig sind, wird laut Strukturdatenprognose 2030 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr bis 2030 um 6,88 Millionen auf 39 Millionen sinken. Angesichts dieses Rückgangs an Erwerbstätigen wird es an qualifizierten Fachkräften fehlen, wodurch viele der freien Stellen nicht besetzt werden können.
Eine weitere deutlich zu spürende Entwicklung ist, dass heute nur etwa 5 % aller deutschen Angestellten aktiv auf der Suche nach einer neuen Stelle sind. Interessant ist zu wissen, dass 37 % der Angestellten momentan unzufrieden mit ihrer aktuellen Arbeitsstelle sind und somit als „latent wechselwillig“ gelten. In der Altersgruppe der 30-39-Jährigen soll es derzeit sogar 50 % Wechselbereitschaft geben.
Warum Zahnarztpraxen als Arbeitgeber attraktiver werden müssen
Die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber ist die Voraussetzung, um bei potenziellen Top-Kandidaten zu punkten. Also wäre es klug sich Gedanken über die eigene Attraktivität als Arbeitgeber und Praxis zu machen. Der Blick nach „innen“ ist der erste Schritt:
Warum sollte sich eine TOP-Fachkraft bei Ihnen bewerben?
Was macht Sie so besonders, was andere Praxen nicht bieten können?
Was zeichnet Sie und Ihre Praxis als Marke im Rahmen des sogenannten „Employer Branding“ aus?
Klar ist, dass dies zu Ihren anderen Herausforderungen als niedergelassene Zahnärztin oder Zahnarzt entsprechend zusätzliche Zeit und Mühe kosten wird. Es ist ein Prozess, der nie enden wird und gleichzeitig die einzige valide Methode darstellt, um in Zukunft an Top-Kandidaten zu kommen, mit denen Sie langfristig arbeiten möchten. Die nächste Aufgabe ist es dann Ihre „Marke“ nach außen zu präsentieren, indem Sie auf möglichst vielen Kanälen des sozialen Netzwerks, in denen sich Ihre Zielgruppe aufhält, ständig sichtbar sind und bleiben. Sie müssen immerfort dafür sorgen, positiv aufzufallen, um gesehen zu werden.
Was gehört zu den übergeordneten Zielen eines optimalen Employer Branding?
Aufbau und Stärkung eines Positiv-Images der Praxis.
Positionierung durch Vermittlung praxisspezifischer Werte.
Steigerung der Anziehungskraft auf potenzielle neue Kandidaten.
Stärkung der Bindung des bestehenden Teams durch kontinuierliche Mitarbeiterentwicklung – Förderung intrinsischer Motivation.
Qualitäts- und Rentabilitätssteigerung.
Wichtig ist bei der Darstellung als TOP-Praxis, dass Sie die Dinge, die Sie nach außen tragen auch intern bereits leben und damit jederzeit authentisch sind. Nur so können auch Ihre Mitarbeitenden zu Ihren Botschaftern werden – denn TOP-Mitarbeitende ziehen TOP-Kandidaten an Land.
Die Candidate Journey
Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Mitarbeitergewinnung ist die Betrachtung der Reise eines potenziellen Bewerbers hin zum Mitarbeitenden, die sogenannte „Candidate Journey“. Hier wird bewusst die Sicht des Bewerbers eingenommen. Wie wirke ich als Führungskraft? Wie wirkt das Team? Welche Kontaktpunkte „Touchpoints“ gibt es zu meiner Praxis? Kurz gesagt: Die „Candidate Journey“ zeigt auf, wie die Reise verläuft – einfach und unkompliziert oder im Gegenteil, womöglich voller Hürden und Unklarheiten? Mithilfe des „AIDA-Modells“ lässt sich diese Reise gut erklären:
Attention: Sie wollen Aufmerksamkeit auf Ihre Praxis und die zu besetzenden Stellen schaffen. Hier lernt Sie jemand kennen, der zuvor noch nicht von Ihnen gehört oder gelesen hat.
Interest: Sie wollen Interesse bei qualifizierten Fachkräften wecken und ihnen zeigen, welche Möglichkeiten und Chancen es bei Ihnen gibt. Sie präsentieren Ihre Angebote, Ihr Alleinstellungsmerkmal und Ihre Vorteile, die Sie bieten.
Desire: Zeigen Sie, was Sie in Ihrer Praxis besser können als andere. Da die meisten Wechselwilligen einen Job haben, sollten Sie mit Ihrer Stellenanzeige Begeisterung erzeugen und das Verlangen wecken, genau bei Ihnen den beruflichen Heimathafen zu finden.
Action: Am Ende der Reise angekommen, wollen Sie Bewerbungen erhalten. Gestalten Sie den Bewerbungsprozess möglichst barrierefrei, schnell und unkompliziert. Ziel muss es sein, mit Eingang des Bewerbungsformulars, die Zeitspanne zwischen dem ersten Telefonat und Kennenlernen und dem finalen Vertragsangebot möglichst kurz zu halten.
Mögliche erste Touchpoints mit Bewerbern
Google, Social-Media, Stellenanzeigen bei Arbeitgeber-Portalen und Jobbörsen, Messen und Events, Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis, Website, Karriere-Seite, Social-Media-Profile, Newsletter.
Worauf kommt es heute bei der Personalgewinnung an?
In der modernen Arbeitswelt sind gelebte Werte von großer Bedeutung. Respekt, Wertschätzung, Spaß und Freude im Arbeitsalltag sowie eine ausgewogene Work-Life-Balance, die Familie und Freunde berücksichtigt, sind entscheidend. Kommunikation auf Augenhöhe und das Fokussieren auf den Menschen – zunächst die Mitarbeitenden, dann die Patienten – sind essenziell. Neben diesen sozialen Aspekten spielen auch Hygienefaktoren, wie ein angemessenes Gehalt und attraktive Zusatzleistungen eine wichtige Rolle. Diese Kombination schafft ein positives Arbeitsumfeld und stärkt die Arbeitgeberattraktivität.
Was beeindruckt Menschen?
Menschen beeindruckt die Chance auf Status und Anerkennung, die durch faire Bezahlung erreicht wird. Fortbildungsmöglichkeiten und zahlreiche Aufstiegschancen bieten Raum zur Selbstverwirklichung und Karrieregestaltung.
Ein starkes Zugehörigkeitsgefühl und Teamgeist entstehen durch ein familiäres Betriebsklima. Geregelte Arbeitszeiten fördern die Bequemlichkeit und Work-Life-Balance. Sicherheit durch unbefristete Arbeitsverträge und zukunftssichere Arbeitsplätze runden das Bild eines attraktiven Arbeitgebers ab.
Sinnhaftigkeit der Stelle hervorheben
Zahnärztliche Fachkräfte sind Spezialisten mit einer wichtigen systemrelevanten Funktion: Sie fungieren als Mundgesundheitspartner, Coach und Trainer der Patienten, helfen Menschen gesund zu werden oder gesund zu bleiben und tragen damit maßgeblich zur Verbesserung der Lebensqualität bei.
Ihre Ideen sind willkommen und tragen wesentlich zum Erfolg der Praxis bei. Sie haben die Möglichkeit, Innovationen mitzuetablieren und ihre Stärken weiter auszubauen. Teil von etwas Großem zu sein und mitgestalten zu dürfen, vermittelt ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit.
Anforderungen der Mitarbeitenden – Nutzenargumente für potenzielle Mitarbeiter
Es ist wichtig, den Mitarbeitenden Ängste zu nehmen, wie die Frage „Schaffe ich das?“. Eine strukturierte Einarbeitung und ein umfassendes Onboarding mit einem persönlichen Ansprechpartner oder Mentor helfen dabei. Die Führungsstärke der Praxisleitung spielt ebenfalls eine zentrale Rolle, wobei Fairness, Wohlwollen und Menschlichkeit im Vordergrund stehen. Klare Verantwortlichkeiten und Strukturen sowie ein Umgang auf Augenhöhe sind essenziell.
Zusätzlich zählen die Hard Facts: ein wettbewerbsfähiges Gehalt, attraktive Zusatzleistungen, eine ausgewogene Work-Life-Balance und ein starkes Teamgefüge hinter den Kulissen. Darüber hinaus wird dafür gesorgt, dass keine Langeweile aufkommt, indem abwechslungsreiche und herausfordernde Aufgaben angeboten werden.
Zusätzliche Punkte bei verantwortungsvollen Stellen mit Spezialisten-Ausbildung
In verantwortungsvollen Positionen, wie beispielsweise ZMP, ZMF, DH, ZMV, PM oder TL, spielt eigenverantwortliches Arbeiten eine zentrale Rolle. Mitarbeitende in diesen Positionen übernehmen oft Leitungsfunktionen, etwa die Leitung der Fachabteilung Dentalhygiene oder der Fachabteilung Verwaltung. Sie sind zudem häufig im Praxis- und Personalmanagement tätig und erweitern das Leistungsspektrum in ihrem jeweiligen Fachbereich, zum Beispiel durch Ernährungs- und Halitosis-Beratung, betriebswirtschaftliche Aufgaben oder Veränderungsmanagement.
Das Ziel dieser erweiterten Verantwortungsbereiche ist es, die Selbstmotivation, Selbstidentifikation und Selbstverantwortung der Mitarbeitenden zu fördern und zu stärken.
Wie sieht ein professionelles Bewerbungsverfahren aus und wie schreiben Sie eine Stelle attraktiv aus?
Ein professionelles Bewerbungsverfahren sollte barrierefrei gestaltet sein und den Bewerbern ermöglichen, sich in drei einfachen Schritten online zu bewerben. Die erforderlichen Kriterien umfassen den Beruf, die Berufsbezeichnung, die Berufsjahre, die Kompetenzen, die bisherigen Aufgaben und die Motivation für den Beruf.
Nach dem Bewerbungseingang erfolgt der Erstkontakt direkt. Dieser beinhaltet zunächst ein kurzes Telefonat, gefolgt von der Terminvereinbarung für ein Bewerbungsgespräch. Zum Gespräch sollten der Lebenslauf, Zertifikate und gegebenenfalls ein Nachweis über die Strahlenschutzkunde mitgebracht werden. Anschließend wird ein Kennenlerntag mit dem Team organisiert, bei dem die Bewerber hospitieren können. Der Abschluss des Verfahrens bildet im besten Falle die Vertragsunterzeichnung.
Um eine Stelle attraktiv auszuschreiben, gilt das Prinzip „Weniger ist mehr.“ Halten Sie die Ausschreibung kurz, knapp und prägnant – nach dem KISS-Prinzip. Stellen Sie Ihre Praxis aus Sicht des Interessenten als attraktiven Arbeitgeber dar. Nutzen Sie dazu Bilder, Interviews und Videos von Mitarbeitenden, um eine glaubwürdige, authentische und ehrliche Darstellung zu ermöglichen. Lassen Sie Mitarbeitende von der Praxis erzählen und zu Botschaftern der Praxis werden, während Sie die Kriterien des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) beachten.
Unterschätzen Sie Internet und Social Media bei der Perosnalsuche nicht
Nutzen Sie soziale Medien, um eine breite Zielgruppe zu erreichen. 86,5 % der Deutschen sind in sozialen Medien aktiv. Jüngere Menschen im Alter von 14-29 Jahren bevorzugen Instagram und TikTok, während die 30-60-Jährigen hauptsächlich auf Facebook sowie untergeordnet auf LinkedInund Xing unterwegs sind.
Internet-Plattformen sind ebenfalls wichtige Kanäle. Nutzen Sie Arbeitgeberportale wie
kununu, glassdoor, Stepstone und Indeed sowie Bewertungsplattformen für Patienten wie Jameda und Google Rezensionen. Fachspezifische Portale und Jobportale wie smilo-personalvermittlung.de, praxisperlen.de, medi-job.de, medi-karriere.de, meinestadt.de sowie Google AdWords und YouTube sind ebenfalls sinnvoll.
Auf Ihrer Homepage sollte auf der Willkommens-Seite ein gut sichtbarer Button zur Karriereseite führen, auf der Bilder vom Team, dem Arbeitsplatz, der attraktiven Ausstattung und der Praxis-DNA präsentiert werden. So gestalten Sie die Stellenanzeige nicht nur informativ, sondern auch ansprechend und einladend.
Fazit
Durch eine barrierefreie und strukturierte Bewerbung, die ansprechende Präsentation als attraktiver Arbeitgeber sowie die gezielte Nutzung sozialer Medien und Plattformen schaffen Sie ein Umfeld, das nicht nur talentierte Fachkräfte anzieht, sondern auch bestehende Mitarbeiter motiviert und bindet. Nutzen Sie diese Strategien, um Ihre Praxis zukunftssicher und erfolgreich zu positionieren.
In fünf Schritten zu einer erfolgreichen Candidate Journey
1. Wen möchten Sie einstellen? Versetzen Sie sich zuerst in die Lage eines Bewerbers. Was könnte diesen umtreiben? Welche Wünsche, Bedürfnisse, Hoffnungen, Ängste und Fragen könnten diesen beschäftigen? Fragen Sie dazu auch in Ihrem Team, welche Themen es gegebenenfalls geben könnte.
2. IST-Zustand ermitteln. Wie sieht unsere aktuelle Candidate Journey aus?Hier hilft es mit neuen Mitarbeitenden zu sprechen, welche Erfahrungen diese beim Wechsel vom alten zum jetzigen Job gemacht haben. So erkennen Sie schnell, wie der Prozess sich bei Ihnen anfühlt und können eventuell Änderungen vornehmen.
3. Einstieg festlegen. Wie werden Bewerber auf Sie aufmerksam? Ihre Zielgruppe – qualifizierte Fachkräfte – halten sich nicht stundenlang mit aktiver Jobsuche auf. Der erste Touchpoint ist eher über Ihren Auftritt bei Facebook, Instagram u. ä. gegeben. Nutzen Sie sämtliche kostenfreie Möglichkeiten und setzen Sie Ihr Recruiting-Budget konzentriert für die wichtigsten Kanäle ein.
4. Touchpoints verbinden. Wie kann ich Besucher nach dem ersten Kontakt bei mir halten?Wer es schon mal zu Ihrem ersten Touchpoint geschafft hat, sollte möglichst einfach zum nächsten geleitet werden. Überlegen Sie genau, was den Besucher jetzt interessieren könnte und machen Sie es ihm „per Klick“ leicht, auf die Karriereseite Ihrer Homepage zu kommen.
5. Unentschlossene überzeugen. Wie bringe ich Menschen dazu, ihre Bewerbung einzureichen?Setzen Sie bewusst auf schlanke und effiziente Bewerbungsprozesse. Der Moment kurz vor dem Abschicken der Bewerbung ist die größte Hürde, hier steigen die meisten aus. Also sollte hier noch ein positiver Impuls platziert werden. Hier em-pfiehlt es sich die „KISS-Methode“ anzuwenden – Keep it short and simple!